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es stinkt, branclelt, ;ünÄet uns kracht.
Einer unserer Redakteure hatte Gelegenheit, mit dem vor
hundert Jahren von Hötting ausgewanderten Weltreisenden,
Herrn Hans Dampf, zu sprechen. Nach vielen Bemühungen,
uns seine Erlebnisse und Anschauungen über die jetzigen Ver¬
hältnisse zu schildern, gelang es uns endlich, ihn zum Sprechen
zu bringen und sagte er unter anderem folgendes:
Es ist kein Zufall, daß die Pallas Athene, die Göttin der
Weisheit,
vor
dem Parlamente stehen mutz, weil sie — die
Weisheit — drinnen keinen Platz hat. Viel Wissen macht
Kopfweh und da dies auch in dem Falle, wo der Kopf kein
edler Teil des menschlichen Körpers ist, sehr unangenehme
Wirkungen hat, müssen unsere Voltsvertreter davor bewahrt
bleiben.
Unserem „hohen Hause" ist nämlich die Weisheit in viel
größerem und ausgeprägterem Maße eigen, als der seeligen
Pallas Athene. Den steinernen Dickschädel haben einige der
Landesväter mit der Göttin gemeinsam.
Daher die vielen für das Volk zum Segen gereichenden Ge¬
fetze, wie: Erhöhung der Nationalratsgehälter und Tantiemen,
freie Fahrt 1. Klaffe auf den Bundesbahnen und Dienstautos.
Weiters Erhöhung der Mietzinse und Steuern, Kürzung der
Beamtengehälter und Pensionen. Letztere Maßnahme dürfte
zu dem Zwecke geschaffen worden sein, um einerseits die Aus«
landsberater gut honorieren zu können und anderseits die
Beamten vor leiblichen Schäden, wie Übersättigung und vor»
zeitige Arterienverkalkung, zu bewahren. Diese Beschlüsse wer¬
den meistens leidenschaftslos und einstimmig angenommen, da
es sich ja um das
Volkswohl
handelt. Handelt es sich
jedoch um für das Volk viel wichtigere innenpolitische An¬
gelegenheiten, wie Aufteilung der nur ehrenamtlichen Minister«
Posten, die alle drei bis fechs Monate erfolgende Neuernennung
eines Generaldirektors der österreichischen Bundesbahnen,
eines Bankdirektors mit Reisediäten ins Ausland oder SW»
dienfahrten eines Ministers zwecks Ansiedlung von Öfter-
reichem auf Honolulu, dann entfpinnt sich unklarer Weise um
diese Ehrenstellen ein Kampf, der fönst nur bei den Indianern
beobachtet wurde.
Es gibt aber auch außerhalb des parlamentarischen Getrie¬
bes stehende Perfonen, die der Meinung sind, daß sie es noch
besser treffen würden, als die derzeit für das Volt sich auf»
opfernden, uneigennützigen Idealisten.
Vor nicht langer Zeit ereignete es sich, daß sozusagen über
Nacht ein heimatliebender Mann die Macht im Staate ergrei¬
fen und den Marsch nach Wien antreten wollte. Gelandet ist
er fonderbarerer Weife bei unseren neuen Freunden in Jugo¬
slawien. Wie man hört, foll die Radkersburger Brücke den
Namen „Heimatsteg" erhalten haben und alle Jahre foll im
September eine Gedenkfeier dort abgehalten werden. Wie das
Volt bedauerte, kam es leider nicht dazu, da dieser Mann für
seine Aktion dringend einen falschen Vollbart benötigte, um
die Gestalt Andreas Hofers zu verkörpern. Dies gelang ihm
auch restlos, weshalb er von nun an unter dem Namen
„Andreas Hofer Nr. 2" bekannt ist. Diesen Aufschwung ver¬
dankt er nicht allein seiner großen Rednergabe und seiner
Feindschaft gegen den volksfeindlichen Dämon Alkohol, den er
in ungemeffenen Mengen vertilgt, fondern vielmehr feiner
Mitgliedschaft zu einem Gesangverein, wo bekanntlich die
Mäuler recht weit aufgerissen werden müssen.
Weil gerade vom Gesangverein die Rede ist, soll auch einiges
über die Zweckdienlichkeit dieser Institution gesagt werden.
Ein Gesangverein, vielmehr ein gemischter Chor, ist ein Hort
zur Hebung und Pflege des fchlichten Volksliedes, zum Bei-
fpiel „Mädel aus Spanien, ich liebe dich..." oder „Ah — das
ist der neue Tanz von Kuba..." ufw., wo sich verheiratete
Männer und sittsame, ledige Damen, ferner guterhaltene Wit¬
wen zusammenfinden, um ihre Lust, die Sangeslust natürlich,
zu befriedigen.
