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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.16 (1890)
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Nr. 18.

Mittheilungen des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins.

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Verschiedenes.

Weg- und Hüttenbauten.

Die Eröffnung der Lienzerhütte im Dehanttliale (Hoch-
schohergruppe) fand programmgemäss am 21. August 1. J. statt.
Die Thoilnehmer begaben sich schon am Vortage zur Hütte und
übernachteten — allerdings mit Ausnützung auch des letzten
Plätzchens — 28 Personen in dem neuen Obdach. Bei der
feierlichen Eröffnung hielt der Vorstand-Stellvertreter der S.
Lienz, Herr August Kolp, die Begrüssungsrede, worauf der zur
Feier erschienene I. Präsident Herr C. Kitter v. Adamek in
beifälligst aufgenommener Rede auf die Wichtigkeit alpiner
Schutzhütten hinwies und ein Hoch auf das Bestehen und den
regen Besuch des eben eröffneten Hauses ausbrachte. Es sprach
ferner noch der Bürgermeister von Lienz, Herr Franz Rohr¬
ach er, und brachte zum Schlüsse ein Hoch auf den Alpon-
verein und seinen ersten Präsidenten aus. Der Einrichtung der
Hütte, sowie deren Lage im Mittelpunkte sämmtlicher Touren
in der Schobergruppe, wurde von den bei der Festfeier an¬
wesenden 40 Personen volles Lob gespendet. Nach dem Mittag¬
mahle brach die Mehrzahl der Besucher wieder auf, um nach
Lienz zurückzukehren. Hier fand am Abend des 22. August
im Garten und auf der Terrasse des Gasthofes „zum weissen
Lamm" eine Nachfeier statt, die gleichfalls durch die Anwesen¬
heit des I. Präsidenten Herrn Ritter v. Adamek, sowie ver¬
schiedener fremder Gäste eine grössere Bedeutung erhielt. Vor¬
träge der Lienzer Stadtmusik, des Lienzer Sängerbundes und
des Zithervirtuosen Toni Linder wechselten mit einzelnen An¬
sprachen ab und Mitternacht war vorüber, als die letzten Klänge
verhallten und die Feierlichkeiten ihr Ende erreichten.

Kaiser Franz Josef-Reitweg. Die feierliche Eröffnung dieser
grossartigen Weganlage auf den Dachstein fand am 8. September
bei — trotz des sehr schlechten Wetters — sehr zahlreicher
Betheiligung statt. Näherer Bericht folgt.

Hütten- und Wegbau der S. Warnsdorf. Trotz der un¬
günstigen Wetterverhältnisse des heurigen Sommers naht der
Bau der Warnsdorferhütte auf der Karalpe im Krimmler Achen-
thale seiner Vollendung. Die Hütte, auf hohem Steinsockel aus
bestem Zirbenholz erbaut, ist zufolge ihrer räumlichen Aus¬
dehnung viel eher ein Haus zu nennen. Sie verspricht, ganz
abgesehen von ihrer grossartigen Umgebung, ein überaus freund¬
liches Asyl zu werden. Eingedenk der häufigen Unerquicklich¬
keit grosser, gemeinsamer Schlafräume, hat die S. Warnsdorf
bei ihrem Bau das Princip zahlreicher Separationen verfolgt.
Es ist ein geräumiger Keller vorhanden, im Erdgeschoss be¬
finden sich, durch die Hausflur von Küche Tind Gastzimmer
geschieden, 4 Schlafräume mit je 2 Betten. Das Stockwerk
enthält 6 Schlafzimmer zu je 2 Betten, sowie den Führerschlaf-
raum, zu welchem im Falle steigenden Verkehres auch der
übrigbleibende Bodenraum adaptirt werden kann. Die Innen¬
räume der Hütte werden durchwegs vertäfelt, hell und heizbar, die
Schlafzimmer mit guten Matratzen versehen sein. Ohne Ueber-
flüssiges beizuschaffen, soll den fortgeschrittenen und berech¬
tigten Ansprüchen der Neuzeit Rechnung getragen werden. Die
Hütte wird bewirthschaftet und zu Beginn der Reisezeit 1891
dem allgemeinen Verkehre übergeben'werden. — Den Wegbau
betreffend, wurden heuer durch die S. Warnsdorf die Strecken
TauernhausInnerkees im Anschlüsse an den neuen Hüttenweg
verbessert, wovon allerdings die Strecke TauernhausUnlassalm,
zufolge der enormen Feuchtigkeit, eine Nachhilfe erheischt. Im
nächsten Jahre sollen die Verbindungswege nach dem Krimmler
Thörl und der Birnlücke, sowie abwärts bis zum Wasserfall¬
wege des Alpenvereins reconstruirt werden.

