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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.25 (1899)
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Nr. 17.

Mittheilungen des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins.

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ostkante kamen. Einige Meter Östlich wurde dann vermittelst
eines niedrigen Ueberhanges die erste bedeutende Schulter er¬
reicht. Der weitere Anstieg vollzog sich fast ausschliesslich an
der dem Campanile di Brenta zugewendeten Seite. In west¬
licher Richtung stiegen wir in leichter Kletterei, welche mit
einem Stemmkamin ihr Ende erreichte, nach aufwärts, bis senk¬
rechte Wände den Weiterweg versperrten. Jetzt folgte ein
langer Quergang nach Westen und auf diesen eine mittelmässig
schwierige Wandpartie, welche uns an den Fuss zweier senk¬
rechter Risse führte, von denen wir den rechts gelegenen als
bedeutend zweckmässiger erachteten und benützten. Durch diesen
Kamin, dem gleich ein zweiter, etwas leichterer folgt, wurde sehr
schwierig ein breites Geröllband erklommen, welches wir bis
zur Nordwestkante des Berges, wo ein horizontaler, mit kleinen

Thürmchen und Blöcken besetzter Grat radial ausläuft, ver¬
folgten. Von hier kletterten wir zuerst über eine Wand, dann
in einem tiefen Riss zur Schlusswand hinan, wo sich am Fusse
derselben auf einer Felsbastei der Steinmann Garbari's, der
mit den Führern Tavernaro und Nino Povoli bis hierher
gelangt war, vorfand. Nun stiegen wir gegen den Campanile
di Brenta hin etwa 15 m. ab und querten auf schmaler Leiste
in die Nordwestwand hinaus, über welche vermittelst fester,
aber spärlicher Haltpunkte äusserst schwierig und furchtbar
ausgesetzt der geräumige, jungfräuliche Gipfel erreicht wurde.
Der Abstieg erfolgte über die Schlusswand durch Zuhilfenahme
von Eisenhaken an der Nordwestkante des Gipfelaufbaues.

Dr. Otto Ampferer, Innsbruck;
Stud. techn. Carl Berger, Innsbruck.

Verschiedenes.

Weg- und Hüttenbauten,

Weg auf das Rotheck, 2743 m., in den Niederen Tauern.

Am 17. September d. J. findet die feierliche Eröffnung des neu¬
gebauten Weges auf diesen Gipfel, von der Grazerhiitte am
Preber aus, durch die S. Graz statt. Die Weganlage beginnt
oberhalb des Mühlbachthörls, zu welchem von der S. Graz über
die Südseite des Prebers, den Preberkessel und das Mühlbach¬
kar der neu ausgepflockte und markierte Weg führt. Oberhalb
der Stelle, wo man vom Mühlbachkar in das Markar hinab¬
steigen kann — die tiefste Stelle des Thörls ist hiezu ungeeignet
— fängt der neue Weg an. Er umgeht auf der steirischen Seite
des Berges, gegen das Markar hin, zuerst den Rotheck-Südgipfel
und erreicht hinter demselben wieder eine markante, tiefe Scharte
im Gipfelgrat. Hier geht die Weganlage wieder auf die west¬
liche, Salzburger Seite des Berges über, da die Ostseite zu plattig
wird und der Grat zu zersplittert ist. Durch einen mit roth¬
braunem, erdigem Schutt erfüllten, 30 m. hohen Kamin, durch
eine Drahtseilanlage versichert, steigt man zunächst tief ab,
quert mehrere seichte und zwei tiefere Schuttrinnen, indem
man die dazwischen liegenden, secundären Grate überklettert,
was durch Felssprengungen und Drahtseile wesentlich erleichtert
ist. Auf der Höhe der zweiten Gratrippe angelangt, erblickt
man plötzlich rechts oben den bis dahin verborgen gewesenen
Rotheck-Hauptgipfel mit dem Signal. In einer weit nach unten
gerichteten Schleife, wobei man wieder etwas an Höhe einbüsst,
umgeht der Steig eine Felsnase und einen plattigen Steilabfall
und erreicht jenseits, wieder durch eine Rinne ansteigend, den
Hauptgipfel mit seiner herrlichen, jener des Prebers in gar
nichts nachstehenden Rundschau, aus welcher der Blick auf den
prächtigen Hochgolling besonders hervorgehoben werden möge.
Der Abstieg auf der Ostseite des Berges in die südliche Barbara¬
grube, auf einem die Barbaragruben trennenden Seitengrat, ist
gefahrlos und führt über die Weideböden des Markares, zum
Schlüsse auf einem Fusssteige unterhalb des Lanschitzecks, den
letzten Steilabfall des Kares umgehend, hinab zu den Preber-
hütten des gleichnamigen Grabens, wo man in die Krakau zum
Tauernvvirth zurückkehren kann. — Das Programm der Er¬
öffnungsfeier, welche von Graz aus 3% Tage in Anspruch nimmt,
ist folgendes: Am 15. September Abfahrt von Graz 1 U. 10
nach Murau, wo 8 U. 20 abends Ankunft. Am 16. September
Wagenfahrt nach Seebach, Fussmarsch zum Tauernvvirth, abends
Aufbruch zur Grazerhütte, wo Nachtstation. Am 17. September
5 U. früh Aufbruch auf das Rotheck, Ankunft 9 U. daselbst,
Eröffnungsfeier, Abstieg durch das Markar in den Prebergraben
und zum Tauernwirth, abends Heimweg nach Seebach und
Murau. Am 18. September Heimfahrt nach Graz. Sämmtliche
Vereinsgenossen sind freundlichst zur Theilnahme geladen.

