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Höttinger Nudl - unabhängige österreichische Faschingszeitung (1959)
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1/K6todcakeie>tovkact vom Höttinger Kirchturm

Das Forscherteam der Häuslraggler von Hötting
und St. Nikolaus, 263 Experten der Unter- und
Ueberdruckblutforscher aller jener, die bereits
am Wahlfieber leiden, der Radfahrer-Schnellig¬
keitsrekordsieger unseres löblichen Landesthea¬
ters, Exkaiser von Oesterreich und Kaiser von
Hötting, unser lieber Spieß Schmarndl, 165 vom
Ring mit ihren Parteifarbtiegeln, als Ehrengast
der kongreßfrohe Allerweltdelegierte (stellv.
Landeshauptmann) Seppl-Toni (Mayerl) haben
sich unter Vorsitz des Chefinhabers des Gasthofes
„Mondschein" am sinnigen Unsinnigen bei der
Tengler- Julie zur bedeutendsten Tagung dieses
Jahres versammelt.

1. Programmpunkt war:
Weltraumfahrt vom Höttinger Kirchturm

Der Allerweltsdelegierte Seppl-Toni sprach sich
sofort gegen die Tagesordnung aus. Er verlangte,
daß man vor Eingang in die Tagesordnung den
Piefke Chefkonstrukteur Berner von Braunhemd
einladen müsse, um seine persönlichen Erfahrun¬
gen sich zunutze zu machen. Wenn schon die Ame¬
rikaner auf den Hund gekommen sind und ihre
himmlische Sehnsucht nach gut 100.000 km immer
wieder im irdenen Tiegel unserer guten „Mutter
Erde" verglüht, dann könnten die Höttinger vor
solchen Rieseninvestitionen einer Mondfahrt nicht
ins Blaue hineinplanen wie unsere Landesregie¬
rung bei der Entrümpelung des Berg Isels. Hat
man da schon auf unseren weltberühmten Lands¬
mann Prof. Clemens Holzwurm verzichtet, so
können wir nicht ohne den Berner Braunhemd
starten, weil dieser bis heute noch keine Mond¬
rakete hinaufgebracht hat und wir auch nicht im
Ernst daran denken werden, von der jubelfest¬
umwitterten Höttinger Kirchturmspitze aus den
Mond zu erreichen.

Da hatte aber der Seppl-Toni die Rechnung
ohne den Wirt, gemacht. Der Mistgruabenraggler
Hansl fuhr ihm als erster Agrarexperte, denn
ohne Mist keine Ernte, damisch ums Maul. Er
sprach sich mit allem Nachdruck sogar für eine

bemannte Mondrakete

aus. Mit Recht verwies er darauf, daß diese Ra¬
kete tausendprozentig sicher den Mond erreicht,
wenn wir unsere Mondkälber mit ihr verschicken
— von den hohen Landesboten wollen wir gänz¬
lich absehen — , denn bis jetzt hat noch jede Kuh
ihren Stall gefunden. Warum sollten Mondkälber
nicht die Mutterkühe im Mond finden?

Dieser Vorschlag wurde auch nachdrücklichst
vom Kasermandl unterstützt, das auf seine Erfah¬
rungen auf der Höttinger Alm, auf dem Rausch¬
brunnen und in der Butzihütte verwies, wo auch
selten einer wieder aufgestanden ist, wenn er
zu sitzen kommen ist. Dösselbige gilt von unse¬
ren Politikern, die das Raumschiff kaum verlassen
werden, bevor sie nit allesamt auf dem Mond
gelandet sind. Ueberhaupt, wenn man ihnen eine
Mondpension verspricht, werden sie zu ihrer
„schuftigen" Pension auf der Erde kaum mehr zu¬
rückkehren. Uebrigens kriagn sie vielleicht dro¬
ben den

