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Höttinger Nudl - unabhängige österreichische Faschingszeitung (1967)
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Die österreichische

NATION

NACH STAMS

DIE »ÖSTERREICHISCHE NA¬
TION" trat am 26. Oktober dieses Jah¬
res, ungefähr 400 Mann bzw. Weib stark,
von Innsbruck aus den Marsch nach Stams
an. Die Palette der weltanschaulichen Fär¬
bung der Teilnehmer, vom Jungkumm uni -
sten bis zum Franziskanerpater, zeugt von
der Eintracht, die auch dadurch gewahr¬
leistet erschien, dafl Je eine Halbkompanie
Polizei und Gendarmerle in Zivil mitmar¬
schierte, sicher auch, um die freiwillig aus¬
rückenden Klelnvolderberger Schwerer¬
ziehbaren notfalls wieder einzulangen. Ob
die Teilnehmer wirklich eine so helle
Freude Ober die 200 Blasen an den Füßen
hatten (wie uns B. H. in der TT berichtete),
bezweifelt die „Höttinger Nudel". Auch
der Herr Majorarzt, der von den am Tage
vorher mitgemachten Feierlichkeiten noch
baufällig war und im „Sanka" hinterher¬
schnarchte, wird nicht sehr erfreut gewe¬
sen sein, nur Wasserblasen an den Füßen
zu Gesicht und Geruch zu bekommen. Er
beschloß denn auch, den zur Stärkung
schlappmachender Marschierer mitgeführ¬
ten Alkohol sich selbst einzuverleiben, vor
allem um die Geruchsnerven zu beruhigen,
welche die in Schweiß geratenen, blasen¬
verzierten Füße außergewöhnlich in Mit¬
leidenschaft zogen.

Selbst B. H. fiel es auf, daß sich die Tiroler
In den verschiedenen oberländischen Dör¬
fern nicht mehr einig über ihre Landes¬
farben waren und einmal rotweiß und ein¬
mal weißrot flaggten. Rotweißrot scheinen
sie überhaupt nicht geflaggt zu haben, was
vom schwachen Osterreichbewußtsein
zeugt, wie wir feststellen müssen, zumal
wenn wir auch zu lesen bekamen, daß auch
Ironie aus den Fenstern schaute.
Bedenklich erscheint dieser Aufmarsch der
.österreichischen Nation" im Hinblick auf
die gutnachbarlichen Beziehungen zu Ita¬
lien. Dieses denkt bei diesem »Marsch auf
Stams" naturgemäß an den »Marsch auf
Rom" des seligen Benito und wäre von
einem »Marsch nach Scharnitz" In nördli¬
cher Richtung mit seinen an die italieni¬
sche Landesfürstin gemahnenden Porta
Claudia beruhigter gewesen als von unse¬
rem Marsch, 35 Kilometer entlang der gar
nicht weiten italienischen Grenze — und
noch dazu nach Stams! Zum Unterschied

