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Höttinger Nudl - unabhängige österreichische Faschingszeitung (1926)
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Lokales

Zur Erklärung unfern Lesern: So tut be- man und entwHssern,
Vielen ist dies schon bekannt, neuestens im Höttingerland
Einfach ist's und schick dazu, also komm und — gieß auch du!

Der Freimaurer.

Liebe Leute, horcht und staunt, was man sich ins Ohr geraunt!
War ein Knab', ein braver Lehrer und Unsittlichkeitsverwehrer,
Irgendwo in einem Land', das euch allen wohlbekannt.

Dieser Mann war eines Tags (Werdet bleich jetzt nur wie Wachs!),
So erzählt man allerorten, Freimaurer und gottlos 'worden.
„Freimaurer", mein lieber Christ, weißt du auch, was das denn ist?

Nach dem Teufel in der Höll' kommt der Freimaurer gar schnell.
Denn die woll'n mit Kell' und Hammer (Lieber Gott, ist das ein

Jammer!),
Statt ein Gotteshaus M bau'n, jedes nur zusammenhau'n.

Jener Knab' in jenem Land', das ihr kennet, also stand

Mit dem Rucksack auf der Schulter, denn nach Wildmoos fahren

füllt' er.
Feslgemauert am Perron, als auch naht' das Iüglein schon.

Doch da stand zur gleichen Zeit — das ist keine Kleinigkeit! —
Eine Maid unter den Leuten und tat auf den Rucksack deuten,
Daß er nicht des Knaben war' und rief laut: „Den Rucksack her!"

Jener Knab', wie er das sah, wie erbleichte er doch da,

Und die Unschuld zu erweisen, tat er 'n von der Schulter reißen.

Zeigte rasch — o welch Malheur! — seines Rucksacks Inhalt her.

Denn, was glaubst du, lieber Christ, was darin gewesen ist?

Statt nur Bücher, Kamm und Kleider, kamen Hammer, Kell',

Meßscheiter
Durch das weite dunkle Tor aus dem Rucksack da hervor.

- Und so glaubte alles frei, daß der Knab' Freimaurer sei,
Statt in Ruhe zu bedenken, wie das Schicksal oft tut lenken
Und bei Eile dann und wann man auch was verwechseln kann.

Unser Knab' am Weg' zum Zug, spürte nämlich Durst genug,
Wie oft in die Burg zu gehen, wo vorn die zwei Mander stehen
Und sich flüstern in das Ohr, in der Hand das Feuerrohr.

War es nun der böse Wein (was sollt' es auch anders sein?),
Tatsach' ist es, daß beim Gehen, unser Knab' sich tut versehen
Und, wenn er auch nicht berauscht, seinen Rucksack hat vertauscht.

Die Moral von der Geschickt? Sei niemals zu haftig nicht!
Denn nicht in gar allen Fällen, tut sich alles so aufhellen.
Und bist du gar in der „Lehr'", so pah' auf nur umfo mehr!

Die Himmeltrager.

Es givt heut' wohl verschiedene Streik,

Das Streiken ist modern,

Meist bringt's auch Borteil oder soll's.

Drum streiten alle gern.

Der streikt weg'n dem Acht-Stunöen-Tag,

Der andre möcht mehr Geld,

Es fehlt halt die Zufriedenheit

Auf der sanierten Welt.

Doch sagt man nichts vom ird'schen Streik,

A d'r Herrgott wird 'n verzeih«?

Doch streiken gar die „H imme I"-Leut',

So können sich die a/freun.

Und grad in Hötttng war der Fall,

Ist das Malheur passiert.

Und daß es Bodenständige war'n.

Hat sie am meisten g'stiert.

Ja, guate Christen war'n die Schuld,

Daß ohne Baldachin

Durch Höttings schönste Gassenreih'n

Der Herrgott mußte ziehn.

Es wurde zwar verhandelt viel.

Doch d' Streikleitung blieb b'steh'n:

Beim Umgang darf kein ,Htmmel"-Mann

Den ,Oimmel" tragen gehn.

Und so blieb's halt beim Streikbeschluß,

Wie d' Böller hab'n gekracht

Und auf den Höttinger Kirchenplatz

Die schönste Sonn^ hat g'lacht.

Der Pfarrer könnt' es glauben nicht

Und hat aufs „Wunder" a/hofft.

Der „Himmel" aber rührt' sich nicht.

Ganz wie der rechte oft.

Und so ist Hötting auf der Welt

Mit 'm Himmel"-Streik voran.

Und 's Neste bei der ganzen G'schicht:

Das hab'n nicht Sozi 'tan.

Doch braucht sich's drum zu grämen nicht,

Auch drunten in der Stadt

Man mit die Himmeltragersleut'

Die größten Sorgen hat.

Die fahren gar im Ausland 'rum

Mit einem fremden Weib,

Das dann auch noch Brillanten stiehlt,

Halt so zum Zeitvertreib.

Dafür wird dann die eig'ne Frau

Zuhauf' fast arretiert —

Das ist es, was bei ,^oimmel"-Leut'

So hie und da passiert.

