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Höttinger Nudl - unabhängige österreichische Faschingszeitung (1930)
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„Höttinger Nudl"

1930

Raumfahrt wegen Raummangel abgelehnt.) Da aber
andererseits ein Angebot der Opel'schen Raketenwerft
zu hoch stand (Zwischenruf Mummler: „Ja so a G'schoß
kommt einem teuer!"), schlug ein finniger Kopf der Elfer¬
messer in zwölfter Stünde vor, sich an den Heimatschutz¬
gedanken um Überlassung des alten Höttinger
Turmszu wenden, da Gestalt und Größe ihn geeignet
erscheinen ließen, Stern und Mond auf seiner Spitze
aber geradezu als gutes Omen anzusehen wären. (Zuruf:
„Do Blöchroafn wearn's woll no höbn?") Natürlich
gab es seitens des Heimatschutzes keinen Einspruch. Der
war vielmehr froh, die weiteren alljährlichen hohen
Erhaltungs- und Gradhaltungskosten zu ersparen und
das Geld dafür für die weitere Ausgestaltung des Plaka-
tierungswefens in Hötting (die Bildergalerie der Strahe
„Das Glück in der Kaffeeschale" zehnmal auf jedem
Bauernstadel!) freizubekommen.

Und so wurde die Sache perfekt, und die nächsten
Verhandlungen galten der Berawng über die Ab¬
schuß st e l l e, wobei sich wieder die Spekulations- und
Habgier gewifser Grundeigentümer zeigte, die aus dem
Loch beim Abschuß schon wieder eine Goldgrube für fich
machen wollten. Wir wollen heute gegen gute (Schweige-)
Schilling noch keine Namen nennen, umfomehr als man
die vaterlandslosen Herrschaften ja noch vom Höhen¬
straßenbau her gut kennt und weiter kennen lernen wird.
Zum Abschluß wurde für den Abschuß endlich der
alte Iudenbichl (bis dort längst: Halsmann-
Warte!") bestimmt, weil dort noch die Betonfunda¬
mente von der alten Monarchie her sich als dauerhafter
als diese selbst erwiesen haben. Nur so nebenbei
wurde auch die Finanzierungsfrage gestreift, da es doch
einerlei ist, wie die Steuergelder verpulvert werden.
Es wurde dabei der Modus wie bei der Patscherkofelbahn
als Grundsatz gewählt: „Keiner für alle und alle für
nichts"; fo gibts keine Haftung, aber auch keine Ver¬
haftungen. Als Finanzreferent wurde für das hohe
Unternehmen wegen feiner Beziehungen zum Hohen
Haufe und wieder wegen dessen Beziehungen zum
Bürgermeister von Schwaz — wegen seiner hohen Aus¬
zeichnung ob seiner Invalidenrentabilität auf Herrn
Mahd er zurückgegriffen. Das erforderliche Geld soll
durch Aufenthaltstaxen von den „Daheargloffenen"
sowie durch kiloweisen Verkauf der Höttinger Vreccie
an die Geologen der ganzen Welt und freiwillige Steuer-
überbietungen hereingebracht werden. Außerdem ver¬
spricht man sich von der Mondkalb-Zucht, nach der ersten
Rückfahrt von „oben" märchenhafte Stern-Millionen.

NmdieNeftotzlmg des ersten Abschusses
.geht heute noch der Kampf. Vorläufig nichts Neues!
Wahrscheinlich aber wird zur ersten Fahrt als „Probe¬
fahrt" wohl der Tiroler Landtag herhalten müssen.
Erstens, sagt man sich, ist nicht viel hin, falls das Geschoß
in Ewigkeit weitersaust, und zweitens könnte er auf
dem'Müßten Mondtratdr bei^gmckl^her Ladung' gletch
in Permanenz treten. Beides wäre nur zu begrüßen!
Weiteres über den ganzen, ganz großartigen Plan
sowie über die Hochflugs- und Niederkunftsfeierlichkeiten
zu erfahren, war selbst der „Nudl" bisher nicht möglich.
Jedoch ist beabsichtigt, in ganz Hötting schwarze „Nudl"-
bretter anzubringen, an denen jede bekanntwerdende
Einzelheit kundgemacht werden soll.

Zum Schlüsse sei noch für Skeptiker als Beweis für
die Richtigkeit unserer Veröffentlichungen verraten, daß
der Gemeindeböllerer für den Mondraketen-Abschuß
bereits um einen Vorschuß händeringend gebeten,
ihn leichtsinniger weise erhalten und, unverantwortlich,
sofort beim „Stamser" versoffen hat. Und für ganz
Ungläubige diene als Erhärtung unserer Enthüllungen
der Hinweis darauf, daß der Höttinger Sing-
Sing-Bund bereits einen Maffenchor einstudiert
und zu den Proben sogar die Mitglieder erscheinen. Der
Text dieser allerneuesten Höttinger Volkshymne (Melodie:
„Deutschland, Deutschland erst nach Hötting") aber
lautet:

„Guter Mond, noch bist du stille,
Aber bald ist's damit aus;
Fährt erst unsere Weltraumzille
Durch die Luft mit Sturmgebraus.
Wir hab'n Großes schon gesehen
Und sind Gutes nur gewohnt,
Aber herrlich wird's uns gehen,
Göttern gleich, erst auf dem Mond!'