von den meisten geschichtelos erzogenen
Tirolern wissen die maßgebenden Italie¬
ner nämlich, daß Stams die letzte Ruhe¬
stätte der Tiroler Landesfürsten und ein
Nationalheiligtum Tirols ist. Das ge-
schichtskundige Italien ist aber hellwach
in seiner Bedrohung und sieht in jedem Ti¬
roler Nationalheiligtum, auch in einem den
Tirolern nicht mehr bewußten, eine Ge¬
fahr. Es weiß, Stams verdankt seine Ent¬
stehung einer deutschen Königswitwe,
noch dazu der Witwe eines Hohenstaufen¬
königs, die zu allem Überfluß als Witwe
einen Grafen von Tirol geheiratet hat und
was das Schlimmste ist — die Mutter
des Jungen Konradin war, der in Neapel
enthauptet wurde. Nicht umsonst daher die
antiösterreichischen Demonstrationen in
Neapel vor kurzem, wo mit dem bösen
Konradin auch sein österreichischer Freund
Friedrich hingerichtet wurde, sozusagen
die ersten Kriegsverbrecher unserer Ge¬
schichte. So sehen unsere italienischen
Nachbarn in diesem Österreichmarsch eine
pangermanistische Gefahr! Wer von den
Österreichmarscfaierern hätte das wohl ge¬
dacht? Ja, was haben sie sich überhaupt
dabei gedacht? Diese Frage blieb offen.
Als friedliche Bürger von Hötting erwar¬
ten wir von der österreichischen Bundes¬
regierung, in Sonderheit von Herrn
Außenminister Titophil Toncic, daß sie
derartige Unterstellungen dementiert und
dem Marsch der richtige Sinn gegeben
wird: als unbewußt in westliche Richtung
gezielte Absetzbewegung der Tiroler von
Wien, wie sie dem österreichischen Emp¬
finden des Normal-Tirolers entspricht Der
Normal- Vorarlberger denkt wohl an einen
»Gedenkmarsch nach Fußach". Diese revo¬
lutionäre Tat der westlich angrenzenden
Andersstämmigen hat die Tiroler verges¬
sen lassen, daß auch sie einmal ihr »Fu߬
ach" hatten. Im Jahre 1846 nämlich, als
die Völser ihre kaiserlich-königliche »Re¬
publik Völs" ausriefen. Wir vermerken
dies, um den Marschierern des nächsten
Jahres den weiten Weg nach Stams zu
ersparen und den Marsch nach Völs als
echt republikanisches Bekenntnis zu emp¬
fehlen. Getragen von dem Stolz aller Ti¬
roler, daß ein Tiroler Dorf 70 Jahre früher
als Osterreich Republik war.

Von der Liebe, von der Liebe zur Wahrheit
und van der Liebe unter den Völkern wollen
wir künden.

Wenn mein in der heutigen Zeit all das Liest,
was uns im Schrifttum, insonderheit im der
Presse aufgetischt und zu glauben vorgestellt
wird, dann muß man zur Erkenntnis gelangen:
„Wahrheit ist, wenn man trotzdem glaubt",
eine Formulierung, die uns an eine ganz ähn¬
liche erinnert, die da lautet: „Humor ist, wenn
man trotzdem lacht."

Je weniger der Memsen mit Bildung belastet
ist, um so natürlicher ist das gesunde Mi߬
trauen gegenüber der uns heute vorgesetzten

Wahrheit.

Diese so geschwollene Einleitung, die so gar
nicht im die „Höttinger Nudl" paßt, läßt den
Schluß zu, daß der Beruf — besser gesagt die
Berufung — als Höttimigei-Nudl-Redakteuir Bil¬
dung nicht ganz ausschließt, eine Bildung, die
aHerdümgs als typisch höttimgerisch bezeichnet
werden muß, was besagt, daß sie die Gehirn-
wimidungen doch nicht so verstopft, daß sie der
Wahrheitsfindung hinderlich ist.
Als gebürtiger oder getenntexbtimger (das
heißt im letzteren Falle als Inmsbrucker, der
sich zu Hötting und. zu seinem Geist bekennt
und dem Geist der Stadt der Philister ab¬
schwört) hat man Siran für die Wahrheit. Auch
wenn sie gelegentlich von der anderen Innseite
herüberkommt — selten genug ist dies der Fall,
— freuen wir Höttinger uns ehrlich. Wenn
aber von einem Innsbrucker Blatt ein Attentat
auf die Wahrheit als solches nicht nur erkannt,
sondern auch angeprangert wird, dann ist dies
für uns Höttinger ein besonderer Grund zur
Freude.

Wir bekamen da zu lesen, daß das für die
italienischen Finanzieri beschämende Unglück
auf dem Stein j och nach durchzechter Nacht in
»Damengesellschaft" in ein Sprengstoffattentat
umgemünzt wurde, um auf diese Weise rück¬
wirkend auch die beiden Telegramme Papst
Pauls VI. und des Präsidenten Saragat zu »veri¬
fizieren".

