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Höttinger Nudl - unabhängige österreichische Faschingszeitung (1927)
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felö verloren hätten. Endlich (das Letzte ist das Beste!)
war aber entscheidend, daß die Höhenstraße das
(außereheliche) Lieblingskind des Bürgermeisters — nur
hätte als (Katz-im^)Eack-Gasse gebaut werden können,
womit die grobe europäische Autostraße Hamburg—Rom
jede Bedeutung verloren hätte. — Aus all diesen öffent¬
lichen und aus noch mehr vertraulichen Gründen wurde
also von der Niederlegung der Norökette Abstand genom¬
men, was im Innlande vor lauter (Schaden-)Freude fast
einen Aufstand mit Verfolgung der wenigen heurigen
Fremden hervorgerufen hätte.

Was war nun am die Stelle öer fallengelassenen Idee,
vezw. der stehengelaisfenen N>ordtette, ebenchürtiges zu
setzen? Das war die große Frage, die Höttings Weise be¬
schäftigte, bis die Schwarzen gelb, die Roten schwarz un>d
die Blauen schwarz-rot-gelb wurden. Und das Gute lag
doch wieder einmal so nah! „Umg'kehrt ist auch
gefahren!" sagte endlich ein wegen seiner Weisheit nicht
genannt sein wollender Gemeinde-Berater. ,^Wenn schon
mit dem Abbau nichts geht, dann muß eben aufgebaut
werden, wir müssen auf jeden Fall die Augen der Welt
auf uns richten, so kann's nimmer weitergehen." Und der
Zufall «half auch ncch mit, denn „in jener Zeit" brachten
gerade die Zeitungen die Nachrichten vom „laufenden
Berg" Matterhorn in der Schweiz, das sich zur
Sorge der braven Schwizer in nordöstlicher Mchtung be¬
wege, also augenscheinlich nach Hötting wolle. Das Heißt
doch: Hilfe in der Not!

Sofort wurde vom Höttinger Gemeinderate an den
Schweizer Bundesrat per Radio«(Duft-)Welle 00 vM dem
Ersuchen he rängefunkelt, das Matterhorn, wenn es eh'
schon unbedingt nach Hötting will, doch lieber freiwillig
abzugeben,' zugleich würbe aber auch mit Dr. Eckiger
wegen Bau eines noch riesigeren Riesenluftschisfes
2. ü. IV. ein Vertrag abgeschlossen, mit dem (nicht mit
dem Vertrag! T. Schr.) der Bergriese auf spielende Weise
als würdiger Abschluß des Höttinger Landschaftsbildes
an die Stelle der „Amts säge" durch die Luft trans¬
portiert werden soll. (Die „Amtssäge" selbst kann nun
ruhig aufgelassen werden^ nachdem die Beamten im besten
Alter bereits abgebaut sind^ die Ueberjährigen aber bis
<m ihr seliges Ende am jüngsten Tage" öasMrenjahr"
machen Mrfen. Auch in «der Politik hatte die „Amtssäge"
nickts melbr zu tjrn, öia alles in schönster l,^v«n Gott ge-
wollter"! Ordnmtg ist. D. S<y»r.i TN« S«hwv'!,z l>c< «.i«
vorauszusehen war, dem Begehren sofort zugestimmt
un>d nur zur Bedingung gemacht, daß Schweizer zur Ein¬
reise nach Hötting. wenn sie halt wioder einmal das Mat¬
terhorn sehen wollen, keine Visumgebühr zu entrichten
HMen und von der Fromdenstoue>r befreit sein sollen.
Mit dem Transport des Berges selbst wird, da erst der
Sockel montiert werden muß — es sollen dazu gut
fundierte Vereins- und Agrarbank-Aktien
verwendet werden! —, was ja die Hauptsache ist, am
1. April begonnen werden. Voraussetzung für die Ein¬
haltung des Termines ist, daß Schaflers Schönwetter-
Voraussage zutrifft.

neue

Die Bedeutung dieses Abkommens ist natürlich fast
so unübersehbar wie die Alhambra-Bar. Vor allem auf
dem verehrlichen fremdenvertehrliwen Gebiete. Nicht nur
diejenigen, die bisher nur wegen des Madterhorns in die
Schweiz fuhren, sondern auch die Schweizer selbst werden
nun nur mehr nach Hötting fahren, ^a>, manche sogar aus¬
wandern, und Hötting wird damit einen Aufschwung auf
4506 Vteter (Höhe dos Matterhorns. D. Bhr.) nahmen
und auf Sohrflaus, Da-wos, aber auch Mrgl nur so
verabscheuen". Dws«er Hohe wirld natürlich auch
öie Ausbreitung »der Kultur unld der ^NMel" ent¬
sprechen, ja letztere wird zweimal täglich, und zwar zu
den Hauptmahlzeiten, auf dem Gabentisch erscheinen. Den
Touristen aber wird es nun gar nichts mehr ausmachen,
wenn die Nordkette künftig von Bahnen und Luftschiff-
Nnien nur so wimmelt, denn für sie ist Her Gmt mm
erst die Talstation für 2200 Meter erstklassiger Kletterei
und Eisarbeit,' aber auch der Alpenvereins'ball-'Veretn
kann feine Arbeitsenthaltung voll und ganz weiter ent¬
falten, weil das Matterhorn natürlich nicht zum Dameni-
berg" herabsinken barf und unbesteigbar bleiben sM, auf
der NoVdkette aber die Wege durch die Bahnen über¬
flüssig werden. Auch die alpinen Berufs-Hilfsmannschaf-
ten werden, da die im Matterhorn bisher noch nicht ge¬
borgenen reichen Engländer mit 'herübertransportiert
werden, schwere Prämienernten erwarten, wenn sie's er¬
warten. Vor allem aber wird auch dem Botanischen Gar¬
ten durch »den Arbeitsgebietszuwachs neues Leben er¬
blichen und die Alpenblumen-^Industrie" — ohne Ge¬
stank und Rauch bitte! — nach Abschaffung des rückständi¬
gen Alpenblmnen-SchutzOOsehes ein einträglicher Neben¬