Während die Sangesbrüder mit sehnsuchtsvollem Herzen
in das Lied „Derf i 's Diandl liabn" einstimmen, hören die
Damen begeistert zu, um dann ihrerseits mit wogenden Busen
das schöne Lied „Ich bin eine Witwe, eine kleine Witwe" zu
proben. (Die Verschmelzung dieser beiden Lieder ergeben dann
den § 144 oder eine Blutprobe.) Es gibt aber auch Sanges-
brüder, deren einziger Zweck wirklich nur das Singen ist
und denen selbst Professor Steinach die schwache Stimmgabel
nicht stärken tonnte. Diese bedauernswerten Sangesbrüder
müssen sich mit wehen, gebrochenen Herzen und schlotternden
Knien früher auf die Beine machen, denn ununterbrochen
fummt ihnen der Refrain des Couplets: „Zuaschaun kann i
net" in den Ohren. Sie fingen dann vor dem Greisenasyl das
Lied „Ou du mein liaber Augustin" und finden lebhaften
Beifall. —
Was den Refrain „Zuschaun kann i net" betrifft, so paßt
derselbe übrigens auch ganz gut auf die heutigen Verhältnisse
bei der Creditanstalt. Man wiegt sich im festen Glauben, daß
dieses größte österreichische Geldinstitut nur von Bankfach¬
leuten geleitet wird. Indessen stellte es sich bei der Überprüfung
der Bilanz heraus, daß diefe von
Friseuren
aufgestellt
wurde, denn die Bilanz war, wie man kaufmännisch zu sagen
pflegt,
frisiert.
Nachdem ein großer Teil der Kommitenten
Mißtrauen an der festen Ehre des Direktor Ehrlas hegte,
sah sich die Leitung der Creditanstalt veranlaßt, durch die nicht»
bestechliche Presse, zum Beispiel „Der Morgen", „Der Tag",
„Der Abend" — nur „Die Nacht" fehlte, in welcher Ehrlos
durchbrannte —, deren Motto lautete: „Was hinter meinem
Rücken geschieht, geht mich nichts an", einen Artikel kundzu¬
machen, in dem versichert wird, daß die Bonität eine nicht beun¬
ruhigende fei und daß das Vermögen in festen Ehrennänden ist
Lügen haben indessen kurze Beine, während Ehrlos lange
Beine bekam und auf diese Weise den Weltrekord im Mara«
thonlauf brach. Nun brannte es lichterloh und die staatliche
Feuerwehr und Rettungsgesellschaft traten in Aktion. Sie loka¬
lisierten den Brand, in dem sie aus dem Steuergelderreservoir
ein ganz nettes Sümmchen pumpten. Diefe ganze Skandal¬
affäre wurde dadurch ins Rollen gebracht, daß man es unter¬
ließ, einen beruhigenden Leitartikel in der „Höttinger Nudl"
erscheinen zu lassen. Die Wirkung in dieser Zeitung wäre un¬
gleich größer und bedeutend billiger gewesen.
Wie bekannt, hat Direktor Ehrlos um freies Geleite an¬
gesucht. Nachdem er sich einige Zeit in Wien noch amüsierte
und seine bitter ersparten Groschen in Sicherheit brachte, wurde
ihm das freie Geleite bewilligt. Selbstverständlich von Wien
nach Paris. Man ließ ihn ruhig ziehen. Die Regierung war
davon überzeugt, daß er von nun an in Paris als Leiermann
am Boulevard fein Leben fristen werde. Schließlich war man
froh, die Zahl der Arbeitslosen um einen zu verringern, umsu-
mehr, als er sich ja einer strafbaren Handlung nicht schuldig
machte. Die wahren Schuldigen sind die Einleger, denn hätten
sie nichts eingelegt, hätte er auch nichts herausnehmen können.
Deshalb werden auch die Bezüge der Beamten gekürzt, um
sie vor solchen strafbaren Handlungen zu bewahren.
Da Direktor Ehrlos einer Ladung zwecks Zeugeneinver¬
nahme nicht Folge leistete, wurde er in Lissabon kurzerhand
verhaftet. Gegen eine Einlieferung hat die Gemeinde Wien
protestiert, da sich Ehrlos um die Winterhilfe bewerben würde.
Allgemein ist man der Ansicht, daß er nach vollständiger Re«
habilitierung, was feinen Freunden bei der Regierung gelin«
gen dürfte, wieder in Amt und Würden eingesetzt werden wird.
Wir haben aber noch einen festen Mann hier in Oesterreich.
Wenn derselbe auch nicht so fest ist, so ist er doch „Füft" und
der Gründer des „schwarzen Fonds" bei den österreichischen
Bundesbahnen.
Warum dieser Fonds gerade „schwarzer Fonds" genannt
wurde, ist sehr leicht erklärlich, weil die Kohle eben schwarz
ist und die Zuflüsse zu diesem Fonds ja größtenteils in aus«
ländischen Kohlenbergwerken ihren Ursprung hatten. Hätten es
die Elektrizitätswerke ebensogut verstanden wie die Kohlen«
Werksbesitzer, diesen Fonds ausgiebig zu beschicken, dann wäre
aus dem schwarzen ein „weißer Fonds" geworden, dafür aber
auch die Elektrifizierung der Bahnen nicht mit allen Mitteln
gefördert worden. Zu seinem und seiner Freunderln Leid¬
wesen dauerte diese Konjunkturzeit nicht allzulange und mit
dem schwarzen Fonds mutzte auch der föfte Mann verschwin¬
den, um einem anderen Eisenbahnfachmann, dem nielumstrit«
tenen Etrafella, Platz zu machen. Dieser schon von seiner Tätig«
keit bei der Grazer Straßenbahn als Menschenfreund bekannte
Herr bot dem Personal, gleich dem Herrn Föst, seine Freun¬
deshand, welche sich aber dann ebenso wieder als geballte Faust
darstellte. Schon bei seinem Dienstantritt sah derselbe jedoch
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