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Höttinger Nudl - unabhängige österreichische Faschingszeitung (1964)
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Große Schatten voraus

wirft die Olympiade, aber noch längere wird sie
hintennadi ziehen. Manche werden nach neun Mo¬
naten sichtbar werden, manche wieder werden
noch länger anhalten.

Wenn die Generalproben auf den diversen Ge¬
bieten klappen, dann ist das ein schlechtes Vor¬
zeichen für die Aufführung. Hoffentlich klappt al¬
les zusammen.

Die Unterbringung der Gäste wird uns zu schaf¬
fen machen, und offen und ehrlich gesagt, wir kön¬
nen nicht verstehen, warum man die beim Brük-
kenpfeiler des Innstegs angeschwemmte Couch
und die Matratze entfernt hat. Hier könnte doch
ein spleeniger Amerikaner Olympiaquartier be¬
ziehen. Aber wahrscheinlich hat doch das OK die
im Laufe der letzten Jahre entlang des linken Inn¬
ufers abgelegten Bettenstellen und Matratzen ge¬
sammelt. Hoffentlich waren sie so weitsichtig. Für
die Brotversorgung arbeiten die Bäcker bereits
heute schon und backen Semmeln, die dann nur
aufgedämpft zu werden brauchen. Wie man hört,
sind die ersten olympischen Vorentscheidungen
in den Vorläufen bereits gefallen. Es gibt nur
mehr Hoffnungsläufe wegen der Wohnungen inr
Olympiadorf.

Große Ereignisse ziehen natürlich die Menschen
an, wie das Licht die Motten. Die Invasion hat
bereits begonnen und auch die Unterwanderung
aus dem Osten. Die Direktoren der einzelnen
Wintersport- bzw. Olympiaanlagen sind bereits
eingetroffen, und wie man hört, entwickeln sie sich
zu ihrer Zufriedenheit. Unsere Köpfe sind dafür
sicherlich zu klein geraten. In einem großen Kopf
sitzt ein größeres Gehirn. Die Tiroler sind dazu
prädestiniert, die ehrenamtlichen Posten zu beklei¬
den und sich Frostbeulen zu holen und rote Na¬
senspitzen.

Auch die Verkehrsprobleme werden durch Ein¬
satz verstärkter Organe geregelt. Wie man ver¬
nommen hat, wurden Verkehrsstauungen durch
den Einsatz moderner Geräte in Sekundenschnelle
behoben. Wir gratulieren zu diesem Erfolg. Hof¬
fentlich hält er auch während der Olympiade an.

Die großartigste Anlage ist jedenfalls die
Sprungschanze am Bergisel. Der Buchhof mußte
einfach verschwinden, damit es nicht etwa den
Springern einfällt, während der Pausen sich dort
zu stärken und sich Mut anzutrinken. Vom Sprung¬
turm aus hat man einen herrlichen Blick auf die
Stadt und auf den Friedhof, der die Springer war¬
nen soll, nicht so sehr auf Weite zu gehen, son¬
dern auf Haltung zu achten, wovon sich unsere
Politiker, die doch sicherlich Freikarten erhalten,
eine Scheibe abschneiden können. Allerdings mit
einer solchen Vorlage, würden sie gleich auf der
Nase liegen. Der Rücken darf nicht gekrümmt sein,
aber der Bauch muß eingezogen werden. Auf dem
Luftpolster müssen sie liegen, wie auf den Ta¬
schen der Steuerzahler, dann muß der Sprung ge¬
lingen. Und jetzt kommt der Aufsprung, mit ganz
weichen Knien, das wird euch Politikern doch nicht
gar so schwerfallen. Ihr habt das doch schon so
oft durchexerziert.

Das Elektronengehirn ist bereits in Innsbruck
eingetroffen. Es wurde im Lechtal erzeugt und von
den Raiffeisenkassen finanziert. Es soll in Sekun¬
denschnelle Ergebnisse errechnen, die von Beam¬
ten der Raiffeisenkassen in wochenlanger Arbeit
nicht bewältigt werden konnten. Nach Abschluß
der Ergebnisrechnung stellte man fest, daß man
sich ausgerechnet verrechnet hatte. Das Gehirn
bleibt in Innsbruck.

