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Höttinger Nudl - unabhängige österreichische Faschingszeitung (1926)
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eigene Laub- und Hütten-S ittenpo I izei soll zur Hebung
des Gesundheitszustandes, in Gottes Namen auf Kosten der
Hebung der Bevölkerungsziffer, beitragen. Aber auch eine
Zentralnwlkerei unter dem Protektorate des Marttmissionärs
Morgenstern wird zur weiteren Gesundung der Verhältnisse
nicht wenig mithelfen,- aber auch eine eigene Apotheke wird
die neue Republik erhalten, die in jeder Straße eine Filiale
haben wird, wo auch die Rettungsabteilung Flieger-Stationen
einrichtet.

Besonderes Augenmerk wird weiters der Beleuch-
tungs- und Be- und Entwässerungsfrage zu¬
gewendet weröen. Für das großartige geplante Elektrizitäts¬
werk wird ein ganz neues System, die Ausnützung der Wind¬
traft — als für Hötting einzig zuverlässiges — in Anwendung
kommen und wird jeder Kamin in einen Windturm nach
Flettners Grundsystem aus-, um- und aufgebaut, was in der
Zeit des sonstigen allgemeinen Abbaues nur wohltuend wir-,
ken wird. In den Bauernhäusern werden die dort leichter
zu gewinnenden Gase, soweit sie nicht selber in Windform
auftreten, die Winde zu ersetzen haben, also mehr Gas-
Neleuchtung benützt werden. Uebrigens wird der Landwirt¬
schaft Höttings durch eine landwirtschaftliche Hochschule, für
die die weltbekannte Muster-Wirtschafterin Butterer-Nanne"
gewonnen wurde, ein ganz gewaltiger Ruck (ho — ruck!) nach
vorwärts gegeben werden. Die Be- und Entwässerungsanlagen
sind wie das im Bilde dargestellte Muster geplant.

Natürlich wird zur Sicherung dieses neuen Staats-
wesens auch vorgesorgt weröen müssen, da gerade der Beste
nicht im Frieden leben kann, weil es dem bösen Nachbar
nicht gefällt. Zwar hat Hötting mit dem Kaiserstaat
Wien einen ewigen Frieden geschlossen und ist mit Ser -
viett-Rußland auf Tu-Iuß, aber vor den Innländern
und ihren Bundesgenossen, den Faxisten, glaubt Schatz-
tanzler Madele (wie er jetzt heißt) eben die Landeskasse
eben nicht sicher zu haben. Er hat daher sein Ansehen als
Krtegsinvalider eben i n die Schranken-, und Schützenbunö,
Resch, Weha, Feuerwehr, Iungfernbund, Wilderer-Bereini¬
gung, Frauenbund und VVaMacher-Onnung a u f-gefordert,
sich, soweit Platz ist, auf der gemeinsamen vorderen Platt¬
form vor dem Kriegerdenkmal zmn heiligen Kampf zn ver¬
einigen, um den Vorzugsplatz Höttings an der Sonne(nstraße)
eventuell mit ihrem (nicht: seinem!) Mute zu färben. Der
Appell an die Einigkeit wurde, nachdem Freiheit und Gleich¬
heit zugesagt und allseits Brüderlichkeit getrunken worden
war, von allen zu sich genommen, und so steht ganz Hötting,
wie das „Muster" am Kriegerdenkmal „Gewehr bei Fuß", da,
bereit, Gut und B lu t für die neue Republik zu verspritzen
... (Spritzer).

