/ 4 pages
Höttinger Nudl - unabhängige österreichische Faschingszeitung (1955)
Search


Preis s a.

"1*9*5*5

»»ÄS«

ABFßR Ä

YOlX

0

«3*

MM*

Fiio

Kampfe*'

}lui;cnpol itifriics Potpourri oom Kreimer bis 9tto De Janeiro

Der Befreiungstag, der 25. Oktober, brachte auch
mich in Wiener Duliöh-Stimmung, und mit dem
Grinzinger Motto: „Verkauft« mei Gwand, i fahr
in Himmel" fuhr ich zwar nicht nach Nußdorf, aber
mit meinen letzten Kranin und meiner Regiefahr¬
karten auf 'n Brenner. Es war gerade Markttag,
und als ich und noch etliche Reschierler beim
Zanella" unseren Zollfreiliter erstanden hatten,
da rumpelte eine gewaltige Plünderfuhr von Tanks,
Lastkraftwagen und Panzern vorbei, so daß sie
bald die ganzen Marktstandln mitgnommen hätten.
Denn sie hatten es sehr eilig auf ihrer Fahrt nach
Verona. Alle Staatsfeier tägler riefen ihnen nach:
Go home, Ami!"

Nach einer feuchtfröhlichen Feier in der „Post"
gingen ich und die anderen Höttinger Knappen
zum Grenzstein, um dort noch einmal das „befreite
Vaterland" als echte Patrioten gebührend zu be¬
gießen. Mei Dackl tat auch seinen Teil dazu und
hob das Haxl, was ihm allerdings einen strafenden
Blick des Karabinieri eintrug, der seine geheiligte
Grenze nicht so ver„hund"sen lassen wollte. Grad
will i mei Mistvieh verjagen, kommen von Inns¬
bruck herauf die

„Klageweiber von Salzburg und Rum".

Statt malefizblond waren sie wieder braun und
schwarz, der Lack auf den Fingernägeln gesprun¬
gen, das Zyklamenrot von den nun „arbeitslosen"
Lippen herunten, der Puder auf den bleichen Wan¬
gen verschmiert, die Brauen nicht mehr nachge¬
zogen, denn es fehlte der „Stift",* die früher ach
so strahlenden Belladonna-Augen von Tränen um¬
flort. Als ich den ganzen Haufen Elend so vor mir
sehe, frage ich die erstbeste: „Tuifl, Tuifl, was ist
denn mit euch passiert?" Mit stummer, hoffnungs¬
loser Gebärde weist sie auf die umgehängte Tafel,
die nunmehr züchtig die nicht mehr befahrenen
Kurven (Slalom ä la Sophia Loran) bedeckt und
auf welcher steht: „Die traurig Hinterbliebenen
vom Staatsvertrag." Seppl, Seppl", sog i jetet,

„do kunnt ma billig aushelfn. Bei dö steht jetzt der
Schüling a wieder 26 : 1." Der Seppl schüttelt dar¬
auf grausam den Kopf und murmelt: „Denk an dei
Alte!" Und mei Freund, der Höttinger Gruabn-
raggler, sagt: „Vom übriggebliebenen Schweine¬
fleisch von di Ami tat mi grausn!"

Heimzu hab i die Freüein ordentlich „beweint",
und für mei Weib dahoam, dö a den Befreiungs¬
tag feiern wollte, hab i später b#i der Tengler-Juli
an Liter Südtiroler kafn miassn, weil i den Zoll¬
freiliter versoffen hab. Bedauert hab i noch, daß
mi mei Freind am Brenner so abgmahnt hat, wo
doch sicher droben der Kurs von 26 : 1 noch billiger
zu habn gwesn war.

Als wir durch den Berg-Isel-Tunnel hinaus¬
fuhren, haben wir von Rum herauf noch den Klage¬
gesang gehört, den die Salzburger Freilein auch
am Brenner zum Abschied für die Ami gesungen
haben: „Das Orakel von El Paradiso". Nur daß von
Rum herauf auch noch der

Baß der Bauern mitklang,

die nun ihre pfundigen Absteigquartiergelder ver¬
loren haben und vom „El Paradiso" zum Kuastall
zurückkehren müssen. Und so war das Lied:

Das Orakel von El Paradiso,

Es verrät, was dein Herz noch nicht weiß,

Das Orakel von El Paradiso

Gibt dir tausend Geheimnisse preis.

Seit der Stern meines Lebens versank,

Sind für mich alle Nächte so lang.

Wann bringt, wann bringt jener Mann

Mein ganzes Glück

Nach El Paradiso zurück.