beruf werden, der jedoch den Fixbefovdeten vorbehalten
werden soll. Da die Schweizer Bundesregierung pro
Quadratmeter soundsloviel Melweih un>5 andere Sel¬
tenheiten garantiert hat, ist schin auf lange hinaus mit
keiner neuen GeHaltsbewcgung der Beamten zu rechnen.
Nicht weniger aussichtsreich wird sich die Vögelsacherei
durch den Zuzug und Zufwg gestalten, und gar bald schon
dürfte es keine «UMeitslosen mohr geben. Usiomehr, als
ja auch die bauliche Ausgestaltung sich den neuen An¬
forderungen anpassen wird müssen. So werden von «den
angekündigten zwölf Großhotelbauten in Oesterreich
allein elfeinhalb auf Hötting entfallen^ aber auch der
immer wieder auf Zinsen angelegte Wohnbaufonds, .der
von 700 Prozent Umlagen bereits a>uf 70» Milliarden an¬
gewachsen ist, wird im Dr. Maigraser- und Marder-Hof
eine würdige Verwendung finden. Auf voller HWe wird
sich Hötting aber gar in sanitärer Hinficht zeigen un>5 das
Sanatorium „Senkgruben" mit eigener Nahnanlage und
Fluazeuganschluß wird balö das Tagesgespräch Europas
werden. Ebenso aiuch «die in ein Erholungsheim für Poli¬
tiker misKUge stalten de „Ochsenalm", die avegen des alpinen
Charakters des ganzen Landes ihren schlichten Namen
beibehalten soll. Hingegen wurde fiir die Höttingeralm
schon der Besuch der Kuh ,^3ella" «des MundespraMenten
HaifM über Sommer in Ausficht gestellt, was nicht nur
die Milchwirt^aft im allgemeinen heben, sondern auch
zur Hebung des Fremdenverkehres beitragen wird.

Diesem zu erwartenden wirtschaftlichen und kulturellen
(Bauch-)Mufschwuttg Höttings hat auch !das Innland
Rechnung getragen und um die Entsendung zweier
Gesandter angesucht) e»s muWen »die Herren Marder
und Karfiol dafür deligiert,, bis sie delogiert werden. In
diesem Falle würden die diplomatischen Beziehungen mit
öe,m Innlande endgültig Abgebrochen, auch wenn noch so
verlockende Angebote Mr eine Rückkehr gemacht würden.

Die Beziehungen zu den übrigen Völkern der Erde sind
herzlich, und werden vom Höttinger «ender jeden Mit¬
tag an die Schwarzhörer der ganzen Welt herzlichste
Grüße gefunkt.

So ist, trotz des durch die verschiedenen Einsprüche not-
w<en,oig gewordenen Programimwechsels, die Zukunft Höt¬
tings nicht in Frage gestellt, ja alles „im schönsten But¬
ler", ein Zeichen, daß Hötting einfach nicht umzubringen
ist. Gerade wie die HMttnaer Nudel", die auch jedes
IM« so heiß, wis. sie gekocht wurde, „gefressen" wird, aher
doch immer wieder im Fasching Auferstehung feiert, vor
erst die Fastenzeit da ist.

Nachtrag! Wie wir erfahren, wird das Matterhorn
nach feiner vollendeten Neuaufstellung über Ansuchen öes
Frauenbundes, dem dieser Name geläufiger ist, M a r-
terlhorn" genannt und sein Gipfel mit dem Höttinger
Kriegerdenkmal „gekrönt" werden. (Gegen letzteres ist
nichts einzuwenden, da durch diesen Verlust der Kirchplatz
und .damit ganz Hötting, nur gewinnen wird, und die
Umtaufe wird wohl nur die Rückkehr zur vermutlich
ursprünglichen Bezeichnung des Berges -bedeuten. Die
Schriftleitung.)

Sehet in dem Bilde da: Neu-Romeo und Julia,

Wie sie sich in Liebesstunden fern in Hofzaftein gefunden.

«i«nand hat, »ie sich'« geh««, ihr FaMlienbad geftölt.