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bewegte sich ihr schlanker Körper durchs Gemach, und wie Nachtigallengesang tönte ihre
Silberstimme, dem Ohre des Ritters. Schweigend und betreten ruhte auf ihr sein Blik, und
mächtig gepreßt fühlte sich sein Herz in der einsamen, friedlichen Hütte" (S. 24f.)
Über ihre Vorzüge entspinnt sich ein Gespräch zwischen Berthold und Ulrich, der erste vie¬
ler Dialoge, der den „Ulrich von Rosenstein" an die Seite anderer zeitgenössischer „Dialog¬
romane" stellt. Die Dialoge sind nach Art eines Lesedramas (mit gelegentlichen Regieanwei¬
sungen) gestaltet, sie können mit Reflexionen den Handlungsablauf unterbrechen, aber auch
für dramatische Zuspitzungen sorgen. Hatte Pähl in „Berta von Wöllstein" die vom Publikum
sehr geschätzte Form des Briefromans erprobt, so wählte er nun mit einem Dialogroman eine
nicht weniger beliebte Gattung, eine Mischform aus Erzählprosa und Theaterstück.
Die schöne Klausnerin Jutta - man ahnt bereits, dass der Roman Ulrich und Jutta zu¬
sammenbringen wird, natürlich mit abenteuerlichen Hindernissen - erweist sich als Tochter
Günters von Herwartstein. Er wurde zum Opfer der niederträchtigen Machenschaften des
dänischen Ritters Oelf, der sich an die Gemahlin Günters heranmachen wollte. Man wirft
den Schurken zwar aus der Burg, aber mit dem listig entwendeten Ehering kann er in Rom
den von Herwartstein täuschen. Der Burgherr eilt zurück und ersticht rasend vor Zorn sein
Eheweib. Er ist untröstlich, als er über die wahren Umstände aufgeklärt wird. Schließlich
lässt sich Günter vom Abt zu Anhausen zu einer sühnenden Pilgerfahrt ins Heilige Land
bewegen und setzt Fidel von Kochenburg als Schirmherren der Burg ein (S. 46). Auch dieser
begibt sich nach Palästina und überlässt die Burghut dem wenig ritterlichen Jörg von Horn.
Angesichts des Familiendramas hat Jutta das Gelübde abgelegt, zurückgezogen als Klausne¬
rin (Einsiedlerin) zu leben. Da Ulrich von Rosenstein sich in sie verliebt hat, erklärt er sich
bereit, nach Palästina zu ziehen, um das Schicksal Günters zu erkunden.
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