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»Höttinger
Nudl"
1933
Die Felclwacht um Mitternacht im Namsergarten
Eine Iecherballade.
Es war so um die achte Stunde
Am letzten Tag im alten Jahr,
Da sah beisammen in fröhlicher Runde
Der Bürgerschaft Höttings edelste Schar.
Andreas Scyl-auer, der edle Recke,
Ihr kennt ihn genau, ihr seht ihn ja oft,
Er steht ja immer am gleichen Flecke,
Kaut seinen Stummel und „pofft und pofft".
Heut ist er halt wieder in richtiger Laune,
Am Wirtshaustisch gefällt's ihm fo fehr.
Nur feine Stimme vernimmt man im Räume,
Seine Nase errötet schon mehr und mehr.
Sein Busen schlägt lauter, es wallet sein Blut,
Die Gäste, sie lauschen dem „Dreisten",
Schon wackelt bedenklich am Kopfe fein Hut,
Heut will er was „Großes" leisten.
Und gleich schon folgte die kühne Tat,
Er wettet mit zynischem Lachen,
Für 3^ Liter, sei's noch so spat,
Im Hofe beim Ramfer zu wachen.
Zwei wackere Kumpane sind schnelle bereit.
Zu folgen dem furchtlosen Recken,
Sie teilen mit ihm nun Freud und Leid
In des Hofes dunkelften Ecken.
Doch mit des Schicksals dunklen Mächten,
Das haben die Dreie wohl nicht bedacht,
Ist niemals ein ewiger Bund zu flechten,
Das Unglück ereilte sie auch bei Nacht.
Des Alkohols wärmende Mengen,
Sie gingen die irdische Bahn,
Den Wackeren die Köpfe schon hängen,
Das Frieren und Zittern geht an.
Schon bilden sich eisige Zapfen
An Händen, Gesicht und am Bart,
Sie sinken zusammen wie Krapfen,
Der Stuhlgang wird dicker und hart.
Und um das Unheil zu bannen,
Sann nach die wackere Gild',
Und was sie dann weiter begannen,
Zeigt uns das folgende Bild.
Die Wette, sie wurde gewonnen,
Das Hirn gefror jedoch ein,
O, möge doch Tauwetter kommen,
Sonst bleibt der Gefrierstock drein.
Die vürgermeisterwahl
Die Höttinger Gemeinde ist
Die Zierde von Tirol,
Berühmt durch Garten, Wiesen, Tal,
In letzter Zeit durch Ko...
Das Höttinger Gemeindehaus
Muh jeder respektier'n.
Weil dort der Sitz der Weisheit is.
Wo d' G scheiten explodier'«.
Der G'meindesaal hat viel erlebt
-------
Wo liegt die gold'ne Zeit,
Wo noch der Hans von Hinterwald
Zur allgemeinen Freud'
Als Bürgermeister tätig war!
Da ging's doch wie geschmiert.
Auf einmal war ein andrer da
Und hat das Wort geführt.
Der hat zu viel nach links geschaut.
Das war nix für Tirol,
Und durch die böse Bärenfchlacht
Macht er fein Haferl voll.
Der kühne Mann ward ausrangiert,
Zausnieierl kam im Flug,
Drei Tage hielt der Gute aus.
Dann hatte er genug.
Drauf heißt's: Herr Geiger, greifen S' zua!
Besteigen S' schnell den Thron,
Denn Hötting ist regentenlos-------
Es gibt Revolution!
Oktober war's, ein großer Tag,
Ganz Hötting stand bereit.
Schaut nur, um's G'meindehaus herum
Die aufgeregten Leut'!
Der alte Kasten krachte wohl,
An diesem Tag der Wahl,
Gewitterschwül erschien die Luft
Im dichtgedrängten Saal.
Ein toller Wirbel um das Haus,
Das reinste Bild vom Krieg;
Die einen schnaubten kampfbereit.
Die andern träumten Sieg.