14. Monatsgehalt,

dann brauchen sie sich herunten für die öffent¬
lichen Angestellten und Beamten nicht mehr
lange einzusetzen. Zudem könnte man ja den
Tarif für die Raumfahrt um 100 Prozent erhöhen,
dann wäre mit dem ewigen Defizit der Bundes¬
bahnen der 14. Monatsgehalt für die Regiefahrer
sichergestellt. (Zwischenruf: „Die Regiefahrer
können leicht für eine Tariferhöhung eintreten.")
Der Seppl-Toni blieb unnachgiebig. Er stellte

erneut den Antrag, den Blechhauer von Amerika
und seinen Freund, den Tulli, der momentan Dünn¬
schieß hat, einzuladen. Ohne daß er die Begrün¬
dung aussprach, stimmten ihm die Raggier sofort
zu, weil sie durch den Dünnschieß des Tulli ein
neues Geschäft rochen. Bringt schon der Karnitz
35 Millionen Dollar aus dem Lande des Blech¬
hauers heim, so muß auch für die

Kanalisation von Hötting und St. Nikolaus

was herausschauen.

Seppl-Toni Mayerl begründete dann, warum
er den Blechhauer in die Kongreßstadt Innsbruck
einladen wolle. Vor der Raumfahrt müssen wir
wissen, wie die Sache in Berlin ausgeht. Es
könnte sonst leicht sein, daß uns der Rote Zar
Chruschplspitz unsere gut gestartete Mondrakete
abschießt, nachdem er bereits drei Sputniks im
Rennen hat. Bedauerlich wäre dabei, daß unser
lieber Wodka-Poldl (Fiegeles) dann in der Raum¬
rakete sitzt und den Chruschplspitz bei seinem
Gegenschuß nicht aufhalten könnte. Auf unseren
Freund Schnizler is ohnehin kein Verlaß (Zwi¬
schenruf eines Optanten: Südtirol!). Wenn aller¬
dings der Große Fritz noch in Potsdam regieren
würde, dann bräuchte man sich um das durch¬
löcherte Potsdamer Abkommen nicht jetzt sechs
Monate lang den Kopf zerbrechen. Sein Stiefel¬
absatz würde 1 den russischen Kolchosendreck
schon zsamdetschen.

Der weitere Verlauf der Debatte wurde vom
Schef der Kohlenhansa geführt. Inschenär Ru-
detzkianow setzte sich warm dafür ein, daß als
Treibstoff für die Mondrakete russisches Oel ver¬
wendet wird. Der schwarze Raabe vom Ballhaus¬
platz hat dem geizigen Handelsminister von So¬
wjetland gute

300 Millionen Liter

schwefelfreies Benzin abgeschwatzt. Mit diesem
billigen Treibstoff müßte der Start gelingen.

Sehr bedeutende Einwendungen wurden da¬
gegen erhoben vom Leiter des Alpenflughafens
Innsbruck. Er meinte, daß ein so wichtiger Start
nicht vom Höttinger Kirchturm und auch nicht
durch die Höttinger Schützen durchgeführt wer¬
den könnte, sondern, daß da zumindest der
Alpenflughafen Kranewitter — nicht zu verwech¬
seln mit dem Guri — eingeschaltet werden muß.
Im übrigen habe das erste Vorrecht auf diesen
Start die hochverdiente Oesterreichische Luft¬
verkehrsgesellschaft „AUWEH". (Zwischenrufer:
„Mit die glichnen norwegischen Maschinen werdn
mir nix ausrichten. Mit der SASS sitzatn mir
schiach do".) Der Flughafendirektor gab zu be¬
denken, daß die Wiener Herren ohnehin schwer
nach Innsbruck schiangln. Landeshauptmann Frei-
tschigg muß sich schwer auf seine Nauierer Hin-
terfüaß stellen, damit er gegen die Wiener Zen-
tralisten hochkimmt. Jetzt hobn s' uns erst 10 Mil¬
lionen für 'n Schützenaufmarsch 1959 spendiert,
zetzt werdn s' uns für die Rakeln kaum a Geld
gebn. Es sei übrigens sehr schwer, von der Pro¬
vinz aus ein solches Riesenunternehmen in die
Luft zu setzen.

In diesem Augenblick unterbrach der Vor¬
sitzende mit stürmischem Glockengeläute die er¬
regte Debatte. Der Wirt vom .Mond schein"
rülpste dreimal den Rötel wieder ans Ta eslicht
und verlas dann folgendes Telegramm- „landes¬
verteidigungsminister baron an die hohe Ver¬
sammlung stop

Start vom höttinger kirchturm gesichert

stop österreichische luftwaffe beherrscht den
luftraum stop zwei chruschplspitzjäger mit so-