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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.11 (1885)
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Nr. 5

MITTHEILUNGEN des D. u. Ö. A.-V.

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Anschluss an die Hauptlinien des allgemeinen Verkehrs be¬
sitzt. Beispielsweise sei erwähnt, dass der Schafberggipfel
bequem in lB x / 2 Stunden von Wien aus erreicht wird. Im
Jahre 1884 wurde derselbe bereits von mehreren Hundert
Touristen benützt, und auch die Kaiserin von Oesterreich
wählte denselben, als sie im Augast den Schaf berg besuchte,
zum Abstieg.

Unterkunftshaus in den karnischen Alpen.

Die Section Gailthal in Hermagor beabsichtigt den Bau
eines Unterkunftshauses imNassfeld nächst der Watschiger-
Alpe, an dem vom Gailthale nach Pontafel führenden Saum¬
wege. Diese Hütte würde für Touren auf die Auernighöhe
1845 m, Gartnerkofel 2981 m, Kosskofel 2234 m, Trog¬
kofel 2271 m, Hochwipfel 2189 m, Paludnig 2002m u.
v. a. äusserst lohnende Punkte von grosser Bedeutung
werden. Die erwähnten Gipfel bieten prächtige Aussichten,
die ganze Gegend ist reizend und insbesondere für Botaniker
eine reiche Fundstätte. (Auf dem Gartnerkofel die seltene
Wulfenia Caririliiacat.)

Hütte auf der Jungfrau Einer Notiz des Hrn.
Ph. C. Gösset im Alpine Journal Nr. 87 zufolge wird
der Bau einer Hütte auf der Jungfrau an der Westseite
gegen • Roththal zu geplant, und zwar etwa 40 Fiiss unter
der Höhe der letzten Felsen, welche noch aus dem Schnee
herausragen. Um eine Plattform zu gewinnen, müssen diese
Felsen abgesprengt werden. Die Baukosten der Hütte,
welche zwei Stockwerke erhalten soll, sind mit 400 Pfund
veranschlagt und sind bereits 700 Frcs. eingegangen.

Führenresen.

—. Herr Franz Höller in Karlsbad theilt uns mit,
dass die Folgen der Verletzung, welche Gaber Spech-
tenhauser zu unser 1. Frau in Schnals, bekanntlich einer
der ersten Bergführer unseres Alpen gebiete s, durch einen
Axthieb in das Kniegelenk im Jahre 1883 sich zuzog,
derartige sind, dass derselbe nach dem Ausspruche mehre¬
rer Aerzte für grössere Gebirgstouren nie mehr tauglich
wird. Der C.-A. hat demselben aus dem Vereins vermögen
eine Unterstützung von 50 fl. zugewiesen, ihm eine von
Hrn. F. Hol ler übersendete Spende von 5 fl. übermittelt, und ist
bereit, weitere etwa für diesen verdienten Bergführer einge¬
hende Spenden ihrer Bestimmung zuzuführen.

Verkehr und Unterkunft.

Bahn Reichenhall-Berchtesgaden. Die Baie-
rische Handelsbank hat sich an die Spitze eines Consor-
tiums gestellt, welches den Bau einer normalspurigen Eisen¬
bahn zwischen Reichenhall und Berchtesgaden beabsichtigt.
Der Bau (Kosten 3 Mill. M.), soll mit Beginn des Früh¬
jahres in Angriff genommen werden. Es wird auch beab¬
sichtigt, die Eisenbahn von Berchtesgaden nach Salzburg
fortzusetzen und zu diesem Zwecke eine Actien-Gesellschaft
zu bilden. — Bekanntlich besteht auch das Projekt, eine
Dampftramway von Salzburg nach Berchtesgaden zu führen,
und hat der Concessionär neuerlich Schritte eingeleitet, um
wenigstens die Linie Salzburg-Landesgrenze auszubauen.

