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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.14 (1888)
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MITTHEILUNGEN des D. u. ö. A.-V.

Nr. 1

ihn die bei Seite 136 der Zeitschrift 1875 befindliche
Abbildung wieder. Nach Ueberschreitung des vom Sandes¬
joch zum Tribulaun ziehenden Felsgrates erreichten wir ein
Schuttband, das Anfangs ziemlich breit, schliesslich eben
noch für den Fass Kaum bietend, an der senkrecht ab¬
fallenden Südwand des Tribulaun sich hinzieht. Nach einer
starken halben Stunde standen wir vor der Rinne, die allein
die Besteigung ermöglicht. Den Einstieg hatte mir Stabeier
als die schwierigste Stelle der Partie "geschildert, gross war
daher meine Ueberraschung, als ich das Couloir ganz mit
Schnee erfüllt fand und, statt auf Stabeler's Schultern
stehend, schwierige Turnkünste auszuführen, den gegen
20 Fuss hoch liegenden Eingang vermittelst einiger Schnee¬
stufen erreichen konnte. Auch von dem hier sonst so ge¬
fürchteten Steinfall war nichts zu merken und leicht und
fast ohne Stufen erreichten wir den von Gsaller (»Mitth.«
1882, S. 82) beschriebenen Felsenkessel, zu dem die
Gipfelwand gegen 60 m mit 70 bis 80 Grad Neigung ab¬
stürzt. Wir verstiegen uns zuerst in der Wand und büssten
eine halbe Stunde Zeit ein, dann aber fanden wir eine kleine
Einne mit vortrefflichen Griffen, die uns in 20 Min. zum
Grat brachte, von wo wir in wenigen Minuten den Gipfel
erreichten. Leider benahm wieder eingetretener dichter Nebel
jede Aussicht; eine halbe Stunde verging, ohne dass wir
mehr als die unmittelbar vor uns liegenden Felsen sehen
konnten. Der Abstieg über die Gipfelwand und die Rinne
erforderte viel Vorsicht und war sehr zeitraubend, so dass
wir 2 St. bis zum Sandesjoch benöthigten, von hier ging
es theils auf nachgebendem Geroll, theils auf Schnee ab¬
fahrend, rasch im Sandesthal hinab und hinaus nach Gschnitz,
das wir 2 x /2 St. nach unserem Aufbruch vom Joch erreichten.
Berlin. Dr. Ludwig JDarmstaedter.

S arnth al er- Gruppe.

Foltscheneispitze 2590 m und LifFelspitze 2580 m.
{Erste touristische Ersteigung.) Am 8. September 1887
wanderte ich abermals den Flaggerbach hinauf. Ab Franzens¬
feste 5 U Morgens, Schäferhütte an 8 TJ 45, wo ich auf die
Rückkehr des Hirten vergebens 45 Min. wartete. Gerne
hätte ich die Namen dreier östlich der Liffelscharte sich
erhebender Spitzen, die in der Sp.-K. nicht verzeichnet er¬
scheinen, in Erfahrung gebracht. 9 TJ 30 stieg ich zum
Bach hinab, übersehritt selben, und über die rasigen Böden
de3 Foltscheneikares ging es bequem bis zum Fusse des
felsigen Kammes, weiter über grobes Gestein und Schutt,
durch keinerlei Beschwerlichkeiten aufgehalten, auf den
niedrigsten Punkt des Grates, der in nordöstlicher Richtung
durchgehends unschwer bis auf die Foltscheneispitze ver¬
folgt werden konnte, wo ich 11 TJ 15 anlangte, l 1 ^ St.
gönnte ich mir zur Ruhe und zur Betrachtung der lohnen¬
den Aussicht; 11 TJ 45 wurde die Wanderung fortgesetzt
bis zur Stelle, wo ich den Grat zuerst erreicht hatte. Der
Absturz gegen die Liffelscharte wurde auf der westlichen
Seite umgangen. Die Liffelscharte gestattet einen unbe¬
schwerlichen Uebergang nach Diirnholz; dicht unterhalb der¬
selben an der Ostseite breitet sich, zwischen wilden Schutt¬
massen eingeschlossen, ein kleiner, reizend smaragdgrüner
See aus. Etwas steiler, aber auch nicht besonders mühsam,
gestaltete sich der Aufstieg auf die Liffelspitze, die ich
12 TJ 20 betrat. Nach einem Aufenthalt von 35 Min. ging
es weiter, um auch noch die schon erwähnten drei unbe¬
nannten Gipfel zu besuchen, die zwar nahe aneinander liegen,

