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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.25 (1899)
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Nr. 15.

Mittheilungen des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins.

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Leiche eines Touristen aufgefunden. Wie man vermuthet, dürfte
der Leichnam mit dem seit 14. Juli aus Berchtesgaden abgängigen
Amtsgerichtssecretär Herrn Oscar Horchner identisch sein. Die
einzelnen Körpertheile waren bereits von Füchsen und Raben
zernagt und lagen zerstreut umher. Ein Ehering mit der ein¬
gravierten Zahl 58 und ein Taschentuch, mit L. H. weiss ge¬
markt, wurden bei der Leiche vorgefunden.

Am Schreckhorn ist durch eine Lawine der englische Tourist
Bargue mit den Führern Christian Jossy jun. und Rudolf
Burgener verunglückt. Bargue und Jossy konnten die
Schwarzegg selbst erreichen, Burgener wurde dann dorthin
transportiert. Alle drei Schwerverletzten befinden sich jetzt in
Grindelwald.

Am Zinalrothhorn verunglückte der Züricher Kaufmann Ba
mann mit zwei Führern durch Absturz. Die Drei hatten im
Abstieg, den ersten Meldungen nach, versucht, über ein Firn¬
feld abzufahren, hiebei aber eine Lawine losgetreten und sind
dann durch diese über eine hohe Wand hinabgeschleudert
worden. Die drei Leichen wurden bereits geborgen.

Bei Zermatt verunglückten am 27. Juli zwei Damen, Frau
Morel aus Paris und deren Tochter, durch Absturz. Die Mutter
ist todt, die Tochter schwer verletzt. Die Damen wollten einen
Ausflug auf den Gornergrat machen, geriethen aber auf einen
falschen Weg und sind wahrscheinlich infolge ihrer ganz un¬
genügenden Ausrüstung verunglückt. Sie trugen gewöhnliche,
ungenagelte Schuhe und sind wahrscheinlich ausgeglitten; die
Absturzstelle ist ein circa 10 m. hoher Fels auf der Seite des
Zmuttthales.

Aus St. Gallen wird gemeldet, dass der 17jährige Max Rau
beim Edehveisspflücken vom Sentis abgestürzt ist und sofort
todt war.

Auf dem Hochstadl verunglückte am Abend des 28. Juni
der Höherbauer Vincenz Benedikt aus Flaschberg durch Ab¬
sturz von dem gerade an der Unglücksstelle breiten Reitwege.
Der Leichnam wurde ca. 55 m. tiefer aufgefunden; vermuthlich
ist der Verunglückte in der Dunkelheit vom Wege abgekommen.

Am Ifinger bei Meran ist am 23. Juli ein junger Gärtner
aus Meran, Namens Maier, beim Edehveisspflücken abgestürzt
und schwer verletzt zu Thal gebracht worden.

Bei Adelboden (Berner Oberland) ist ein Herr Herz aus
Paris durch Absturz verunglückt. Derselbe wollte mit seiner
Familie die sich dicht hinter dem Curhaus von Adelboden er¬
hebende Schwandfeldspitze besteigen, was als absolut gefahrlose
Bergtour angesehen wird. Unterwegs trennte sich Herr Herz
von seinen Begleitern, die nach Hause zurückgiengen, während
er noch einige Zeit auf der Schwandfeldspitze verweilen wollte.
Er scheint sich nun dabei etwas verspätet zu haben, denn er
wich von dem üblichen Wege ab und suchte auf kürzerem Pfade
nach abwärts zu gelangen. Dabei stürzte er, und die von unten
abgesandte Rettungsexpedition fand ihn mit zerschmettertem
Schädel.

Absturz vom Manhart. Am 28. Juli stürzte der Wiener
Bürgerschullehrer Herr Hentschel vom Manhart ab, verletzte
sich jedoch zum Glücke nicht schwer. Derselbe hatte den
Gipfel über den gewöhnlichen Weg allein bestiegen und wollte
den Abstieg über die Nordwand versuchen. Hiebei glitt er
offenbar auf einer vereisten Platte, ungefähr 8 U. früh, aus,
blieb aber, nachdem er eine kleine Schneerinne und eine
Wand auf dem unfreiwilligen Wege passiert hatte, auf einem
Felsvorsprunge liegen, von dem er keinen Ausweg fand. Eine
Partie aus Weissenfeis, welche den Weg durch das Römerthal
zum Schutzhause und von da zurück über den Travniksattel
nach Weissenfeis genommen hatte, vernahm die Hilferufe des
Verunglückten gegen 4 U. nachmittags. Sie hatten bereits den
. Sattel überschritten gehabt, kehrten nun sofort zurück, und ihr
Begleiter, Förster Josef Koschir, beeilte sich, den Unglück¬
lichen aus seiner Lage zu befreien. Er konnte aber nicht zu
ihm gelangen, sich jedoch mit ihm verständigen, und musste,
da es schon spät abends geworden, umkehren, wollte er nicht
selbst Gefahr laufen, in der Dunkelheit abzustürzen. Inzwischen
war nach Predil und Raibl um Hilfe geschickt worden, am
kommenden Morgen wurde die Rettungsaction mit vermehrten
Kräften in Angriff genommen, und es gelang endlich durch
den Wagemuth des Hirten Josef Wenzel, um die Mittagszeit
den Verunglückten zu befreien, welcher beiläufig 30 St. auf