Wie uns die Landhaus-Korrespondenz mitteilt,
sollen die Rumer Bauern sogar eine Petition (zu
deutsch Bittschrift) nach Wien gschickt habn, weil
sie den Bauernbunddirektor Figeles als Außen¬
minister absetzen wollen, nachdem er einen so blö¬
den S ^atsvertrag unterschrieben hat, der auch die

Ami heimschickt und nicht nur die Russen. Der
Landeshäuptling Klausi von Salzburg hat sich
übrigens diesem Memorandum angeschlossen. Seit¬
her nennt sich unser Herr Außenminister nur mehr
„Wodka-Poldl", weil er sich ganz auf den Osten
umstellt.

Um sich bei den Ruski ganz besonders einzu¬
schmeicheln, hat der Poldl direkt von Moskau eine
Reihe „T 34" bestellt, damit unsere M... M...
ebensogut ausgerüstet sind wie die Mau Mau von
Kenya. Schwarz müssen sie ohnehin alle sein, vom
ersten General bis zum letzten Pfeifehdeckl. Die
Moskowitter sind damit

dös alte Graffl,

ihrer Tanks loswordn, und unsere Garderegimenter
toan do neamanden nix. Gefährlich werden sie nur
für unsere Mädchen, da erst kürzlich auf der Poli¬
zeikaserne neben der Klosterkaserne ein duftiges
Unterhöschen abgeliefert wurde, das auf einer Seite
ganz aufgerissen war. Der forsche Spieß, der es
zerriß, der Polizei blieb er ungewiß. Wie weit er
in seinem Vormarsch gekommen, darüber wurde
niemand einvernommen.

Eine furchtbare Geschichte, leider auch außen¬
politischer Natur, ist bei der Staatsoperneröffnung
mit dem amerikanischen Außenchef Dalles pas¬
siert. Als er am Samstag nach Wien kam, wollte
er nachmittags um

etliche tausend Dollars

Souvenirs kaufen. Aber die Geschäfte waren alle
geschlossen. Am Sonntag waren sie natürlich auch
geschlossen. Als er am Montag vormittag zum
Frisör gehen wollte -— auch geschlossen! So fuhr
der Dalies unrasiert nach Genf zurück. Und den
Wiener Geschäftsleuten blieb der Dalles. Statt
Dollar — do laar. Zu seinem Sekretär soll sich der
Dalles nach der Pleite der Viererkonferenz in Genf
dann in einem Interjuff folgend geäußert haben:
„Nach der Wiener Pleite nun auch die Genier

Pleite. Go home, Ami, welll Die Wiener Geschäfts¬
leute brauchen ja kein Geschäft, denn sie zehren
heute noch von der Marshallhilfe. Okay!"

Zum Trost für die entgangenen Geschäfte hat
unsere löbliche Tabakregie vom Königreich Wald-
brunner den Wienern wenigstens genügend „Smart"
zukommen lassn. Alles unter der Devise: „Wenn
schon kein Schmatt, so doch Smart." Dafür ver-
1 kaufn s' die heißbegehrten Stengel in Innsbruck
und anderswo unter der Ladenpudel.

Eine andere, ganz verzwickte Gschicbt ist bei der
Operneröffnung passiert, weil anläßlich unserer
Bundeshymne sich niemand von den Sitzen er¬
hob und bei der

ersten Defilierung
unserer M . . . M . . . niemand den Hut abnahm. In¬
folgedessen hat man eine Umfrage an die Bevöl¬
kerung losgelassen, ob wir mit unserer Hymne bei
der Preradorowitsch und beim Mozart bleiben solln
oder ob es nicht besser ist, wir kehren zur** „Gott
erhalte . . ." und zum Haydn zurück. Der Otto Hab-
koaburg von Alt-Ötting tut uns nicht mehr weh,
und das „Gott erhalte" kennen alle, die oan no von
der Monarchie her, die Jungen von 08/15. Den Test,
den unsere Bundesregierung erhalten wird, kön¬
nen wir schon jetzt voraussagen: „Es lebe unser
alter Franzi mitsamt dem Gefreiten A . sch."

Einen entsetzlichen außenpolitischen Wirbel hat
Tirol im vergangenen Sommer erlebt. Nicht etwa,
weü unsere „Gmiaserler" das ganze Obst vom Son¬
derabkommen in die anderen Bundesländer ver¬
kauft habn, sondern weil sich so ein kleiner Koope-
rator aus 'm Unterland unterstanden hat,
die „Heiligen vom Vomperberg"
vor dem Schwazer Bezirksgericht in ein ganz schä¬
biges Licht zu stellen. Er mußte sich sagen lassen,
daß dies auch Devisenbringer sind und daß man
gescheiter tut, wenn man die „reine Lüie" und die
fleischgfcwordene Liebe Gottes" in Ruhe läßt. Die