Endlich hat Hötting, wohl das Wichtigste für unsere Zeit,
sich auch im Verhältnis zum Vatikan selbständig ge¬
macht. Ja, während das Innland die den Brixenern angetane
Schmach, daß zuerst der Patron der Diözese abgebaut und
dann diese selbst aufgehoben wurde, nur beklagt, hat Hötting
kurzerhand ein et genesAistum errichtet, wozu die Adav-
tierungskosten gar nicht einmal so groß sind. Zur Kathedrale
wird die Me Kirche ausgebaut, deren Turm »auf diese Weise
vor dem nächsten Schlösserkauf Dr. Gruhners gerettet
wird, während das Kiene-sische Schloß zur bischöflichen Resi¬
denz (in Verbindung mit einer Bet-Bank zur Seelensanierung

der Vereinsbank-Gläubigen) verwandelt werden soll. Zum
Seminar wird sinnigerweise das ohnehin überflüssig wer¬
dende Armenhaus (seelig die Armen..!) erweitert, während
als Sommersitz der Dompröpste der Provstenhof wieder
besseren Zwecken dienlich gemacht werden soll. Erster Bischof
der neuen Diözese soll, sicherstem Vernehmen nach, Dr. Korn
werden, der dafür den Eid auf die neue Republik abzulegen
versprach, sobald der Weitzen blüht. Als Gesandter am päpst¬
lichen Stuhl ist wegen seines Namens Herr Sankt Iohannser
in Aussicht genommen.

Niemand wird sagen, daß das hier Ausgeführte, für dessen
Ausführung ein Aussuhr-Schutzzoll notwendig sein wird,
nicht großartig und des neuen Landespräsidenten würdig ist.
Hingen unseren Lesern aber beim Lesen desselben bloß die
Hühneraugen heraus, so wird des Staunens bis zum Weltende
kein Ende sein, wenn bekannt werden wird, daß dieses ge¬
waltige Wirts-Hausprogramm

Vyne G«e«e»n nnd Hwanve«

sondern nur durch freiwillige Beiträge nach
Selbsteinschätzung durchgeführt werden soll. Und zwar
werden nach Art der Papierkörbe, wie sie im Innland an
den Straßenecken angebracht wurden, damit die Leute wissen,
wo sie abfällige Aeußerungen über die bestehende Ordnung
nicht abzugeben haben, Opfer stocke und Klingelbe
tel (natürlich mit automatisch im Himmel funktionierendem
elektrischen Klingelwerk) allenthalben und allerwegen an¬
gebracht weröen, damit, wer zuviel hat und davon etwas für
die Allgemeinheit abgeben will, diesem „Drange" folgen kann.
Auf diese Weise wird endlich auch Herr A. BHßl entsprechend
dem Zuge seines Herzens für die Kleinrentner eintreten
können,' den Anfang hat er schon durch die freie Abgabe, der
Milch von feinen dazu-getauften Kühen in viel bemerkter
Weise gemacht. Aber auch durch die Verwertung der Mull,
wofür ein eigenes Wert angelegt wird, sowie durch den Export
von guter Luft und Stein- und Brenn-Eseln wird leicht
hereingebracht weröen, was bisher durch die komplizierten
Steuerbeamten immer wieder aufgebraucht wurde (man

sehe sich bloß den Bauch dieser Leute an!). -------

Das wird Hötting sein, wenn „d as neue Reich" durch¬
gesetzt sein wird. Und so ist es nur recht und gerecht, daß das
Wappen der neuen selbständigen Republik ist:

„Der Wunderdoktor mit der Pinzette
auf perlmutterfarbenem Grunde."

Kaule Ton

Der HVttinger Nudelseher.

(Eine Legende auB lesels-1 grauer Vorzeit.)