der Stelle hatte zubringen müssen. Herr Hentschol war, ob¬
wohl er die ganze Zeit ohne Nahrung geblieben war (den Ruck¬
sack hatte er beim Aufstieg zurückgelassen) noch so weit bei
Kräften, um mit einigen Rasten und Nachhilfen selbst zur Man-
harthütte absteigen zu können, wo er von Fieber befallen
wurde und bis zur völligen Herstellung verweilte. Die Be¬
völkerung von Oberpreth, Predil und Raibl bewies sich als
sehr hilfsbereit, indem aus jedem der Orte mehrere Leute frei¬
willig auf die Nachricht von dem Unfälle sich an der Hilfe¬
leistung betheiligten. Auch die Bemühungen der k. k. Gen¬
darmerie in Raibl verdienen hervorgehoben zu werden. Vor
Allem aber haben sich hervorgethan der Hirte Josef Wenzel
von der Manhartalm und der Förster Josef Koschir sen. von
Weissenfeis, Ersterer, indem er die Rettung auf einem Wege
vollzog, den Andere für unmöglich erklärten, Letzterer, indem
er in aufopfernder Weise trachtete, zu dem Verunglückten zu ge¬
langen. Besten Dank verdienen auch Frau und Herr Major
Berrer und Herr Meebold aus Weissenfeis für ihre Be¬
mühungen um die Rettung.

Führer A. Spreitzer verunglückt. In der Krakau (Niedere
Tauern) ist, wie der S. Graz unseres Vereins berichtet wird,
der beste Führer des Krakauer Sectionsgebietes, Anton Spreitzer,
ein noch nicht 30 Jahre alter Mann, der auch den Bergführer-
curs 1895 in Leoben mit gutem Erfolg besuchte, auf der Gems¬
jagd im Etrachgraben auf der Grafenalpe durch Absturz ver¬
unglückt. Toni, ein leidenschaftlicher Jäger, entgieng bereits
im vorigen Spätherbste, Ende November, mit knapper Noth
dem Tode, da ihn und seinen Jagdherrn, den Spitzbauer (die
Krakauer Bauern sind vielfach Eigenjagdbesitzer), am Mösel-
feld des Prebergrabens unterhalb des Hochlanecks eine Lawine
erfasste und zu Thale riss. Toni Spreitzer war ein äusserst
liebenswürdiger, bescheidener und treuherziger Bursche, den
Jedermann liebgewann, und der immer bestrebt war, seine
Bergkenntniss auch ausserhalb des Gebietes, für welches er
autorisiert war, und das er wohl am besten von allen Krakauern
kannte, zu erweitern. Die weissen Firnfelder des Glockners,
der Hochalmspitze und des Dachsteins, die so schön von den
Krakauer-Bergen zu sehen sind, zogen ihn mächtig an, und dort¬
hin wollte er einmal von einem Touristen mitgenommen werden.
Die S. Graz verliert an ihm nicht nur einen tüchtigen, streb¬
samen Bergführer, sondern auch einen findigen und intelligenten
Arbeiter für ihre Wegbauten, von denen er jene auf das Roth¬
eck eben fertiggestellt hatte.

Vermisst wird nach den „Münchener Neuesten Nachrichten"
seit einigen Wochen Herr Dr. Ludwig Kirn, ordentlicher Pro¬
fessor der Psychiatrie an der medicinischen Facultät in Frei-
bürg i. Br., der zuletzt in Lugano gesehen wurde. Etwaige
Aufschlüsse bittet man an das grossherzogliche Ministerium in
Karlsruhe (Baden) gelangen lassen zu wollen. — Ein Knecht
des Stiftes Fiecht im Unterinnthale, der Mitte Juli einen Gang
zu einer Alphütte zu machen hatte, ist seither nicht mehr
zurückgekehrt. Man vermuthet, dass er im Vomperloch abge¬
stürzt ist. — Auf räthselhafte Weise verschwand ein junges
Mädchen im Brennergebiete. Dieses, ein Fräulein Wohlfahrt aus
Wien, hatte mit ihrem Vater und dem Bautechniker Gsteu,
der den Bau der Landshuterhütte leitet, bei schönstem Wetter
einen Ausflug zum Wildseejoch gemacht. Beim Abstiege durch
das Vennathal blieb das Fräulein auf einer reich mit Alpenrosen
bestandenen Stelle etwas zurück und ist seitdem (25. Juli) spur¬
los verschwunden. Alle seitens der Bergführer, Gendarmerie und
der Innsbrucker Alpinen Rettungsgesellschaft unternommenen
gründlichen Absuchungen des fraglichen Gebietes blieben gänz¬
lich erfolglos, es gelang auch nicht irgend eine der Habselig¬
keiten der Vermissten aufzufinden. Der Fall ist um so räthsel-
hafter, als die Betheiligten erklären, ein Absturz oder sonstiges
Unglück sei so ziemlich ausgeschlossen.

Personal-Nachrichten.

Steuerrath A. Waltenberger, Gründer der S. Allgäu-Immen-
stadt, wurde gelegentlich des 25jährigen Stiftungsfestes derselben
in Würdigung seiner ausserordentlichen Verdienste um die Section
zum Ehrenvorstand derselben gewählt.

Wissenschaftliche Mittheilungen.

Vom Vernagtferner. Nach einer dem Central-Ausschusse
seitens eines Mitgliedes der S. Würzburg zugekommenen Nach-