Es muß also dort auch ganz griabig zuagangen
sein, denn sonst hätte .der General nicht so ge¬
weint, weil er sich so geschämt hat", wie ein ita¬
lienischer Journalist festgestellt hat Wahrschein¬
lich war er von Neid beseelt, welche Eigenschaft
selbst in Italien wahrheitsfördernd zu sein
scheint

Es ist aber zu erwarten, daß in einiger Zeit
der enttäuschte Journalist bei der Enthüllung
des Heldendenkmales auf dem Stein j och als Be¬
richterstatter und Besinger heldischen Lebens¬
einsatzes gegen den Terror der Tiroler Bumser
wieder zugelassen ist Leider sollen nur die

mänmMchen Helden auf diesem Denkmal ver¬
ewigt werden, wie verlautet, um die weiblichen
Opfer dieser sexgeladenen Feuerzangenbowle
mit Knalleffekt nicht bloßzustellen.
Wir Höttinger sind aber Kavaliere und möch¬
ten daher vorschlagen, daß von italienischer
Seite auch des heldischen Einsatzes der Damen
gedacht wird, und zwar in der Weise, daß man
der örtlichkeit des heldischen Geschehens einen
sinnvolleren Namen gibt. Wir wissen nicht, ob
Tolomei sich seinerzeit auch der Umbenennung
des Steinjocbes angenommen hat, wir fürchten
fast, daß er dieses übersehen hat. Freilich
konnte er nicht vorausahnen, welche Helden¬
tat kn Jahre 1966 dort passieren würde. Und
so schlagen wir Höttinger, als sprachgewaltiges
Volk bekannt, die Umbenennung des Stein jo-
ches in „MONTE VENERE" vor, zu deutsch
„Veniusberg", benannt nach der Göttin der
Liebe, welche ja die italienischen Finanzieri so
in Liebestollheit versetzte, daß alles, d. h. Heai
und Haus, Munition und Mann und Mauser
(innen) in die Luft flogen.

Die Benennung nach der Liebesgöttin möge
auch der Liebe unter den Völkern förderlich
sein, wie sie ja auch vom Heiligen Vater in die¬
sem Falle beschworen wurde, deren Grundlage
allerdings die Wahrheit sein sollte, die zudem
von beiden Seiten im gleicher Weise gedeutet
werden sollte, wie wir Höttinger glauben.
Abschließend sei der Leidtragenden vom
MONTE VENERE ein gut höttömgerisches R. I. P.
nachgerufen, was sonst in der Welt die Abkür¬
zung für „Requiscat in pace" ist, in diesem Falle
in höttingerischer Ubersetzung „Rumple ins
Paradies" heißen soll. Bis zur österreichischen
Bundesregierung ist die in dem Tiroler Blatt
angedeutete Wahrheit allerdings noch nicht
gedrungen, was nicht sehr für die Publizität
dieses Blattes in Österreich spricht. Sie zog
darum auch aus diesem Attentat auf die Wahr¬
heit im Falle Monte Venere die echt österrei¬
chtische Lehre und entschuldigte sich auf der
Stelle.

Wir Höttinger schlagen aber (weil hier von
Liebe und Liebedienerei dfte Rede ist) einen „Roten
Draht", trotz der schwarzen Regierung, zwi¬
schen Rom und Wien vor, damit sich die öster¬
reichische Bundesregierung bei irgendeinem
Unfall „ä la Monte Venere" und auch in ähn¬
lich gelagerten Fällen (Eifersuchtsmorde) na¬
mens des ganzen österreichischen Volkes pro¬
phylaktisch im vorhinein entschuldigen kann.
Dabei würden wir auch noch dazu raten, den
Roten Draht mit Zapfstellen für die an der
italienischen Riviera gelegenen Sommers itze
unserer österreichischen Minister einzurich¬
ten, falls steh dieselben dort gerade von ihrem
österreichischen Nationalgefühl erholen sollten.

Auf Grund meines chronischen
Geldbedarfes war...

ich gezwungen, meinen (bzw. meinet Mutter ihren)
Waldteil abzuholzen bzw. abzuschlagen. Dieser
Kahlschlag hat sich aber als Tiefschlag gegen
die Forst- und Försterinteressen herausgestellt
und wurde mir so wie meine früheren Tief- und
sonstigen Schlägereien nicht nur schlecht hono¬
riert, sondern unverständlicherweise auch übel
vermerkt. Ich kann daher am abgeholzten Wald¬
teil, gleich meinem ehemaligen Grund vor mei¬
ner Haustüre, keine Freude mehr finden und
möchte daher denselben ehestens als Baupar¬
zelle preisgünstig an Bestbieter verkaufen. Un¬

ser Höttinger Kauf- und Verkaufsduo' leidet
aber derzeit unter verschiedenen Depressionser¬
scheinungen (Störungen seelischer und finanziel¬
ler Art), so daß dieselben, obwohl anders ge¬
plant, von vornherein als Kauf- bzw. Ver-
pflanzungsin ter essen ten ausscheiden.