aber, durch tiefere Scharten getrennt, sich als selbstständige
Gipfel darstellen. 1 TJ 20 wurde die erste dieser Spitzen
erreicht, deren flöhe ich mittelst Aneroi'd auf 2540 m be¬
stimmte, 1 TJ 35 die zweite 2530 m und 2 TJ die dritte
mit 2525 m. Eine weitere halbe Stunde würde mich wohl
auf die Mukleitenspitze 254.0 m gebracht haben, die ich
jedoch schon kannte. Ich konnte nun feststellen, dass der
ganze Gebirgszug von der Jakobspitze bis zur Karspitze mit
nur geringer Abweichung vom Grat gangbar ist. Für einen
tüchtigen Bergsteiger ist hiemit die Gelegenheit geboten,
10 bis 11 Gipfel mit den Höhen von 2741 m bis 2516 m
an einem Tage zu bezwingen, und zwar ohne übermensch¬
liche Anstrengung, besonders dann, wenn er sein Nachtlager
in der Oberen Flaggeralpe oder noch besser in der Schäfer¬
hütte aufschlägt. 2 TJ 30 begann ich den Rückmarsch.
Ich ging zurück bis zur Einsenkung zwischen Spitze Nr. 1
und 2, wo ich mich östlich wandte. Eine steil abfallende
Mulde nahm mich auf; es bedurfte aller Vorsicht, um auf
dem schlüpfrigen, abschüssigen, mit feinem Gries und
plattigem, Gestein bedeckten Hange nicht in's Rollen zu
kommen. Tiefer unten machten sich die verheerenden
Wirkungen eines erst kürzlich niedergegangenen Gewitters
durch metertiefe, in das Erdreich eingerissene Furchen, die
zu übersetzen es öfters nicht geringer Anstrengungen und
heikler Klettereien bedurfte, bemerkbar. Ein mageres Steig¬
lein leitete zum oberen Rande der Kaserbacher Alpenweiden,
wo ich eine Unmasse von zum zweiten Male in diesem
Sommer in prächtigsten Blüthen prangender Alpenrosen¬
stauden traf. Steinwend links liegen lassend, ging es rasch
hinab in's. Schaldererthal. Ankunft im Bade Schalders 4 TJ 45,
in Innsbruck 10 TJ 15.

Innsbruck. Julius Poch.

Weg- und Hütten-Angelegenheiten.

Reitweg auf den Dachstein. Laut Erlass der kaiserlichen
Cabinetskanzlei vom 12. Dec. hat Se. Maj. der Kaiser von Oester-
reich genehmigt, dass der im Bau begriffene Reitweg von Hall¬
statt zum Karlseisfelde auf dem Dachsteingebirge den Namen
»Kaiser Franz Josef-Reitweg« erhalte.

Mariensteig am Achensee. Das westliche Ufer des Achen-
see's war von der Gaisalm bis zum Seewinkel, dem nördlichen
Ende desselben, seither nur an einzelnen Stellen zugänglich;
nur geübte Felsenkletterer konnten diese Stelle überschreiten.
Herr Dr. med. F. Ohlenschlager (S. Frankfurt a. M.) Hess
1886 zwischen beiden genannten Punkten einen Steig durch¬
fuhren und denselben 1887 derart verbessern, dass man nun¬
mehr, in den Felsen massig.auf- und niedersteigend, bequem in
l 1 /4 St. vom Seewinkel zur Gaisbergalm gelangen kann, immer
mit schöner Aussicht auf den See und das westliche Sonn¬
wendgebirge (Unnutz und Spieljoch); auch eine reiche Mora,
u. a. die Zwergalpenrose Rhododendron Chamaecistus,~j wird
dabei geboten. Im nächsten Sommer sollen die etwas schwindel¬
igen Stellen des >Mariensteig« genannten Weges mit Drahtseil
versehen werden, so namentlich der Aufstieg über die jäh zum
See abfallenden Felsen von der Gaisalm aus. Uebrigens wurde
der Mariensteig bereits im October 1887 anstandslos von einer
Gesellschaft älterer und jüngerer Damen begangen. Mit Hufe
dieses neuen Steiges kann man nunmehr den ganzen Achensee
zu Fuss umschreiten.

Amberger-Hütte. Die S. Amberg baut im Hinteren
Sulzthale (Oetzthal) in einer Höhe von 2100 m'eine Unter¬
kunftshütte und sind die Vorarbeiten bereits so weit gediehen,
dass die Eröffnung derselben noch im Jahre 1888 erfolgen kann.

Ascher-Hütte. Die S. Asch hat beschlossen, auf dem Roth¬
blei sskopf 2933 m bei Landeck eine Unterkunftshütte zu bauen.

Edel-Hütte. Die Generalversammlung der S. Würzburg hat
einstimmig den Beschluss gefasst, in dem Fellenbergkar an der
Ahornspitze im Zillerthale, ungefähr 2350 m hoch, eine
Unterkunftshütte zu erbauen, nachdem verschiedene andere