Trainierte Sportler ballten
Schon boxbereit die Faust,
Und tatenfreudig kamen auch
Die Wachleut' angesaust.
Denn wenn da koaner rebelliert
Und koaner sich tobt aus.
Da schlaft die Polizei ja ein.
Wie schaut das nacher aus?
So a bißl was zum Arretieren,
Zum Dreinschlag'n mueh es geb'n.
Ein muskelstarter Wachmann kriegt
Dadurch ein anders Leb'n.
Das war ein fieberischer Tag,
Ein Wahldelirium,
Die Musi hat man a schon b'stellt
Mit Tschindarrata Vum.
Die Größen vom Gemeinderat
Erschienen endlich auch,
Rund achtundzwanzig an der Zahl,
Tiefernst, nach Amtsgebrauch.
Nun nahm die Sache ihren Lauf,
Das Barometer stieg.
Die Spannung im Gemeindefaal
Verkündet Sieg und Krieg.
Es wird verhandelt und befragt,
Ja, eppas wird's fchon wem.
Ein Bürgerlicher ward gewählt —
Jetzt kommt des Pudels Kern:
Herr Dr. Höflich, rosenrot.
Verkündet endlich keck:
„Die bürgerliche Wahl gilt nix.
Ein Schmarrn, ein fauler Dreck!"
Die Wahlstimmzettel sein verpfuscht! —
Die Linken zwinkern bloß.
Sie fühlen sich fo wohl und schlau
Und fo unendlich groß.
Ihr Zettel ist getauft und echt
-------
Das dünkt fie wundervoll,
Sie haben alle ein Parfüm
Und duften süß nach Kohl...
Ein flammender Entrüftungssturm
Beschließt den Tag der Wahl,
Die Bürgerlichen ziehen wild
Und drohend aus dem Saal.
Ein Rufen, Drangen um das Haus,
Ein Pfeifen und Gejohl,
Beim Stamserwirten horchen's auf.
Was das bedeuten foll?
Die mukulöse Polizei,
Die wrnte voll Bravour
--------
Beim Wascht! schellt das Telephon:
Von Feiern koane Spur.
Die Musi foll nit kemmen, heißt's,
Mir hob'n die Lust verlorn.
Ganz Hötting samt Gemeindehaus
Is heute närrisch worn.
Das war der heiße Tag der Wahl,
Ganz Hötting hat sich g'rauft:
Mir hob« seither das G'meindehaus
Den Hexenkessel tauft.
Und was die Zukunft bringen wird.
Es kennt sich koaner aus.
Weiß nur, wenn's wieder wählen heißt.
Da bleib' i g'fcheiter z' Haus.
klus clerNachbar-Nepublik
Hausfrauen-Nachmittag. Der Kleindeutsche Frauenuerband
veranstaltet am 29. d. M., 4 Uhr nachmittags, im gelben Saale
des Gasthofes „Theresienwiese" den diesmonatlichen Haus¬
frauen-Nachmittag. Ab 4 Uhr ist Konzert und anschließend wird
Frau GR. Marianne Schuster über das Thema „Müssen wir
Hausfrauen uns um die
Erziehung
unserer eigenen Kin¬
der auch kümmern?" referieren. Mitglieder, Gäste, Freunde
und Lehrpersonen sind herzlichst eingeladen.
Strahenumbenennungen sind in Vorbereitung und haben
wir von einem Gewährsmann bisher folgende geplante
Änderungen erfahren: Die Hofgasse soll Bederlungerstraße,
die Maria-Theresien-Straße Teutonenpromenade, die Anich-
straße Himmelsleiter, der Rapoldivlatz Ekrasitvlatz, die Siebe-
rerstratze Nonnenhäuserstrahe, die Südbahnstrahe Venus-
Avenue, der Voznervlatz Platz der 300.000 Schillinge, die
Fallmerayerstraße Staatsoersorgungsstraße, die Meinhard-
straße Murt-Mair-Straße und die Friedhofallee die Straße
der Glücklichen heißen.
