/ 4 pages
Höttinger Nudl - unabhängige österreichische Faschingszeitung (1971)
Search


Umzug der Höttinger Faschingsgilde am 14. Februar 1971, Beginn: 13 Uhr
Umzugsweg : Riedgasse-Schmelzergasse-Innstraße-Marktgraben-Herzog-
Friedrich-Straße -Alte Innbrücke -Höttinger Gasse

! 1 ! Der einzige Faschingsumzug, der ohne öffentliche Subventionen durchgeführt wird t ! I

I Die Sexual-
demokratin

Ein Teenager im modernen Stil,
Der tut nur das, was er grad will.
Steht ihm nicht nach dem Minirock,
Greift er zum schlotternden Maxi-Look.
Repräsentativ will sie erscheinen
Vom Zottelhaar bis zu den Beinen,
Trägt gerne Riesen-Sonnenbrillen,
Die noch einen andern Zweck erfüllen:
Ersetzen tun die bei „Maxi" und „Mini"
Notfalls das Oberteil vom Bikini.
Die Augenbrauen scharf gezogen,
Schlitzaugen der Mitwelt vorgelogen,
Dazu grünblau schillernde Augenlider,
Verlängerte Wimpern, die immer wieder
Verheißungsvolle Blicke decken,
Um männliche Begier zu wecken.
So aufgetakelt zieht aus sie dann,
Um sich zu angeln einen Mann.
Auch schlürft sie Wodka, Whisky, Gin
Und macht sich langsam durch Rauschgift
hin.

Denn Marihuana und Haschisch
Sind Leckerbissen für so einen „Backfisch".
Pardon! — Sexbombe nennt sie sich heut,
Sieht mitleidig herab auf andere Leut.
Das Arbeiten liegt ihr freilich nicht,
Auf „Partys" zu flirten ist für sie Pflicht.
Sie ist Vorkämpferin der Sexualdemo¬
kratie,

Das „Süße Leben" ist ihre Ideologie.
Erst wenn sie dann gar nicht mehr kann,
Wünscht sie sich einen Ehemann.
Der Mann wendet sich aber ab mit Graus
Und sagt: Geh Du in's Hurenhaus!

Stoßgebet der
Sünderinnen

Maria hilf! — so klang's im Chor
Der frommen Beter einst empor.
Doch heut, bei deutlicher Gebärde,
Sirenenklänge aus der Herde
Der Beterinnen nur ertönen,
Glutäugig locken diese Schönen:
Komm Herr, denn es will Abend werdenl
Hin zieht's den Herrn mit tausend
Pferden.

Indessen paßt am Tisch beim Wirte

Der Zuhälter als Seelenhirte

Und der kassiert von ihr Moneten,

Die sie vom Herrn sich hat erbeten.

Gibt sie die nicht, bekommt sie Hiebe.

Maria hilf! Nicht wahre Liebe

Ist dieses Treiben enterm Inn!

Versteht ihr, daß erstaunt ich bin?

ORF-Programm

ist weder heiß noch kalt, ja nicht einmal pacherl-
warm.

Sie fragen an, ob wir nicht eines Tages von den
vielen Beamten aufgefressen werden?
Wir können Sie ganz beruhigen, denn wir sind
der Ansicht, daß sich eines Tages die Beamten
gegenseitig auffressen werden.
Sie fragen, ob wir richtig regiert werden? Selbst¬
verständlich, wir haben ja eine ROT-INIERTE
Regierung.

Kauft steuerbegünstigte Wertpapiere!
Es lohnt sich wirklich für den Staat. Sollte eine
Inflation kommen, sie haben immerhin, den Pa¬
pierwert des Wertpapieres. Der Unterschied ist
nicht so groß, als man allgemein annimmt. Es
sind doch nur zwei Worte vertauscht.

WIR FORDERN

auf Grund unserer bisher gezeigten Leistungen
(Scheiben einschlagen, Auto anzünden, den Pro¬
pheten auf die Pulte scheißen usw.)

1. Pro Studienjahr 1 kg Haschisch

2. Pragmatisierung bei Studienbeginn

3. Für jeden Studenten, der weiter als 100 Schritte
von der Uni wohnt, ein Auto

4. Nach Beendigung des Studiums Vermittlung
eines Postens im Ausland

5. Sollten unsere berechtigten Forderungen nicht
erfüllt werden, hängen wir das nächste Mal
rote statt schwarzen Fahnen aus.

