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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.24 (1898)
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Mittheilungen des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins.

Nr. 21.

der stolze Johannisberg über die bis zur Herstellung einer
Weganlage zwar beschwerliche, aber mit Unrecht als schwierig
bezeichnete Obere Oedenwinkelscharte Besuch. Es ist zu er¬
warten, dass man namentlich die Touren in der Umgebung des
Obersten Pasterzenfirns (Johannisberg, Hohe Riffel, Riffelthor,
Bockkarscharte etc.) häufiger als bisher von der Rudolfshütte
aus machen wird, ist doch am Tage der Eröffnungsfeier sogar der
Abstieg vom Wiesbachhorn über die Bratschenköpfe, Glockerin,
Bärenköpfe und Oedenwinkelscharte zur Rudolfshütte von den
Brüdern v. Smoluchowski und Frau v. Smoluchowski ge¬
macht worden. Die zweitägige Wanderung vom Glocknerhause,
von der Schwarzenberghütte der S. Mainz (über die Bockkar¬
scharte) oder auch vom Moserboden (über das Riffelthor) zur
Oedenwinkelscharte, Rudolfshütte und über die Granatscharte
in das Gschlöss bietet einen an grossartigen Gletscherbildern
reichen Zugang zur Venediger Gruppe.

AntheÜSCheine der S. Austria. In der Sitzung des Aus¬
schusses vom 20. October 1898 wurden folgende Anteilscheine
zur Rückzahlung am 31. December 1898 ausgelost: Simonyhütten-
Schuldverschreibungen Nr. 23, 26, 34, 37, 39, 79, 124, 129,
178, 187; Rudolfhütten-Schuldverschreibungen Nr. 12, 23, 26,
27, 30, 31, 50, 54, 56, 57.

Ascherhütte am Rothbleisskopf (Paznaunthal in Tirol).
Zwischen dem 12. und 16. September d. J. wurde in der Ascher¬
hütte zum dritten Male eingebrochen, ausser der eingesprengten
Thür und der zerschlagenen eisernen Casse hat jedoch die Section
keinen Schaden erlitten, da der Rest der Pott'schen Körbe, sowie
das in der Casse befindliche Geld schon früher ihre Aufbewahrung
im Thale gefunden hatten. Sehr zu wünschen wäre es, wenn
der oder die Thäter recht bald erforscht und einer strengen
Strafe zugeführt würden, damit sich derartige höchst bedauer¬
liche Fälle nicht wiederholen. — Der Besuch der Ascherhütte
hat sich in diesem Jahre erfreulicher Weise wieder gehoben
und die Besucher haben sich über die Hütte, sowie über deren
Umgebung sehr lobend ausgesprochen. Neue Wege sind zum
Theil schon angelegt und zum Theil in Aussicht genommen.
Die Rundsicht vom Rothbleisskopf, Furgler oder Hexenkopf
ist auch wirklich grossartig schön und kann jedem Touristen
auf das Wärmste empfohlen werden.

Rosegger-Alpenhaus. Unsere S. Mürzzuschlag, welche —
wie seinerzeit gemeldet — die Erbauung eines Schutzhauses auf
der Pretulalpe bei Mürzzuschlag (Obersteiermark) beschlossen
hat, das den Namen des bekannten steirischen Poeten tragen
soll, theilt mit, dass die eingeleiteten Sammlungen leider nicht
das erwünschte Ergebniss gebracht haben, so dass die genannte
Section neuerdings an ihre Schwestersectionen einen Aufruf
versandt hat.

ReisalpenSChutzhauS. Besucher dieses Schutzhauses können
während der Winterszeit die Schutzhausschlüssel in St. Polten
bei Herrn Alois Mrasek (Linzerstrasse Nr. 30), in Hohenberg
bei Herrn Josef Singer, Gastwirth, entlehnen. Gesellschaften
von mindestens fünf Personen wollen bei einem Besuch des
Reisalpenhauses dies behufs Veranlassung der Bewirthschaftung
bei der Section St. Polten des Oesterr. Touristen-Club anmelden.

Auf dem Hochwechsel, an der niederösterreichisch - steiri¬
schen Grenze, will die Wiener alpine Gesellschaft Wetterkogler"
im nächsten Jahre ein Schutzhaus erbauen.

Führerwesen.

Christian Grass f. Einer der ältesten Engadiner Führer,
der fast 80jährige Christian Grass aus Pontresina, ein Mit¬
glied der berühmten Führerfamilie Grass, ist kürzlich gestorben.

Verkehr und Unterkunft.

Haltestelle Johnsbachthal im Gesäuse (Ennsthaler Alpen).
Die Errichtung einer Eisenbahnhaltestelle gegenüber der Mün¬
dung des Johnsbachthaies im Gesäuse ist nunmehr gesichert.
Es besteht alle Aussicht, dass diese neue Haltestelle bereits im
künftigen Sommer benutzbar sein wird, da die Herstellung
eines Gehsteges über die Enns zur Verbindung mit der Ge¬
säusestrasse ebenfalls gesichert ist.

Vinschgaubahn. In dem dem österreichischen Reichsrathe
unterbreiteten Localbahngesetze ist auch die Vinschgaubahn
(Strecke Meran Mals) vorgesehen, und zwar wird eine staat¬
liche Erträgnisssicherstellung von 8. W. fl. 1,780.000.— in

Aussicht gestellt, sofern die Interessenten einen Beitrag von
ö. W. fl. 1,300.000.— zu den Baukosten leisten. Der Bau muss
binnen vier Jahren ausgeführt werden.