Kapelleneinweihung in Hinterbärenbad. Die S. Kufstein und
die Bewohner dieser Stadt haben unter Mithilfe von Spenden
Auswärtiger in der Nähe der Hinterbärenbadhütte eine schöne
Kapelle erbaut und dieselbe dem Decan von Kufstein, Dr.
Matthäus Hörfarter, als äusseres Zeichen der Dankbarkeit für
seine grossen Verdienste um die Stadt gewidmet. Am 7. Septem¬
ber, dem 75. Geburtstage des Gefeierten, wurde diese Kapelle
feierlich eingeweiht. Es ist hier nicht der Platz, alle die Ver¬
dienste Hörfarter's zu beleuchten. Nur seine Thätigkeit als
historischer" Alpinist und Pionnier des Fremdenverkehres
sollen erwähnt werden. Schon in seinen Knabenjahren und

während seiner Gymnasialferien kletterte Hörfarter gerne auf
die Berge der Umgebung und wohl manchen dieser Berge mag
der junge Hörfarter als erster „Tourist" erstiegen haben. In
Salzburg, wo er Theologie studirte, lernte er einen Gesinnungs¬
genossen, seinen Lehrer Thur wies er kennen. Hörfarter konnte
jedoch erst später, als er als Domprediger und Professor wieder
nach Salzburg kam, seine Liebe zu den Bergen so recht be-
thätigen, und unermüdlich durchstreifte er in jener Zeit die
Berge von Salzburg. Wenn man bedenkt, dass diese Touren
alle in die erste Hälfte des Jahrhunderts und in die Sechziger-
jahre fallen, wo der Alpinismus noch so recht in den Kinderschuhen
steckte, so muss man Dr. Hörfarter's Unternehmungsgeist
umsomehr bewundern, als er neben seinen vielen Bergfahrten
und neben seinen priesterlichen Obliegenheiten, denen er mit
der grössten Aufopferung und Liebe oblag, noch Zeit fand,- für
die Stadt und für die Hebung des Fremdenverkehres Grosses
zu schaffen. Die herrlichen Weganlagen in den schattigen
Wäldern der Umgebung und das Bad Kienbergklamm mit
seinen wunderschönen Anlagen sind seine Werke; durch seine
Initiative entstand ein neues Stadtviertel um Kienbergklamm
herum, das Villenviertel „Kienbichl". Tausende von Gulden
sind durch seinen Unternehmungsgeist in die Taschen der Kuf¬
steiner Gewerbsleute gewandert und Tausende von Fremden
wandern jährlich nunmehr in die Thäler der herrlichen Um¬
gebung. Das silberne Edelweiss des grossen und mächtigen
Alpenvereins hat seine Blütenzweige überall hin ausgestreckt,
und Hörfarter war einer der ersten Männer Tirols, der den
edlen und volkswirtschaftlichen Ideen des grossen Vereins durch
Gründung einer Section sein Verständniss entgegenbrachte. Im
Jahre 1877 gründete er die S. Kufstein, und heute noch steht
er an der Spitze derselben, arbeitslustig und ungebeugt. Möge
er den Kufsteinern noch lange erhalten bleiben, als pflicht¬
eifriger Seelsorger, als warmer edler Localpatriot und Freund
der immerschönen Berge! Trotz der nicht ganz günstigen Witte¬
rung war die Betheiligung an dem Feste doch eine grosse, es
mögen wohl gegen 400 Personen gewesen sein, die der Feier
der Einweihung und dem hierauf folgenden Gottesdienste an¬
wohnten. Der feierliche Act wurde von dem Herrn Decan selbst
vorgenommen. Nach diesem begab man sich in die Unterkunfts¬
hütte Hinterbärenbad, die gar gastlich eingerichtet war und mit
Speisen und Trank alle Anwesenden reichlich versah. Von dem
Bürgermeister der Stadt Kufstein, dem Gefeierten, von' dem
Vertreter des Central-Ausschusses in Wien, Herrn Dr. Grien-
berger, der eigens zumFeste abgeordnet wurde, und vom zweiten
Vorstande der Section Kufstein, Herrn Karg, dem das Haupt¬
verdienst um die Unterkunftshütte und das Kirchlein gebührt,
wurden Toaste ausgebracht. Die Musik spielte ländliche Weisen
und alsbald entwickelte sich jenes gemüthliche Leben und Trei¬
ben, bei dem das Tänzchen nicht fehlen darf, das denn auch
auf dem grünen Teppich der Natur versucht wurde. Nur zu
bald verschwanden die schönen Stunden, musste doch vor Abend
noch von vielen Gästen die Stadt Kufstein und die Bahn er¬
reicht werden; aber die angenehme Erinnerung an das schöne
Fest wird bei allen Besuchern wach bleiben. Sclüuifer.

Schöckelhaus. -Am 14. September wurde das vom Steirischen
Gebirgsvereine errichtete neue Unterkunftshaus auf dem Schöckel
bei Graz feierlich eröffnet. Zu der Feier hatten sich gegen
1000 Personen eingefunden, darunter der Bürgermeister von
Graz, Dr. Portugall, u. v. A. Der Obmann des Steirischen
Gebirgsvereins, Herr Dr. Platzer, hielt die Eröffnungsansprache.
Nach Vorlesung der Urkunde durch den Realschuldirector Dr.
II wof wurde an die kaiserliche Cabinetskanzlei eine Huldigungs¬
adresse abgesandt. Dem Förderer des Baues, Josef Grafen
Stubenberg, zu Ehren wurde derselbe „Stubenberghaus" be¬
nannt. In Graz fand abends ein Festcommers statt, der durch
eine Festrede des Chefredacteurs Dr. Zistler eröffnet wurde.
Das Haus soll sehr praktisch gebaut und eingerichtet sein.

Vereinsschloss des D. u. Oe. Alpenvereins. Mit diesem
Schlosse sind von nicht unserem Vereine gehörigen Schutzhütten
gegenwärtig ausgerüstet: die „Ennsthalerhütte" auf dem Tamisch-
bachthurm im Gesäuse (Alpine Gesellschaft Ennsthaler"), die
„Wienerhütte" auf dem Hochfeiler (Oesterr. Alpen-Club), und
die neue Silvrettahütte" (Schweizer Alpen-Club). Nunmehr