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[1992-04] Dorfzeitung Inzing Nr.26 (1992)
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Editorial

Werte Leserin,
werter Leser!

1992 war ein Jahr der großen Ereignisse.
Seit März wird unser Dorf von einem neuen,
jungen Bürgermeister geführt. Mit viel
Schwung, viel Einsatz und mit
dem Versuch, mehr Menschen
an der Dorfpolitik teilnehmen zu
lassen.

Im Gemeinderat sitzen, bis auf
drei, alles neue, zum Teil sehr
unerfahrene Gemeinderätinnen
und Gemeinderäte. Doch auch
diese Gruppe von 15 Frauen und
Männern versucht die Geschicke
des Dorfes nach ihrem Wissen und Können
zu führen.

Außerhalb des Dorfes gibt es vor allem ein
Ereignis, das uns unfaßbar den Kopf schüt¬
teln läßt: Der grausame Bürgerkrieg im
ehemaligen Jugoslawien. Die dort zum

FLÜCHT¬
LINGE

IN
INZING

Alltag gewordenen Greueltaten sind für die
meisten von uns unvorstellbar. Als sichtba¬
res und spürbares Ergebnis dieses Kriegs¬
wahnsinns sind ca. 2,5 Millionen Menschen
auf der Flucht.

Nicht, weil es ihnen woanders besser geht.
Sie flüchten vor mordenden, vergewalti¬
genden und plünderndten Banden.
Hunderttausende Frauen mit ihren minder¬
jährigen Kindern trennen sich von ihren
Familien, Männern, Söhnen, Eltern und
Heimatgemeinden, um nicht Op¬
fer von Todesschwadronen zu
werden.

Weihnachten ist die Zeit der Her¬
bergsuche. Des Besinnens. Der
Einkehr. Und auch die Zeit des
Eingestehens, daß wir im Über¬
fluß leben und dadurch auch fähig
sind zu geben.

Ein kleines Stück der Folgen die¬
ses Kriegsgeschehens hat in Inzing Herber¬
ge gefunden. Eine Frau mit ihren 3 Buben.
Sie verbrachten den Herbst im Jugendheim
und haben Ende November Aufnahme in
, die Ferienwohnung einer Inzinger Familie
gefunden.

Eintausendfünfhundert Schilling pro Kopf
bekommt die Mutter pro Monat, um das
Leben in unserem Dorf bewältigen zu kön¬
ne. Doch es fallen immer wieder weitere
Ausgaben an.

Bitte geben Sie sich Mut und helfen Sie
diesen Menschen. Erlagscheine finden Sie
in den Inzinger Bankinstituten. Das Konto
lautet: FLÜCHTLINGSHILFE INZING.

Intern

Vier Nummern der Dorfzeitung wurden im
vergangenen Jahr produziert. Allen Mitar¬
beiterinnen und Mitarbeitern ein herzliches
Danke ßr das Geleistete.

Ihnen, werte Leserin, werter Leser flr die
Treue zur Dorjzeitung ebenso ein Danke
von Herzen.

Allen Freunden und Mitarbeitern ein be¬
schauliches und gedankenreiches Weih¬
nachtsfest , verbunden mit der Hoffnung auf
ein Wieder-"lesen" im Jahr 1993 wünscht
im Namen des Redaktionsteams

Bernhard A. Ernst.

LESERBRIEFE

Ein paar Gedanken

zur Blumenschmuckbewertung

Ich habe mich schon öfters gefragt, ob die
Blumenschmuckbewertung, die seit vielen
Jahren durchgeführt wird, überhaupt noch
sinnvoll und notwendig ist. Zum Einen er¬
folgt die Wertung ca. Mitte Juli und das
Ergebnis wird erst zwei Monate später
bekannt gegeben, wenn sich die Verhältnis¬
se oft total geändert haben. Jene Blumen,
die im Juli ihre schönste Blütenpracht zeig¬
ten, sind naturgemäß jetzt nicht mehr so
prächtig, die anderen hingegen, die damals
erst im Kommen waren, stehen jct/t. zwei
Monate später in voller Blüte. Außerdem ist
oft viel zu wenig bekannt, nach welchen
Kriterien benotet wird. Wie Frau Thum-
bichler in der letzten Dorfzeitung ganz rich¬
tig schreibt, heißt es nicht nur blühendes,
sondern auch grünes Tirol bzw. Inzing. Also
wird auch das Umfeld des Hauses berück¬
sichtigt. So sollte es wenigstens sein, was
ich allerdings bezweifle. Denn wenn nicht
mehr so viel Zeit vorhanden ist, daß man zu
Fuß durch die Straßen geht und in die Gär¬

ten schaut, wird eine gerechte Bewertung
schwierig sein.

Blumenschmuck und Gartengestaltung ist
auch Geschmacksache, was sicher positiv
ist, denn sonst wäre es ja überall gleich. Und
wenn einmal jemand etwas pflanzt, das nicht
unbedingt in unsere Landschaft paßt und
meistens früher oder später doch wieder
eingeht, so finde ich das harmlos im Ver¬
gleich zu den Bausünden, die oft bei uns
gemacht werden und jahrzehntelang unser
Land "verschönern."

Noch ein Letztes. Wenn schon bewertet
werden muß, würde ich vorschlagen, daß
die Namen in alphabetischer Reihenfolge
aufscheinen, das würde so manchem Groll
den Wind aus den Segeln nehmen. Ich bin
überzeugt, auch ohne Blumenschmuckbe¬
wertung würden in Inzing genau so viele
Häuser geschmückt, denn nur wer die Ar¬
beit aus Freude an den Blumen auf sich
nimmt, hat auch Erfolg.

Herta Haslwanter

Mit Vergnügen habe ich den Leserbrief zu
meiner vorletzten Kolumne gelesen, in der
ich unter anderem der SP-Fraktion vorge¬
worfen habe, keine Frau für den Gemeinde¬
rat nominiert zu haben.
Herr Sergio Grüner wehrt sich nun gegen
meine Sichtweise, und so könnte sich noch
eine Korrespondenz mit gewissem Unter¬
haltungswert ergeben.
Womit Sie natürlich recht haben, ich lese in
der Tat lieber Theaterstücke als das Ge¬
meinderatsprotokoll. Es tut mir also leid,
der SP unrecht getan zu haben, ich habe
mich lediglich auf das akustisch Vernehm¬
bare bei der von mir besuchten Gemeinde¬
ratssitzung bezogen.

Eine große Freude habe ich allerdings mit
den Bezeichnungen Ersatzfrau und erste
Ersatzfrau nicht. Als unersättliche Emanze
bin ich erst zufrieden, wenn die Hälfte des
Gemeinderates weiblich ist.
Ihr guter Rat, "Schusterin bleib bei Deinem
Leisten!" freut mich besonders, so ist doch
wenigstens mein Hinweis auf weibliche
Sprachformen angekommen. Es ist immer
schön, nicht ignoriert zu werden. Also be¬
sten Dank für die Rückmeldung.

Margit Drexel

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Dorfzeitung

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