Zwickauerhütte (am Rothmoosjoch, Gurglerkamm). Am
25. Juli fand in Anwesenheit von etwa 80 Personen die fest¬
liche Eröffnung der Zwickauerhütte statt, welche am Weissen
Knott, am Abhänge des Rothmoosjoches gegen das Pfeldersthal,
in 2989 m. Höhe von unserer S. Zwickau in herrlicher, überaus
aussichtsreicher Lage erbaut wurde. Am Vortage hatte bereits
in St. Leonhard im Passeier eine gelungene Vorfeier stattgefunden,
der sich eine Festfeier in Pfelders anreihte, bei welcher der
Vorsitzende der S. Zwickau, Herr Prof. V. H. Schnorr, die Reihe
der Trinksprüche mit einem Hoch auf die verbündeten Kaiser
von Oesterreich und Deutschland eröffnete. Zahlreiche Reden

folgten, und bei fröhlicher Musik blieb man lange beisammen.
Am Festtage selbst wurde bei schönstem Wetter der 3 1 / 2 stündige
Anstieg zur Hütte gemeinsam mit dem Herrn Curaten und Coopera-
tor von Pfelders ausgeführt. Alles war entzückt sowohl von der
wirklich prächtigen, eine ungemein umfassende und malerische
Aussicht besitzenden Lage der Hütte, wie auch von der treff¬
lichen Bauausführung derselben. Prof. Schnorr hielt die Er¬
öffnungsrede, worauf der Herr Curat die kirchliche Weihe vor¬
nahm. Sodann gieng es in die schöne Hütte, wo die gastfreund¬
liche S. Zwickau alle ihre Festgäste mit wohlgelungenen Tiroler
Gerichten und rothem Tiroler Wein munificent bewirthete. Manche
schwungvolle Rede wurde noch gehalten: allseitig wurde der
S. Zwickau wärmster Dank gezollt für die Erbauung der schönen
Hütte, welche nunmehr inmitten des grossartigen Gurglerkammes
ein überaus günstiges Standquartier in bedeutender Höhe bildet.
Zahllose reizvolle Hochtouren, auf die gelegentlich ausführlich
zurückgekommen werden soll, sind von ihr aus auszuführen,
für den Uebergang von Gurgl nach Pfelders ist die Hütte sehr
günstig gelegen, und da nunmehr die Passeierstrasse demnächst
fertiggestellt wird, dürfte die neue Hütte bald grösseren Zu¬
spruch erfahren.

Piauenerhütte. Den Theilnehmern an der Plauener Hütten¬
weihe sei mitgetheilt, dass die bei dieser Gelegenheit aufge¬
nommenen, wohlgelungenen Bilder gegen Einsendung von je
30 kr. (auch in Marken) bei Hermann Reinstein, Plauen i. V.,
Sachsen, zu beziehen sind.

Halle'sche Hütte. Am 1. August wurde der Hüttenzubau dem
Touristenverkehr übergeben. Der Himmel und die Hütte hatten
an diesem Tage beide festlich Gewand angelegt. Jener prangte
in schönstem Blau frei von Wolken, und diese trug herrlichen
Flaggen- und Alpenblumenschmuck. Auch von der Eisseespitze
und einem Felskopf unterhalb der Suldenspitze grüssten Fahnen
in den Tiroler Farben alle Jene, die zum Eisseepass hinaufstiegen.
Ausser dem Vorsitzenden, Herrn Albert Steckner, und dessen
Familie waren noch mehrere Gäste, unter diesen Herr und Frau
Dr. Tausch er (Pressburg) und Herr und Frau Dr. von Kissling
(Riva), und mehrere Mitglieder der Section erschienen. Nach der
Uebergabe des Neubaues seitens des Bauleiters, Herrn Peter Paul
Pohl aus Castelbell, an den Sectionsvorsitzenden dankte dieser
im Namen der Section Herrn Pohl und den Arbeitern für das
schöne Werk, welches sie trotz Wetterungunst und aller übrigen
erschwerenden Umstände, die einem Bau in solchen Höhen ent¬
gegentreten, innerhalb kurzer Zeit vollendet hatten. Darauf wur¬
den die neuen Räume seitens der Anwesenden einer Besichtigung
unterzogen. Zu ebener Erde in dem neuen Anbau werden von
nun ab die Führer hausen; dieses Zimmer ist sehr geräumig und
wird den Führern gleichzeitig als Schlaf- und Küchenraum dienen.
Dadurch wird der Hüttenherd und desgleichen der Küchenraum,
in welchem durch den grossen Führerverkehr das Küchen- und
Wirthschaftspersonal in seiner Bewegungsfreiheit beinahe ganz be¬
hindert war, bedeutend entlastet. Im Obergeschoss des Zubaues
sind: ein Zimmer für den Wirthschafter, dann 3 Zimmer mit je
2 Betten und überdies ein Raum mit Lagerstätten für 6 Tou¬
risten. Demnach bietet jetzt die Halle'sche Hütte Unterkunft
für 32 Touristen, 32 Führer und das Wirthschaftspersonal. Das
Wetter war ausserordentlich günstig (im Schatten mittags 12U.
35° C, abends 7U. 15 20° C), so dass man den grössten Teil des
Tages vor der Hütte verbringen konnte. Bei dem Festmahl,
welches vorzüglich zubereitet war. wurde in Trinksprüchen des