Auch auf der Schönheitskonkurrenz will Hötting als größtes Dorf
der Welt künftig seinen Mann stellen. Die Beteiligung der Miß Höt»
ting" bereitet denn auch den anderen Bewerberinnen, wie Miß Mühlau,
Miß Arzl usw., ernste Besorgnis. Vor allem aber Österreichs Lies! Gold»
arbeiter. Höttings Vertreterin auf der berühmten silbernen Brücke in
Paris heißt schlicht: Kathl Mistarbeiter, — und der verlangte „einwand¬
freie Lebenswandel" spricht aus ihren unschuldsvollen Zügen.

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z Tagesneiöigkeiten.

Betrachtungen der Höttinger Sternwarte.

Innsbruck wird in (kaum) absehbarer Zeit Zeuge
eines großen Naturschauspiels an seinem (gar nicht so
besonders) wolkenlosen Himmel sein. Wie nämlich zu¬
nehmende Verdunkelungsverfuche erhellen, ist aus Nord¬
west ein von den Astronomen und Anderen schon lange
erwarteter Stern ersten (akademischen) Grades in immer
näherer Sichtweite, so daß unsere Sternwarte sein Er¬
scheinen in ihrem Teleskop am Ende doch noch erwartet
und so nicht ganz zwecklos sich erweist. Der erwartete
Stern dürfte, fchon dem langfamen Erscheinen nach,
ein Fix-Stern sein, und es wird sein lange dauernder
Verbleib über Innsbruck allgemein berechnet. Anderer¬
seits nimmt man an, daß es sich um einen Komet handelt,
bei dem nur zu fürchten ist, daß sein Schwanz sich bis
zum endgültigen Erscheinen verflüchtet, was sehr zu
bedauern wäre. Am besten dürfte der Stern auf jeden
Fall von der Schmerlingeralm aus zu fehen fein.

Sonst wird, wie alljährlich, mit einem starken Meteor¬
fall (von Gefetzen) im Landtag und Nationalrat knapp
vor Beginn der Ferien zu rechnen fein. Allenfalls auch
mit dem Wiederauftauchen des feschen Leutnants mit
Sterndl.

Beobachtungen des meteorologischen Observatoriums
in Innsbruck.

In der Gegend von Schwaz ein großes Tief, das sich
als drohende Nebelbank gegen Igls heraufschiebt. Wenn
auch die dort abgezogene Spielbank dadurch Ersatz findet,
ist doch mit zunehmender Depression und Niedergeschla¬
genheit zu rechnen, die sich auch in Innsbruck selbst be¬
merkbar machen werden. Im Allgemeinen: Aussicht trüb,
Temperatur frostig, Situation windig.

Bon der Hafeletarbahn. Um die Aussicht auf das
Schicksal der Patscherkofelbahn immer noch weiteren
Kreisen zu ermöglichen, hat sich der Bahnausschutz ent¬
schlossen, noch weitere Begünstigungen einzuführen.
Neben den nunmehr für alle Sonntage geltenden
befonders billigen Volkstagen, werden Familienkarten
mit ganz befonders niederen Sätzen eingeführt, und zwar
gibt es Familienkarten mit und ohne Tante, wobei es
ganz gleich ist, ob meine Tante — deine Tante; sodann
mit oder ohne Hausfreund, wobei bei „ohne" es ganz
gleich ist, ob nicht am Ende der Hausfreund statt dem
Hausherrn mit der Hausfrau abfährt; endlich Karten für
kinderlose Ehepaare ohne Nachweis der bereits voll¬
zogenen Verehelichung oder Scheidung. Darüber hinaus
werden bei Schnee „Weiße Wochen" mit Räumungs-
verkaufspreise.n.vßMnstaltet^ während h?i SchneemaMel
für Winterfporner durch eine ganz neue bestens bewährte
Papierschnitzelschneegestöbermaschine dafür geforgt ist,
daß wir auf unfere Rechnung kommen. Zum Schlüsse
wird aufmerkfam gemacht, daß unfere so beifällig auf¬
genommenen Silvesterfeiern uns veranlaßt haben, eben¬
solche Wochenendfeiern, diefe sogar mit Freifahrt und
Freibier, ab heute einzuführen, bei denen aber wiederum,
trotz größter Nachfrage Besorgnis um Plätze nicht berech¬
tigt ist. — Höher gehts nimmer beim Entgegenkommen,
weil das ganze Hafelekar eben nicht höher ist.