Felbertauem-Balin. Die Petition der Gemeinden
des Bezirkes Lienz-Windischmatrei um die Herstellung die¬
ser Bahn ist im Drucke erschienen. Die Länge dieser
Linie Spital-Lienz-Felbertauern-Pass Thurn-Kitzbühel wird
mit 225 km angegeben; gegenüber von 235 km der Rad¬
städter und 175 km der Gasteiner-Linie. Die Entfernung

nach München beträgt 325 km, beziehungsweise bei den
anderen Linien 388 und 328 km. Die Petition hebt be¬
sonders die lokale Bedeutung dieser Bahnlinie für den Tou¬
ristenverkehr hervor und erklärt sie als die einzige, welche
den strategischen Bedürfnissen entspricht. Die Baukosten
werden als um die Hälfte (?) niedriger wie bei den ande¬
ren Linien bezeichnet. Der Tunnel durch den Tauern würde
eine Länge von 6*5 bis 7 km erhalten und beim Tauern-
hause in Gschlöss 1518 m beginnen, im Felberthale in
einer Höhe von 1303 m ausmünden. Der Pass Thurn
müsste mit einem zweiten Tunnel, 2*75 km lang, in 1275 m
Höhe überschritten werden. Der Thalübergang über die
Salzach liegt in 840 m Höhe.

Seehaus am Leopoldsteiner-See. Ueber An¬
suchen der Section »Austria« hat die Oesterreichische Alpine
Montangesellschaft beschlossen, in dem ihr gehörigen See¬
hause am Leopoldsteiner-See eine ordentliche Gastwirthschaft,
wo auch das Uebernachten möglich ist, einzurichten, und
soll diese Einrichtung schon in der heurigen Saison in's
Leben treten. Die Alpine Montangesellschaft hat sich durch
diesen Beschluss den Dank des in den Alpen reisenden
Publikums in vollstem Masse erworben, und wird hiedurch
wesentlich zur Hebung des Besuches dieses prächtigen Alpen-
see's beigetragen werden.

Ausrüstung.

Ueber die Verwendung seidener Seile bei
Hochgebirgstouren. Nachdem von Leipzig aus in
früheren Jahren die aus Rohseide hergestellten Gletscher¬
seile eine warme Empfehlung, und in Folge davon seitens
vieler Mitglieder des D. u. Ö. A.-V. Annahme gefunden
haben, fühle ich mich verpflichtet^ meine Beobachtungen
beim Gebrauche eines derartigen Seiles zu veröffentlichen,
da sie nicht zu Gunsten desselben sprechen. Ich habe im
Jahre 1881 ein solches Seil, welches 21 Meter lang und
aus 1V 2 Pfund Rohseide hergestellt war, auf 10 Hoch¬
touren, darunter einigen schwierigen in den Walliser Al¬
pen benutzt. Die unbestreitbaren Vorzüge desselben
sind: 1. Es ist sehr leicht, daher angenehm zu tragen,
nimmt wenig Raum ein, und wird auch, wenn es nass
wird, nicht in dem Maasse schwerer, wie ein Manilahanfseil.
Das Gewicht eines seidenen Seiles von obigem Umfange ist,
wie bereits angegeben, 1V 2 Pfund. Ein Hanfseil von der¬
selben Länge wiegt 3'/ 2 bis 3 3 / 4 Pfund. 2. Es ist von
grosser Tragkraft, und wird auch bei der stärksten Zer¬
rung nicht leicht zerreissen. 3. Es widersteht der Feuch¬
tigkeit, und wird durch Nässe nicht leicht morsch. —
Die Seile haben jedoch folgende Nachtheile: 1. Sie sind
zu dünn in der Hand, so dass man mit ihnen nicht so
gut ziehen kann, wie mit einem stärkeren Hanfseil. Sie
schneiden in die Hand und am Oberkörper ein und sind
daher beim Aufziehen oder Ablassen über Felswändo oder
in Kaminen, oder beim Einbrechen in eine Spalte nicht so
verwendbar und nützlich wie die Hanfseile. 2. Sie bieten
gegenüber der Reibung auf Fels und Eis nicht denselben
Widerstand wie die Hanfseile; sie wetzen und nutzen sich
rascher ab, schon weil sie viel dünner sind. 3. Sie sind
sechs bis sieben Mal so theuer als die Hanfseile. Ein
Zollpfund roher Seide kostet 36 bis 40 Mark (mit Schwan¬
kungen). Auf 12 Meter etwa rechnet man ein Zollpfund
Seide. 4. Sie erwecken bei ihrer Dünne nicht das mora¬
lische Vertrauen bei Reisenden und Führern, wie die