Der Vorstand von Hötting um Galli mal hat
Zusammengetrommelt den Ausschuß und Rat:
Ich Hab' euch gerufen, ihr Räte vom Ort,"
Nahm also bedeutsam der Vorstand das Wort,
Ich Hab' heut erhalten ein Schreiben, daß's wiht's.
Das wichtig für alle und vorteilhaft ist.
Der lustige Schneider hat pfiffig erdacht,
Wie künftig die Nudel am Felde man macht.
Man setzt nur die Nudel im Ackerland drautz'
Und reichliche Ernte erfüllt unser Haus.
Wir fetzen von nun an drum Nudel aufs Land,
Wer mittut, der hebe zum Zeichen die Hand." —
Die Hötttnger Räte, wie jauchzten sie da,
Sie nickten die Köpfe und schrien „ja, ja!" —
„Es hat auch der Stamfer ein Ariefl mir geschickt,
Daß, wenn uns zur Herbstzeit die Nudelsaat glückt,
Dann schickt er uns Käse wie Mühlräder groß,
So fallt uns das Glücksschwein wohl doppelt in 'n Schoß.
Die Bäuerinnen sollen drum Nudel gleich drehn,
So dick, wie sie Hötting noch nie hat geseh'n.
Und sollen sie schmölzen mit Epp-ischem Schmalz,
Auch ja nicht vergessen aufs nötige Salz." -^
Zu Georgi nun wurden die Felder bestellt,
Und alles setzt Nudel, statt Türken ins Feld.
Schon nahte bald Galli, nichts war noch zu sehn.
Die Nudel, die wollten im Feld nicht aufgehm
Kein Bittgang hat g'hokfen, kein Segen half nicht —
Die Höttinger machten ein langes Gesicht.
Da lachte der Schneider sich schlau in die Jaust,
Weil er hatr so pfiffig den Vorstand anplauscht.
Er ging gar zum Vorstand, zu dem er keck spricht:
Ihr Hötttnger Narren, versteht es halt nicht!
Wollt Nudel ihr ernten und kommen zum Ziel,
So setzt statt zu Georgi — am 1. April!

D' Fuirwöhrkonlurrenz

oder
Vei ttns brinnes, wenn's uns patzt!

Von Paris Wahris.

Eines schönen Sommertags prangt an der Höttinger Ge-
metndeamtstafel eine Kundmachung folgenden Inhalts:

Am kommenden Donnerstag, um 9 Uhr vormittags, wird
Herr Balduin Höllenbrand am Kirchplatz eine Feuerlösch¬
probe mit seinem „Minimax" vornehmen. Herr Hüllenbrand
will der Bevölkerung von Hötting praktisch vorführen, welch
große Errungenschaft auf dem Gebiete des modernen Feuer»
fchwesens der „Minimax" bedeutet. Herr Hällenbrand ist
daher bei der Veranstaltung der Feuerlöschprobe tatkräftigst
zu unterstützen. Der Bürgermeister.

Tags darauf hocken beim Stamser" die üblichen 11-Uhr-
Mesfer bei ihrer Andacht, dem „Schnapser", beieinander. Auf
einmal fragt der Ferdl: „Du, Ander, laßt st die Höttinger
Fuirwöhr dös g'fall'n, öaß a Fremder von Innsbruck auer-
kimmt, der böss'r lösch'n kunn, als wia ös?" „Wia?" fragt

der Ander ganz perplex. ------- > „Ei ja, i hob schun a evbas

g'heart. Ja, wia geaht denn nacher dö G'schicht? Uhne Schlauch
und Wasser und Loatern weard der nwll a nix mach'n kinnen!"
„D mei Patschander," sagt der Ferdl drauf, bischt decht du a
Loabele. I hon ba den Werkt schun amal zuea/schaugt: Da
weard a grotz'r Holzstoaß aug'richtet, dann giah'n s' Petrolimn
drüber, nacher weard unzund'n und wenn's am örgsten hellau
brinnt, kimmt a Mann mit an groah'n, roat'n, blechernen
Stanitzl, stupft'n auf ö' Erd'n und da spritzt ban roat'n
Stanitzlspitzl a fein'r Wass'rstrahl anh'r und grod ins brinnete
Fuir inni. Auf ja und na isch dös Fuir ausglöscht. Ja, wenn
dös „Maximin" anieder im Haus hött', brauchat'n miar koa
Fuirwöhr und erst recht koa Schlauchmannschaft meahr — uno
mit deiner Kommandatur war's aus und gor. So, iaht
woascht's, du Hoidittl!" — Das war Ferdls längste Rede
seiner „Lebtig". Seine Kehle war daher begreiflicherweise ganz
ausgedörrt, und mit eineul kräftigen Schluck Wein feuchtete
er sie wieder an.