Als solider, vor allem aber friedfertiger Bürger
von Format, der immer die Fahne der Tradition
hochhält, erbitte ich nur ernstgemeinte Zuschrit¬
ten unter dem Kennwort „Ehre, wem sie ge¬
bührt'.

NS. Zucht- und Stiegenhäusler sowie Karner
oder Vorbestrafte werden nur meinen heiligen
Zorn erwecken und nach meiner bewährten
Methode behandelt.

nilllllllllllliilliiiiiiiiiiiiiiiiiminniianniiii imi i m

Fortsetzung von Seite 1

der Arbet do sein wieder andrl do. Dös isch
die Arbeitstoolung und die Rationalisierung. Es
muaß ja für all «M Leit göbn. Insri Politruk dös
sein schon so richtigi Zauberer. In Sunntig wo
die Einweihung der Kapelln war, hob i zwoa
gsögn, dö sein mit der Hafelekarbahn in Zivil
auigfohrn, und wia i ti obn gsöchn nun, sein si in
Schirznunifurm gwösn. Ober so lang sie nur die
Kluft wexln geahts no, ober wenn sie, na du
woascht schun wos i sogn will. Ober es isch alles
tchun amol do gwösn. Wos sog i oanmol? a
poormol schon, in kurzer Zeit. Ja, to a Kufer,
dear hat viel Platz, zur Noot hat er o no Platz
fOor die Gesinnung.

No eppes muaß i önk sogn, dös ganz wichtig
isch und i hätts bald vergößn. Bei der Fuierwöhr
isch der Tipplbua auströtn, weil sie in Kumman-
dantn so schöbig behandelt hobn. Do isch der
Tipplbua augschtondn und hat gsagt, daß sie
iahm kanntn, wenn sie nur wolltn. Obe. do isch
ja nix draus woam. Dö Einladung hobn sie oan-
fach nit ungnommen.

Warum dieSchitzn's 170|ährigi und nit 's 175jäh-
rigi gfeiert hobn, isch miar nit bekannt. I moan
halt, daß sie a Geld Vaucht hobn. Ob sie drau-
zohlt oder a Defizit ghabt hobn, dös mecht i a
wissn, und i wear schun no derhinferkemmen,

Und no a Neigkeit muaß i önk derzöhln, stöllts
önk voar, die Hanni hat ihm Pidkl nimmer und
fohrt mit an Auto. Heacher geahts wirklich nim¬
mer. Wear hat si dös dönkt, daß die Gschpualn
föar die Fackn mitn Auto gfiohrt weard. Der-
barmt hat er miar ?chon alm der Gaul, wenn
er gschwitzt und dampft hat as wia a Dampfroß,
wenn er mitn Wogn Ober die Gassn aui isch.
Afn Höttinger Bild obn, do machn die Turner
an Sportplatz. Sie trainieren recht fleißig, nur
miaßn iahneri Knochn a bißl störcher wearn, in
die lötschtn Johr hats Brich und Verschtauchun-
gen in Massn göbn, ober seit sie sich af alkohol¬
frei umgschtöllt hobn, sein die Verschtauchungen

und Brich ausbliebn. Wia dear Alkohol decht die
Knochn wooch gmacht hat, man mechts gor nit
glabn.

Wo bleibt denr. insri Kapelln bein Groaßn Gott
außn? ös Höttinger Gemeinderät, ja habts ös
überhaupt nix meahr zun rödn. Wia i gheart
hun, sein schun Tausendi Unterschriften <jsammlt
woarn. Dös isch eigentlich 's zwoati Volks»
begehrn in öschterreich. 's erschti weard iatzt
nachher bald erlödigt sein, und mitn zwoatn kön¬
nen unsri Nachkömmen rechnen. I muaß oft an
dön Schpruch dönkn: „Und isch die Jungfrau noch
so schteil, a bißl wos geaht allaweil." Und iatzt
pfiat önk bis zun nägschtn Mol.