/ 304 pages
Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.25 (1899)
Search


190

Mittheilungen des Deutschen und Oesteneichischen Alpenvereins.

Nr. 15.

Die Universalconserven mit Kochvorrichtung von
Albert Rehse Sohn in Wülfel-Hannover werden jetzt in so
guter Qualität und so preiswürdig geliefert, dass Touristen,
welche Werth darauf legen, sich in wenigen Minuten, selbst
auf den höchsten Berggipfeln und bei grösstem Sturm, ein
wohlschmeckendes warmes Fleischgericht zu bereiten, darauf
wiederholt aufmerksam gemacht werden mögen.

Eine neue Büchse mit Selbsterwärmer offeriert auch Aug.
Opawski in Wien, VI., Kaunitzgasse Nr. 6 B. Ich habe die
Erwärmvorrichtung erprobt und ganz wirksam gefunden. Die
Sache, scheint mir aber doch über das Versuchsstadium noch
nicht gediehen zu sein.

R. Hundhausen in Hamm-Westphalen bringt seine be¬
währten, in meinen Körben geführten Aleuronatbiscuits neuestens
mit Citronen-, Vanillegeschmack etc. in den Handel. Sie dürften
sich auch in dieser Form als guter Taschenproviant Freunde
gewinnen.

Die in meinem letzten Bericht erwähnte Sodorflasche
zur Selbstbereitung von kohlensaurem Wasser hat soeben eine
Umgestaltung durchgemacht. Dies der Grund, dass ich mein
Versprechen nicht gehalten, d. h. über diesen höchst praktischen
Apparat bisher keine ausführlichere Besprechung brachte. Ich
gedenke dies später nachzuholen, umsomehr, da ich überzeugt
bin, dass dieser ebenso einfache als billige Apparat dazu be¬
rufen ist, wie in jeder Haushaltung, auch in jeder Schutzhütte
eingeführt zu werden. In der Oberaarjochhütte (Berner Ober¬
land), ebenso in den meisten bewirthschafteten Hütten des S. A.-C.
wird die Sodorflasche bereits gebraucht. Meine Versuche mit
der neuen (grösseren) Flasche haben mich bisher nicht weniger
als die mit dem ersteingeführten Apparat befriedigt.

Prof. Dr. Emil Pott.

Gletschergürtel. Nachtrag zur Mittheilung in Nr. 13 dieses
Blattes: Von befreundeter Seite wurde ich darauf aufmerksam
gemacht, dass die von mir vorgeschlagene Einrichtung des
Gürtels den Fehler hat, dass der Gürtel zusammenziehend
wirken muss, sobald man das Seil an der seilförmigen Fort¬
setzung des Gürtels befestigt. Ich gebe dies vollkommen zu,
empfehle aber, zur Beseitigung des Uebelstandes einen D-för-
migen, festen Eisenring anzufertigen, dessen gerade Seite der
Breite des Gürtels entsprechen muss, damit man den Ring über
den ganzen Gürtel ziehen kann. Hiermit wäre der weitere
Vortheil verbunden, dass man den Ring schon im Voraus an
der richtigen Stelle des Seiles einknüpfen könnte und das zeit¬
raubende Abmessen der gehörigen Seillängen auf dem Gletscher
wegfiele. G. Becker- Karlsruhe.

Unglücksfälle.

Zum Unglücke am Passeierer Schneeberge, über das wir be¬
reits kurz berichtet haben, wurde aus St. Martin am Schneeberg
gemeldet: Am 22. Juli abends verunglückte daselbst der 25jährige
Violinvirtuose Herr August Herber aus Frankfurt a. M. Eine
Gesellschaft, die vom Becherhause gekommen war, besichtigte
unter Führung das Bergwerk und fuhr sodann mittelst der zur
Beförderung des gewonnenen Metalles dienenden Drahtseilbahn
zum Gasthause hinauf. Auf halbem Wege entgleiste der Wagen
und stürzte, sich überschlagend, über den mehrere Meter hohen
Damm. Der Bremser in der oberen Station bemerkte sofort
den Unfall, weshalb der Wagen auch an der Unfallstelle, am
Drahtseile hängend, liegen blieb. An der verhängnissvollen Fahrt
mit dem Bremswagen nahmen ausser dem verunglückten Violi¬
nisten Herber und dessen Freunde, einem Ingenieur, auch
Herr Schriftsteller Gg. Freih. v. Ompteda aus Dresden und
dessen Gattin theil; Herr v. Ompteda erlitt eine starke Rippen-
contusiou, dessen Gemahlin mehrere Quetschungen. Der sechste
Passagier war der Geistliche von St. Martin, der gleichfalls ver¬
letzt wurde. Das Entgleisen des Bremswagens erklärt sich da¬
durch, dass infolge der geringen Belastung (die Wagen fahren
sonst nur mit den zu Tage geförderten Erzen bergauf) das
schwere Drahtseil ins Schwanken gerieth und so die Vorder¬
räder aus dem Geleise hob.

lieber den Absturz von der Zugspitze hat der Vorsitzende
des Alpinen Rettungs-Ausschusses München, Herr Apotheker
Hans Rehm, folgenden Bericht erstattet: Am 23. Juli, früh
3 U. 15 brachen Herr Ferdinand Rockenstein mit seinem Bru¬
der und zwei Freunden — sämmtliche Mitglieder der S. Bayer¬
land — von der Höllenthalspitze zur Zugspitze auf. Den von

der Alpenvereinssection München sehr gut angelegten Weg ver¬
folgend, gelangten sie ohne Anstand bis an die Schutthänge, die
sich kurz unter dem Ostgipfel quer hinüberziehen. An einer
Stelle, die mit Geröll bedeckt war, wurde noch eine kleine
Rast gemacht; -Herr Ferdinand Rockenstein befand sich in
der Mitte und hatte seinen Pickel neben sich an einen Felsen
gelehnt. Plötzlich gab das Geröll unter seinen Füssen nach,
und durch einen Felsblock nach links geworfen, fiel Rocken¬
stein in eine Schneerinne, in der er lautlos in die Tiefe glitt,
ohne nochmals einen Halt zu bekommen. Ein Beispringen war
unmöglich, da er nur zu schnell den Blicken seiner Begleiter
entschwand; auch hätten die Terrainverhältnisse eine Hilfe¬
leistung nicht zugelassen.