6. Jeder Student erhält einmal im Jahr eine
studentische Tracht. (Wie wäre es mit einer
Tracht Prügel? Anm. d. Red.)

7. An Stelle von Philosophie fordern wir Porno-
grafie.

Achtung! Achtung I
Programmänderung beim ORF

Auf Grund von zahlreichen Zuschriften bringt der
ORF an sieben Tagen der Woche die Sendung:

„ES TUT UNS LEID" '
(uns auch, die Red.)

Schulreform!

Der neue Stundenplan sieht eine Änderung vor,
und zwar entfällt die Geographiestunde, an de¬
ren Stelle eine Pornographiestunde eingeführt
wird.

Ganz Österreich kennt nur mehr ein Problem l
Soll man eine alte Jungfer mit Frau oder Fräulein
ansprechen? Mit diesem Problem beschäftigt sich
Frau Wondrack Tag und Nacht.

Aus Wien erreicht uns die Meldung, daß in
nächster Zdit mit der Gründung des Vereines der
Hölzlbeißer zu rechnen ist. Er wird sich in zwei
Hauptgruppen gliedern, und zwar: a) politische}
b) unpolitische. Hauptsächlich dürfte es sich um
die in Punkt a) genannten handeln.

OJ3OOOOOOOOO0OO0O0OOOOOOOOO0OOOO

Unsere Denksportecke

W<iagrecht: 1 Höttinger Riechorgan; 2
Höttinger Insekt; 3 Höttinger Lapp; 4
Höttinger Depp

Bei richtiger Auflösung ergeben die vier
Anfangsbuchstaben, senkrecht untereinan¬
der gelesen, den Titel eines Weltblattes.

DER LESER FRAGT DIE NUDL ANTWORTET

Die jahrelangen Bemühungen der
Kulturredaktion der »Höttinger
Nudl" haben endlich Früchte getra¬
gen: Prof. Paul Florl wurde vom
Landeshäuptling Knierat Edi und
Landeskommandant Major Hofrat
Schuster wegen seiner Verdienste
um das Tiroler Schützenwesen zum
Ehrenschützenhauptmann ernannt.
Entscheidend für diese Ehrung war
nicht zuletzt das nebenstehende
Selbstbildnis des Künstlers, das ihn
mit einem aufrechten Landsmann
(links) und einem liegenden Bay¬
ernfranzosen (rechts) zeigt und das
die „Nudl" zur Erstveröffentlichung
erhalten hat.

Großer Erfolg
der Nudl 70« «

Die Innsbrucker Stadtverwaltung
hat sich auf Grund des Nudlberich-
tes vom Vorjahr bereit erklärt,
ihren Bürgern wieder eine weih¬
nachtliche Straßenbeleuchtung zu
bescheren und die finanzielle
Hauptlast zu tragen, nachdem sich
die total verarmte Kaufmannschaft
der City außerstande erklärt hat,
den Innsbrucker Konsumenten ein
weihnachtliches Licht aufgehen zu
lassen.

Leser: Ist es wahr, daß den Staatsbesuchern un¬
serer Landesmetropole als Gegengeschenk für
die angeschleppten Pretiosen immer nur das
Jahrbuch der Stadt Innsbruck überreicht wird,
was wir kaum zu glauben wagen, weil es auf
Sparsamkeit schließen läßt?

Nudl: Ja, es stimmt, die Sparsamkeit geht sogar
soweit, daß auch alte Jahrgänge des Jahrbu¬
ches ausgegeben werden, falls das laufende
vergriffen ist.

Leser: War die Teilnahme des Landeshauptman¬
nes bei der Einweihung des AGIP-Rasthauses in
Matrei und die Einsegnung desselben durch
den Landeshofkaplan als „Kot-Tau" vor der
Eröffnung des „Paketes" gedacht?

Nudl: Nein, denn die Aktienmehrheit der AGIP
gehört nicht Italienern, sondern Seiner Heilig¬
keit, der ja bekanntlich kein Italiener, sondern
ein Vatikaner ist. •

Leser: Warum hat man in der Mensa die Küchen¬
einrichtung erst nach der Eröffnung eingebaut?

Nudl: Um den Appetit der Studenten zum Wahn¬
sinn zu steigern, auf daß es ihnen kritikloser
munde.

Leser: Ist es wahr, daß unser Bürgermeister bei
einer Jagdfahrt im Auto auf die Höttinger Alm
im heurigen Herbst beim Siegestrunk nach Er¬
legung der weißen Gams eingeschneit wurde,
das Auto oben stehenlassen und sich durch
den hohen Schnee talwärts und nüchtern waten
mußte?

Nudl: Ja, das ist wahr, ist aber für den alten
Gams jager kein Problem. Ihm widersteht nicht
einmal die Martinswand, wie weiland Kaiser
Max.