Eine Sehenswürdigkeit unserer Stadt, welche speziell bei
den Brüdern aus dem Nachbarreiche großes Interesse aus¬
löste und bei Einheimischen die Erinnerung an die glückliche
Rettung der Hurrahgeist-Fabrik wach erhielt, wurde trotz wie¬
derholter Proteste des Verschönerungsvereines und des Ver¬
eines zur Hebung des Fremdenverkehres abgetragen: unsere
zum Wahrzeichen gewordene liebe alte
Colli-Ruine!
—
Wie man hört, foll selbe an ein amerikanisches Konsortium
verkauft worden sein und als Sinnbild des abgebrannten
Europa in Holywond neu aufgestellt werden. Unser einheimi¬
scher Kunstbaumeister Vachwelzner hat den ehrenden Ruf er¬
halten, die Neuaufstellung des alten, ehrwürdigen Kulturdenk¬
males durchzuführen.
Zur Hebung des Fremdenverkehrs hat die stets rührige und
umsichtige Direktion der Innsbrucker Lokalbahnen eine be¬
achtenswerte Neuerung getroffen. In den Straßen der Stadt
werden von dem Inkassobureau Kranz Fahrkarten nach Igls
und Hungerburg an die Passanten verkauft, an Unbemittelte
sogar kostenlos abgegeben. Die Firma Kranz ist mit einem
kleinen
Prozentsatz als Entschädigung beteiligt, ein
gewiß sehr nachahmenswertes Verhalten. Angeblich soll diese
neue aufstrebende Firma auch mit den Bundesbahnen und der
Lufthansa in Unterhandlungen stehen. Dank und Anerkennung
erntete sie bereits nach österreichischem System.
Alle Not hat ein Ende, wenn Sie der neuen Organisation
„Tojetak" beitreten! Sie sind in der Lage, durch Abgabe von
in Ihrem Geschäft oder Haushalt ganz überflüssigen Dingen
Makulatur, alte Patschen, ungezogene Fratzen, böse Gattin-
vas Sittengericht
Nicht jeder kann vollkommen sein
Auf dieser bösen Welt!
Das sieht auch die Behörde ein,
Die nie und nimmer fehlt.
Vier Herren, sittenrein und klug,
Das Richteramt versehn,
Erspähen jeden Lua und Trug,
Können nicht irregehn.
Vier Noten geben sie bekannt,
Nur zwei davon sind gut,
Hältst du die dritte in der Hand,
Dann, Freund, sei auf der Hut!
Die vierte, ach, am besten dann.
Du taufst dir einen Strick!
Verloren ist, mein armer Mann,
Geld, Avancement und Glück.
Wer dieses Werk zustand gebracht,
Dem sei als Dank erkannt
In einer finsteren Sommernacht
Ein Wink mit starker Hand!
3eitgemäher vialog
zwischen dem Magazinsvorstand und dem Herrn Vertrauensmann:
Vertrauensmann:
Genosse, warum haben Sie mich gestern
in der Museumstrahe nicht gegrüßt? — Glauben Sie, daß Sie nun
nach durch meine Hilfe bewirkter Erreichung des Vorftandpostens
arrogant werden dürfen?
Vorstand: Herr Vertrauensmann, ich bitte vielmals um Ent»
schuldigung, ich hatte gestern wieder einen Nervenanfall im Unter¬
schenkel, und dann seh' ich immer fo miserabel. Ich Hab Sie wirtlich
nicht erkannt. Es ist mir ungemein peinlich!
Vertrauensmann: Kaufen Sie fich Augengläfer, Genosse!