„Weard schun fein, i nimm nix davun," erklärt Ander, aus
seinem ersten Schrecken erwacht. „Aba da braucht der Maxi¬
mann decht a a Holz für sein' Scheit'rhauf'n. Tuifl, da gang a
G'fchäft. Da wear i morg'n in da Fruah pasfn müaß'n, wenn
der mit sein roat'n Stanitzl daher kimmt." Ander, von
Natur ein verschmitzter,^nabe", hatte ganz gewiß eines setner
„Stückten" ausgetopft. Außerdem steht Ander als solider Holz-
unü Kohlenhändler bei der Bevölkerung in gutem Ansehen
und war nicht umsonst Kommandant bei der Ieuerweyr-
Schlauchmannschaft — er kann gut löschen!

Am nächsten Donnerstag schon um 8 Uhr früh steht Ander
mit dem Kaufmann Eckhaus und noch ein paar Mandern
beisammen und sie diskutieren über das kommende Ereignis.
Ander hat seine Buben schon instruiert. Und nun kann es
jeden Augenblick losgehen!

Da kommt auch schon bei der „Trauben" unten der Mann
mit dem roten Stanitzl ums Eck.

Jetzt tiurmb'r Vuab'n, aufgepaßt!" ruft Ander. „Ander,
i hilf ö'r, wearst 's föch'n, was dös für a Hötz gibt." So der
Kaufmann Eckhaus.

„Ah, schian guat'n Morg'n, Herr Höll'nbrand," begrüßt
Ander linkisch den Herrn. „Sie wölln da ban uns a Fuierle
anmach'n — brauch'n S' toa Holz> i hatt' oans, a guat's und
billig obendrein?" Drauf Herr Höllenbran'd: Jawohl, mein
lieber Freund, aber ich bin vom Herrn Bürgermeister bereits
an Herrn Andreas Auer gewiesen worden, der soll sehr lei¬
stungsfähig sein. Da gehe ich doch lieber erst zum Auer."
Ja, öös können S' auch hab'n. Glei da links ums Eck, Sechn
S' oh glei, wo's Tor offnsteaht," sagt ganz gelassen der Ander
und grinst dem abgehenden Maximann, eine Grimasse schnei¬
dend, nach> Seine Buben wissen ja aufs besse, was sie zu tun
haben. Es sind ja: feine Kinder!

Es dauert auch keine zwei Minuten, kommen die braven
A'uerbuben schon mit der Fuhre dahergerasselt und laden mit
Affengeschwindigkeit am Kirchplatz das Holz ab. Untenein
kommen Zeitungen aller politischen und unpolitischen Rich¬
tungen, dann Spandeln, bis der Scheiterhaufen aufgerichtet
ist. Mittlerweile hat sich auch viel großes und kleines Volk
angesammelt, stiert verständnislos den Holzhaufen an und

wartet geduldig der Dinge, die da kommen sollen. Sogar
vis-a-vis der Tischlermeister Stephanie läßt sich aus seinem
Gletchmute aufrütteln, stopft ein neues Stummelpfeifcheu und
schaut von seiner Wertstätte auf die „Bewegung". Er als weit¬
gereister Mann kennt dtese Sachen schon. Aber auch Meister
Stephanie sollte heute etwas Nieerlebtes erleben^

Nachdem so alles vorbereitet war und drei Polizeimänner
und achtzehn Gendarmen den Platz um den Scheiterhaufen
gesichert hatten, tritt nun Herr Höllenbrand in den offenen
Kreis auf zehn Schritte dem Haufen entgegen und hält an die
Zuschauer über den unübertrefflichen Wert seines Feuer¬
löschers „Minimax" folgende aufklärende Anfprache: „Werte
Anwesende! Wenn nun der Holzstoß am heftigsten brennt,
stößt man den „Minimax" mit diesem hier unten sichtbaren
Knopfe kräftig auf den Erdboden und lenkt den Strahl der
Flüssigkeit in das Feuer. Im Nu wird das Feuer erloschen
sein. Jedweder Brand wird so leicht und ohne Aufregung im
Keime erstickt. Gut und Leben stehen unter dem Schütze dieser
genialen Erfindung. Die Feuerwehr ist so ausgeschaltet für
ewige Zeiten. So und nun zünden Sie an!"

Beide Auerbuben und der Heiser paßten schon mit der
Zünderschachtel in der Hand, stürzen auf die Knie nieder und
zünden auf drei Seiton zugleich an. Die Zeitungen fangen
Feuer, die Spandeln auch, eine dünne Rauchsäule steigt auf,
wird aber sofort dünner und dünner und noch dünner und
will scheint's ganz Verschwinden. Die Holzscheiter aber weigern
sich energisch, Feuer zu fangen.

„Blasen Sie doch, blasen Sie!" schreit Herr Höllenbrand.
Drei Köpfe senken sich zur Mutter Erde und drei männliche
Hinterteile starren pfeilsgrad zum Himmel. Und sie ldie
Buben, Anm. d. Red.) blasen und blasen, was die Lungen
nur hergeben, bis ihre tränenden Augen weit aus den Höhlen
treten. Aber aller Liebe Mühe ist umsonst, es droht der letzte
HoffnunOsfeuerfunke zu verlöschen.

„Der Tuifl soll's hol'n, a so a Gfrett. Es brinnt net und
ums Berreck'n a net!" So fluchen die drei „Blasengel" über¬
einander und erheben sich hustend, pustend, schnaufend und
pfauchend mit tränenden Augen. Der Ander aber hat sich be¬
reits in Sicherheit gebracht, schaut mit einem Auge ums
Nofsekeck und droht völlig zu zerbersten vor Gaudium.