Für die Sicherheit der Massen brauchen wir
k.eine Sorge zu haben, weil Statistiker bereits er¬

rechnet haben, daß in Deutschland auf je 1000 Ein¬
wohner 1,9 Sicherheitsbeamte kommen, in Öster¬
reich 3,2 auf je 1000 Einwohner. Wir brauchen
also keine Angst zu haben.

Einen vorolympischen Rekord gab es im Eis¬
stadion bei der Abstempelung der Olympiamar¬
ken. Ohne Training erreichten die Postbeamten
hier wahrlich Meisterleistungen. Mit Schwielen
und Blasen verließen sie die Stätte ihres Wirkens,
denn bei der Post geht's sonst nicht so schnell. Die
Beamten hoffen nun auf Zuerkennung einer olym¬
pischen Prämie.

Abschließend möchten wir zum Ende kommen.
Das Olympiafazit wird wohl ein Defazit sein.

Und nun noch eins. Die Uniform, die wir sonst
ablehnen, ist für unseren Olympiakadaver (muß
wohl richtig Kader heißen) bereits von unseren
Modeschöpfern entworfen und soll neunteilig
sein. Von jedem Bundesland etwas Originelles.
Steirerhut, Unterhosen mit Vorarlberger Spitzen,
Binsen (Weisheit) aus dem Burgenland, aus Goi-
sern die Schuhe, aus Niederösterreich Wein-
Taschentücher für die Damen usw. Den Inhalt die¬
ser Uniform stellt dann Tirol beinahe zur Gänze.
Wien stellt die Knochenversicherungspolizzen und
die Direktoren.

Ein zweites Ereignis von ganz kolossaler Be¬
deutung dürfen wir nicht unbeachtet lassen. Un¬
sere Oper, mit der besonders wir Tiroler mit Inn¬
brunst hängen, wäre beinahe in einen Skandal
verwickelt worden. Wir können leider nicht sa¬
gen, der wievielte es war. Um eine Lappalie von
S 24.000. hat es sich gedreht, also gar nicht der
Rede wert, wenn wir an die hunderte Millionen
denken. Der Betriebsrad der Oper wollte einen
italienischen Einflüsterer nicht zu Wort kommen
lassen. Lind die Opera .DER BOEHM" fiel Ins

Wasser. Ja wenn so ein Rad oder nur ein win¬
ziges Rädchen nicht will, dann geht die ganze
Uhr nicht. Wir Tiroler waren ganz bitter ent¬
täuscht, daß die Aufführung abgesagt werden und
die wandelnden Christbäume wieder die häus¬
lichen Gefilde aufsuchen mußten. Wir finden es
einfach empörend, daß man einem italienischen
Einflüsterer die Arbeitsbewilligung versagte, wäh¬
rend acht Tage später die Aufführung trotzdem
ohne ihm stattfand. Wir haben doch sonst keine
italienischen Einflüsterer in Österreich, oder doch?
Nun war der italienische Salat fertig und er hat
gar nicht so richtig gemundet, weil er mit MAJO¬
RAN gewürzt war. Wenn wir die Wahl hätten
zwischen Wien und Karajan, dann würden wir
uns doch für den letzteren entscheiden.

Wie Sie bereits vernommen haben, erzielten
wir, in bezug auf Südtirol, in letzter Zeit ganz
große Erfolge. Wir möchten sie als Bombenerfolge
bezeichnen.

Die Befürchtungen, die man wegen der Europa¬
gedankenbrücke hegte, waren unbegründet. Bis
heute ist noch nichts passiert.

Die Hochspannungsmasten wurden rot-weiß-rot
gestrichen, damit man sie bei Nacht besser sehen
kann.

Die Umbrückler Alm hat in den letzten Jahren
einen Aufschwung erlebt, den man sich vor tau¬
send Jahren nicht träumen ließ. Es sind wieder
viele Rindviecher oben. Kleintiere fehlen. Man
bekommt nicht nur grauen Käse, sondern auch ein
graues Kasermandl mit Bart zu sehen.

Amerika hat sich entschlossen, festmontierta
Raketenbasen abzubauen und dieDollaris-Raketen
von U-Booten abzuschießen.

(Fortsetzung auf Seite 2)