In Anbetracht Ihrer sonstigen guten Führung will ich diesmal ein
Auge zudrücken. Ich ermahne Sie aber ernstlich, Ihre noch hin und
wiener durchblickenden Bourgoismanieren abzulegen und wenigstens
äußerlich ein richtiger Genosse zu werden. Ich habe bei jedem meiner
bisherigen drei Gesinnungswechsel mich sofort der neuen Richtung
angepaßt. Weil wir schon von Ihren Mangeln reden, muß ich Ihnen
ernstlich vorhalten, daß Sie am 1. Mai weder eine rote Nelke auf- !
steckten noch am Umzüge teilnahmen. Wenn das noch einmal vor¬
kommt, dann sind Sie erledigt! —
Vorstand: Ich bitte nochmals um Ihre gütige Entschuldigung,
Herr Vertrauensmann, und verspreche ich, mich gründlich zu bessern.
Vertrauensmann:
Na ja, ist schon gut, ich halte im all¬
gemeinen nicht viel auf Versprechungen, ich habe selbst schon zuviel
versprochen — aber Sie haben offenbar die besten Vorsätze. Damit
Sie sich aber endlich merken, wie man seinen politischen Führern
begegnet, werden Sie mich heute abends nach Hause begleiten und
dabei an meiner linken Seite gehen, verstanden?
Vorstand: Selbstverständlich, Herr Vertrauensmann, ich danke
für die gnädige Strafe!
the im Cluaclrat
Wohl allgemein ist es bekannt,
Daß in dem schönen Ehestand
Das Dreieck oft den Grundriß gibt,
Nach dem man lebt, nach dem man liebt. —
Die Sache geht nicht immer glatt,
Denn oftmals eine Ecke hat
Viel Langeweile und verletzt
Fühlt sie sich sehr zurückgesetzt.
Gar oft entsteht ein böser Streit,
Man wendet sich zur Obrigkeit,
Man trifft fich beim Bezirksgericht —
Das arme Dreieck — es zerbricht. —
Nun aber ändert sich die Zeit,
Ich stell' dies lest mit großer Freud:
Als geometrische Figur
Regiert nicht mehr das Dreieck nur!
In unsrer schönen Fremdenftadt
Bevorzugt mancher das Quadrat.
Bequemer ilt es sicherlich,
Die Ecken, die ergänzen sich. —
Herr Möller eins, er ist der Mann,
Bei dem man konstatieren kann:
Er lebt frisch, fröhlich, fromm und frei
Mit feinem Freunde Möller zwei!
Frau Möller eins ist schwarz von Haar,
Und Liebe strahlt ihr Augenpaar!
Frau Möller zwei ist blond, kokett,
Und wirklich zum Verlieben nett!
Herrn Möller zwei kann stets man sehn
Mit Möller einsens Frauchen gehn.
Er ist verliebt, der gute Mann,
Und zeigt ihr dies, so gut er kann. —
Herr Möller eins ist Tag und Nacht
Mit Feuereifer drauf bedacht,
Daß er die Frau von Möller zwei
Erfreu mit Liebeständelei.
Der Namengleichklang stimmt dazu,
Bringt ein Bedenken gleich zur Ruh:
Ob eins — ob zwei — die Kinderlein,
Sie werden immer Möllers sein! —
Und regt fich in der Freunde Brust,
Vielleicht nach Wechsel mal die Luft,
Dann rufet Möller eins und zwei
Die legitime Frau herbei. —
So blüht und sprießt der Freunde Glück,
Die Nachbarn fehn's mit Neidesblick!
Denn nicht ein jeder von uns hat
Solch eine Ehe im Quadrat.
Gesang cler „Noten Geier"
Heisa — hoch! — Wir zieh'n hinaus
In das Leopoldi-Hausl
Männlein, Weiblein, jung und alt.
Manche heiß, nicht viele kalt,
Denn dort winkt Musik und Tanz,
Heller Freuden Blumenkranz!
Ungeschminkte Volkeskunst,
Männerftärke, Frauengunft —
Jeder greift die Seine fest.
Und im Gebüsche folgt der Rest.
Kühler Trunk und heißer Kuß,
Das ist unser Hochgenuß!
Brüder aus der ganzen Welt,
Kommt in unser Frcundschaftszelt!
Heifa — hoch! — Zieht mit hinaus
Zu dem Leopoldi-Haus!
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