Unerwarteter Besuch. Dieser Tage erhielten die
„Nachrichten entlang des brausenden Inn" unerwarteten
Besuch, der diesmal nicht in dem alljährlich schon vor¬
gedruckten und doch immer wieder neuwirkenden Redak-
tionsschmetterling bestand, fondern schon etwas massiver
ausfiel. Unter begreiflich mächtigem Gepolter stiegen
nämlich nach entsprechender Legitimierung beim Portier
der Lippizaner „Pascha" der Schoßfrau von Itter und
die englische Vollblutstute „Naca" der Frau Oberstleut¬
nant Höltihn sowie die irische Stute „Alraune" der Frau
von Bachwall unter Führung ihres Beschälers, des
Hengstes „Mustapha" des Schloßherrn von Itter, die
Stiegen zu genannter Redaktion hinauf und traten nach
kurzem, aber bedeutsamen Pochen beim Chefredakteur,
dem bekannten und gefürchteten Demokriten, ein, um
ihm für die von allen Röffern fo fchmeichelhaft empfun¬
dene Förderung des Pferdesportes zu danken. Die

Zettgerechte DichtkunÜ.

H>olitilches Merkelen.

Setzt an den Tisch den Kunschak und den Steidle
Und auch die roten Nelken holt herbei,
Und laßt sie wieder von Diäten reden
Und. dieserlei.

Gebt euch die Hand, und fei es auch voll Tücke,
Und wenn man's sieht, es ist ja einerlei.
Man rennt ja euer um-deN'Brei-Gedrücke
Schon längst, o mei!

Und haut und stecht ihr heut euch auch mit Messern
Und reißt ihr mit die ganze Wählerei,
Ihr werd't am End' euch nicht den Wein verwässern,
Es bleibt der — Brei!

Nederlnnger-Cwelle.

Es fragt fich jeder heut', wie dumm:
Wo lungert nur der Beder 'rum?"
Mnn auch das Haus erst renoviert,
Ist's doch nicht mehr so renommiert.

Trotz Radio, Grammo», Mikrophon
Hört man vom Heinz scheint's leinen Ton;
Das ist fürwahr, ein starles Stück:
Nil scheint, dem Heinz scheint ^s Glück!

Ihr wißt's nicht oder wollr's nicht wissen.
Wohin der Beder ausgerissen;
Allein die „Nudl" sieht hier klarer:
Er ist auf Kuba dort beim Nhrer!

Im Bankhaus ist es öd und leer,
Es gibt lein' Zu. und Abfluß mehr;
Es tröpfelt nur mehr an einer Stelle,
Das ist die Beder°LumP—er-Quelle.

Sehr dtberle Verle.

Warum grad den Kruhlis,

Wo man die andern in Ruh' ließ?

Es kamen in unseren Landen

Doch noch ganz andere Summen abhanden!

»

Der Mannch? nicht den Hals verlieren,
Drum tut er immer rekurrieren;
Jetzt sucht er mit allen Mitteln
Den Prozeß neu aufzu »Mitteln.

»

Aus Meister Co lli 's Vle iste rruin'
Stahl jüngst wer manche Eisenschien';
Tragt wer die Steine erst von hinnen,
Muß Innsbrucks Schönheitstraum zerrinnen!

Die Bahnhofhalle ist noch leer.
Ja, gibts denn leine Maler mehr?
Das fchon! Doch will mit Tattermandeln
Die schönen Wand' man nicht verschandeln.

Es geht ihr schlecht, Gott schütz' die Kunst!",

Wo Land und Stadt heut' auf fie brunzt!

Dabei muß fie zufrieden fein,

Paß sie nicht auch noch auf fie sch—pei'n!

Den Doktor Ster n, den Reutte es sehr,
Daß er sich nicht noch „borgte" mehr,
Weil alles so ohne Bangen
Und wahrlich gut ausgegangen.

Welch ein Geschrei und ein Geforgel

Gilt Kussteins teurer Heldenorgel!

Viel besser wär's, darauf zu fehen,

Daß uns're Helden nicht dreh orgeln gehen!

berger-Schluemme.

Der Düsseldorfer ist nicht viel ärger.
Als unfer berühmter Sch—ämberger;
Beide brachen mit kaltem Blick
Manchem Menschlein das Genick.
Der Düsseldorfer ist auf und davon,
Aber den Sch—ämberger, den hat man schon;
Doch beide, genau betrachtet bei Licht,
Beide, wie seltsam, — sitzen noch nicht!
Feiner Knabe, mach' keinen Qualm,
Komm, o komm auf die Schmeilingeralm!
Es fragt längst jeder um und um:
Wann beginnst du dort dein Studium?
Sag', o sag', was hält dich zurück?
Menschenstmd, hast du ein Glück!
Beschützen dich Onkeln und Gönner
Oder gar Mit-Dunkelmänner?