Leser: Warum hat man den grifflustigsten Landes¬
politiker entlassen und in die Austragskammer
verbannt?

Nudl: Von Verbannung kann keine Rede sein, er
kann auch dort greifen.

Leser: Warum hat das neugebaute Höttinger-Alm-
Hotel keine sanitären Einrichtungen und keine
funktionierende Wasserleitung im Haus?

Nudl: Auf der Alm da gibt's koa Sünd, a koa
Bausündl Außerdem soll ja der dafür vor¬
gesehene nahe Stall ein almmäßiges Komfort¬
gefühl vermitteln, welches gefördert werden
soll.

Leser: Warum konserviert man beim Kongre߬
hausbau mit viel Geld das alte Innere und ver¬
ändert gerade die Außenansicht? In anderen
Städten läßt man doch die alten Fassaden
stehn und baut das Hausinnere zeitgemäß aus.

Nudl: Den Tiroler Architekten kommt es nicht auf
Äußerlichkeiten, sondern auf das Innenleben
an — und in das lassen sie sich nicht gerne
hineinschauen. Darum wurden auch die Fen¬
ster der Kongreßhausfassade zugemauert.

Leser: Stimmt es, daß das in Hötting heimisch ge¬
wordene akademische Corps der Atheisten

dank des postmortalen Einwirkens des wunder¬
tätigen und seliggesprochenen Bischofs Ketteier
seinen gottlosen Grundsätzen untreu gewor¬
den ist?

Stimmt es auch, daß dieses Wunder für die von
den Corpsstudenten beantragte Heiligsprechung
des Seligen ausreicht?

Nudl: Die erste Frage ist zu bejahen, das Corps
wurde in der Tat durch wundersames Einwir¬
ken seinen Grundsätzen untreu und hält in
seiner Hauskapelle stille Andachten ab. Die
zweite Frage ist zu verneinen, da unser Landes¬
bischof wunderbare Bekehrungen von Corps¬
studenten durch einen Seligen, der selbst Corps¬
student war, als Protektionswirtschaft empfin¬
det und außerdem Wunder, die von Auslän¬
dern in seinem Bereich gewirkt werden, nicht
anerkennt. Er vermeidet es daher auch ge¬
flissentlich, bei seinen Abendspaziergängen
über das Pensionisten jöchl bei seinem seligen
Bischofskollegen in Schöneck zuzukehren. Er
ist ihm böse, daß er, der als Student im Duell
seine Nasenspitze verlor, jetzt diese Nasen¬
spitze in seinen Hirtenbereicht steckt und Be¬
kehrungen an unwürdigen Böcken seiner Schaf¬
herde praktiziert hat. Das Corps wird sich an
den Heiligen Stuhl wenden müssen.

Leser: Warum ist die ÖVP weiterhin für die
neunmonatige Wehrpflicht?

Nudl: Die OVP, die nach dem Linkstendieren der
r. k. Kirche in Österreich deren Rolle als mora¬
lische Anstalt übernommen hat, will durch die
neunmonatige Wehrdienstzeit die Präsenzdie¬
ner, die in den Garnisonen oft ein ausschwei¬
fendes Leben führen, zwingen, Farbe zu be¬
kennen. Es soll so die weibliche Bevölkerung
Gelegenheit haben, Maßnahmen zur Feststel¬
lung der Vaterschaft ergreifen zu können.

Leser: Stimmt es, daß beim Altstadtfest anläßlich
der 300-Jahr-Feier unserer Universität Frau
Minister Firntal als „Alma Mater" im Claudia¬
saal auf dem Schoß von Herrn Professor Anderl
betroffen wurde?

Nudl: Das stimmt keinesfalls, denn Frau Minister
Firntal hätte sich nie in ein Weihrauchfaß ge¬
setzt, selbst wenn sie, wie alle Teilnehmer, be¬
trunken gewesen wäre.

Leser: Stimmt es, daß die Zuhältergewerkschaft
von Mariahilf um Polizeischutz gegen die Kon¬
kurrenz von St. Kotleiten ersucht hat, von der
sie sich bedroht fühlt?

Nudl: Nein! Ganz im Gegenteil! Die beiden
Gruppen haben ihre Bienenweiden zu einer
Arbeitsgemeinschaft (offizieller Name: Imkerei¬
genossenschaft Anbruggen) zusammengeschlos¬
sen. Gerauft wird trotzdem, aber meist mit den
Bienen — und das unter Polizeiausschluß,
oder im Schutz von Polizisten, die Bienenlieb¬
haber sind.