BahnTarvisRaibl. DemGrafenHenckel-Donnersmarck
wurde die Bewilligung zur Vornahme technischer Vorarbeiten
für die Anlage einer Bahn von Tarvis nach Raibl, mit even¬
tueller Fortsetzung von Kaltwasser auf den Luschariberg, ertheilt.

Bahn Stansstad Engelberg. Am 2. October wurde die von
Oberst Locher aus Zürich erbaute elektrische Schmalspurbahn
von Stansstad nach Engelberg dem Betriebe übergeben. Die
neue Bahn durchfährt die Strecke in l 1 /^ St.

Neue Strasse von Scharfling nach See (am Wolfgangsee).
Am 31. October fand die feierliche Eröffnung dieser für den
Salzkammergutverkehr so hochwichtigen Strasse statt. Diese
neue Strasse geht von Scharfling aus am Fusse des Schaf berges
und führt entlang dem südöstlichen Ufer des Mondsees hin. Durch
die Kienbergwand führt die Strasse, mit Ausnahme von drei
geschlossenen Tunnels von je 10 m. Länge, in einem sogenannten
Halbtunnel, der an der Seeseite mit einem gallerieförmigen,
massiven Schutzgeländer versehen ist; an jenen wenigen Stellen,
wo etwa Schnee- oder Geröllabrutschungen stattfinden könnten,
sind Schutzvorrichtungen hergestellt worden, so dass jede Gefahr
ausgeschlossen ist. Durch diese neue Strasse ist nunmehr der
südliche, schönste Theil des Attersees dem Eisenbahnreisenden
bedeutend leichter zugängig gemacht worden, und der Verkehr
vom Wolfgangsee zum Attersee, sowie umgekehrt, wird gewiss
einen wesentlichen Aufschwung erfahren.

Strassenbauten in Tirol. Die Dolomitenstrasse von Enne-
berg über den Campolungopass nach Buchenstein wurde heuer in
Angriff genommen. — An der Stilfserjochstrasse werden im kom¬
menden Jahre grosse Verbesserungsarbeiten in Angriff genom¬
men, welche innerhalb neun Jahren durchgeführt werden sollen.

Ausrüstung,
Ueber das Anseilen auf Gletscherfahrten sendet Herr

Dr. C. Wisse mann-Gelsenkirchen einige Bemerkungen, in
denen er mit Bezugnahme auf den Unglücksfall an dem Piz
Palü ausführt, dass ihm aufgefallen sei, dass die Führer häufig
ihren Herren das Seil mehrmals um den Leib schlingen und
auch nicht immer einen unverschiebbaren Knoten machen.
Wenn nun," so führt Herr Dr. Wissemann aus, von einer
so angeseilten Partie ein Theilnehmer in eine Spalte einbricht,
dann werden dem oben Verbleibenden durch den gewaltigen
Ruck die Eingeweide oder der Brustkorb derart zusammenge¬
schnürt, dass er vor Schmerz zu kraftvoller Hilfeleistung unfähig
ist, und dies gerade in dem Momente, wo er seine Kräfte am
allernöthigsten braucht. Dies rührt davon her, dass selbst wenn
ein unverschiebbarer Schifferknoten gemacht worden ist, durch
die doppelte Umschlingung des Körpers durch das Seil immer
eine Schnürwirkung zustande kommen muss. Wenn dagegen
nur eine einfache Schlinge mit Schifferknoten gemacht
wird, kann nur eine Zugwirkung zu Stande kommen. Wozu
die doppelte Umschlingung des Körpers, die eigens dazu er¬
funden scheint, dem Träger, sei er nun der Stürzende oder der
Haltende, den Leib zusammenzuschnüren? Wenn das Verbin¬
dungsstück des Seiles stark genug ist, das Körpergewicht zu
tragen, muss es um so viel mehr das um den Körper gelegte
Stück sein, welches doch als Schlinge doppelt liegt und folg¬
lich nur halb so stark beansprucht wird. Es ist also in jedem
Falle zweckmässig, nur eine Schlinge mit Schifferknoten zu
machen, damit blos eine Zugwirkung zu Stande kommen kann.
Aber auch hier wird bei dem heftigen Ruck, der bei einem
Sturz stattfindet, das Seil immer erheblich in den Körper ein¬
schneiden und durch den Schmerz die Kräfte gerade im kriti¬
schen Moment lähmen. Es wäre deshalb das Richtigste, einen
breiten, starken Hüftgürtel, wie jene der Bürgerfeuerwehren, mit
starken Ringen und Carabinerhaken anzulegen. In denselben
ruht der Körper bequem sowohl beim Hängen wie beim Halten;
darüber kann man sich bei jedem Feuerwehrmann der Steiger¬
abtheilung in jedem Dorfe zuverlässige Auskunft holen. Man
kann damit mit vollen Kräften arbeiten, und das ist namentlich
für den Hängenden wichtig. Ausserdem kann man sich mit dem
Carabinerhaken im Nu abseilen, wenn es nöthig sein sollte,
und dies wird zuweilen dringend nothwendig. Jedenfalls aber
ist die jetzt vielfach geübte Technik des Anseilens der Ver¬
besserung dringend bedürftig und auch fähig."