„Von dem Münchnerhause wurden sofort, da Führer nicht
anwesend waren, zwei Träger auf dem begangenen Wege nach
abwärts gesandt, doch konnten diese eine Spur des Verunglückten
nicht entdecken. Vom Bezirksamt Garmisch wurden fünf Führer
zur Aufsuchung der Leiche beordert mit dem Auftrage, von der
Höllenthalhütte zur Spitze anzusteigen. Ich langte gegen 7 U. 30
abends vom Dreithorspitzgatterl mit mehreren Mitgliedern der
S. Bayerland auf der Knorrhütte an, wo ich die Nachricht von
dem Unglück erhielt. Ich organisierte sofort eine zweite Ex¬
pedition, der durch das liebenswürdige Entgegenkommen des
Herrn k. Bezirksamtmannes Voelk die auf der Knorrhütte ge¬
rade anwesenden Führer Lechner Josef, Dengg Franz, Meier
Josefund Glatz Lorenz zur Verfügung gestellt wurden mit dem
Auftrage, vom Münchnerhause abwärts das Terrain abzusuchen.
Die erste Expedition brach bereits 2 U. früh von der Höllen¬
thalhütte bei dicht bewölktem Himmel auf. Schon beim Be¬
treten des „Brettes" trat starker Regen ein, aber trotzdem Hessen
die wackeren Führer im Bewusstsein ihrer Pflicht nicht ab und
stiegen zum Münchnerhause auf. Eine Spur des Absturzes konnten
sie infolge des starken Nebels leider nicht finden. Der Aufbruch
der zweiten Expedition wurde in Aussicht der Erfolglosigkeit
bei dem strömenden Regen, verbunden mit orkanähnlichem
Sturm, auf einige Stunden verschoben, bis vom Gipfelhause das
resultatlose Eintreffen der ersten Expedition telephonisch ge¬
meldet wurde. Jetzt brach auch die zweite Expedition auf
und erreichte unter tosendem Sturm und Schneetreiben nach
10 U. den Westgipfel der Zugspitze. Die erste Expedition war
inzwischen wieder nach dem Höllenthale abgestiegen, in der
Absicht, noch den Höllenthalferner abzusuchen, da die Ver-
muthung nahelag, dass der Verunglückte in die Randspalte,
die von Süden nach Norden den Ferner durchzieht, gefallen
sei. Beim Abstieg nun entdeckte diese Expedition, etwa 250 m.
unter dem Gipfel, in der zweiten Rinne südlich des Weges
unterhalb der Scharte den Leichnam. Auf schwieriger Passage
gelangte sie an die Auffallstelle und transportierte die Leiche,
zuerst etwa 15 m. aufseilend, in die Höhe über der zweiten
Rinne, dann wieder abseilend bis zur tiefsten Stelle der ersten
Rinne und von da wieder mindestens 20 m. in die Höhe zum
angelegten Wege. Von hier aus erfolgte der äusserst schwierige
Transport auf dem normalen Wege, der sich besonders schwer,
noch an den Stiften am „Brett" gestaltete, wo die zweite Ex¬
pedition, die gelegentlich einer Recognoscierung durch Zuruf
von der Auffindung der Leiche verständigt war, bereits mitein¬
griff. Abends 6 U. war die Leiche zur Höllenthalhütte ge¬
bracht; am nächsten Tage wurde sie nach Hammersbach über¬
führt. Die kirchliche Einsegnung erfolgte in Garmisch. Ein
mit mehreren anderen Mitgliedern des alpinen Rettungscorps
von München herbeigeeilter praktischer Arzt hatte sofort, als
die Leiche in das Höllenthal verbracht war, eine Untersuchung
derselben vorgenommen und aus den vorhandenen Wunden fest¬
gestellt, dass der Tod sofort eingetreten sein musste.

Der Alpine Rettungs-Ausschuss München sieht sich ver¬
pflichtet, auch an dieser Stelle der königlichen Behörde für
das rasche Eingreifen den ergebensten Dank, gleichzeitig aber
auch der Führerschaft, die bei den abnorm schwierigen Terrain-
und sehr ungünstigen Witterungsverhältnissen die Bergung be¬
sorgte, seine Anerkennung und seinen Dank auszusprechen.

„Der Abgestürzte war ein geübter Bergsteiger, und seine
Begleiter hatten viele der schwierigsten Touren in den Dolo¬
miten und im bayrischen Hochgebirge ausgeführt, so dass auch
diese Tour als nicht gefährlich für sie erscheinen konnte."

Absturz am Hohen GÖII. Nahe dem Torrenerjoch wurde
am 2. d. M. am Brettriedl (circa 100 m. unterhalb der Hoch¬
brettwand des Hohen Göll) die bereits sehr stark verweste