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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.25 (1899)
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Mittheilungen des Deittschen und Oesterreichischen Alpenvereins.

Nr. 17.

Alpenvereins, der S. Halle und ihres Vorsitzenden, des Bau¬
leiters u. a. m. gedacht. Als Vertreter der Führer war der alte
Hans Pinggera zu dem Festmahle zugezogen worden, der in
einer Rede der S. Halle und ihrem Vorsitzenden, Herrn Albert
Steckner, treuherzige Worte widmete. Den Führern, Bau¬
arbeitern und Trägern wurde gleichzeitig im neuen Führerraume
ein Festessen gegeben. Am Abend wurde auf einem Felskopf
zwischen der Suldenspitze und der Halle'schen Hütte ein Feuer¬
werk abgebi'annt, welches weit hinaus über die Malserhaide bis
nach Reschenscheideck sichtbar war. In freundlichster Weise
wurden die zu Thale gesandten, feurigen Grüsse von der
Schaubachhütte der S. Hamburg und von dem Suldenhötel mit
Raketen und Buntfeuern erwidert. Noch spät in die Nacht
blieben die Festtheilnehmer in gemüthlicher Runde in der
Hütte vereinigt, während die Führer und Bauarbeiter bis in
die frühen Morgenstunden des nächstfolgenden Tages bei Wein,
Gesang und Tanz sich gütlich thaten.

Neues ScesaplanahaUS. An Stelle der verfallenen Schamella¬
hütte derS.Rhätia des Schweizer Alpen-Club wurde am 16. Juli d. J.
das vom Zimmermann und Bergführer Jost von Bergwies mit
Beisteuer des Central-Comites des Schweizer Alpen-Club erbaute
Berggasthaus eröffnet. Dasselbe steht halbwegs zwischen der
Alpe Fasons und der alten Schamellahütte in ca. 19001950 m.
Höhe. Für die Mitglieder des Schweizer Alpen-Club ist ein
grösseres Zimmer mit Heulager reserviert.

Burkhardklamm im Ridnaunthale. Am 18. August wurde
eine am Aglsboden heuer im Winter von Postmeister Stefan
Hailer entdeckte und im Frühling und Sommer durch ihn
auf seine Kosten zugänglich gemachte, interessante Felsenklamm
eröffnet und dem D. u. Oe. Alpenverein zu Ehren auf den Namen
des gegenwärtigen Alpenvereins-Präsidenten, Ministerialrath
Burkhard, getauft. Zur Eröffnungsfeier hatten sich zahlreiche
Festgäste, besonders Mitglieder der Alpenvereinssectionen: Tep-
litz-Nordböhmen, Hannover, München, Nürnberg, Laibach, Inns¬
bruck, Klagenfurt, Berlin, Meran u. s. w., im schönen Sonklarhof
eingefunden, von wo aus der Aufstieg zur Klamm erfolgte. Dort
hielt sodann Herr Hall er die Festrede, in welcher er auf das
ausserordentlich verdienstvolle Wirken der S. Teplitz-Nordböhmen
mit dem unermüdlichen Vorstande, Herrn Reg. Czermak, dann
der S. Hannover mit ihrem Obmanne, Herrn Prof. Dr. Carl
Arnold, hinwies, die das an Naturschönheiten so reiche Thal
erst erschlossen haben, und fügte bei, dass die Bewohner von
Ridnaun alle Ursache haben, dem Alpenvereine dankbar zu
sein. Ein dauerndes Zeichen der Dankbarkeit soll die nun zu¬
gänglich gemachte Klamm sein, und deshalb soll sie den Namen
„Burkhardklamm" führen. Mit einem dreimaligen Hoch auf
den verehrten I. Präsidenten des Alpenvereins, Herrn Ministerial¬
rath W.Burkhard, schloss der Redner. Nun wurde die Burk¬
hardklamm mit ihren Wänden und Wasserstürzen besichtigt und
ein in der frischen Alpenluft unter dem Fusse des Uebelthal-
gletschers doppelt willkommenes Frühstück eingenommen, wor¬
auf eine gelungene alpine Unterhaltung mit Musik und Gesang
und ein treffliches Mahl im Sonklarhof den Abschluss der Er¬
öffnungsfeier bildeten.

Neue Hütten in der Schweiz. Im Laufe des August sind
in den Schweizer Alpen folgende neue Hütten eröffnet worden:
die Hütte auf der Hüfialp, 2270 m., nächst dem Hüfigletscher
im Maderanerthale (Düssistock, Canton Uri) und die neue
Tschiervahütte in der Bernina Gruppe.

hrerwesen.

Für die Familie Josef Reinstadler's. Das Schicksal des bei
Arolla in der Nähe von Zermatt verunglückten Suldener Berg¬
führers Josef Reinstadler (siehe auch S. 212) erweckte wie
überall, so namentlich auch bei den Gästen der neuen alpinen
Hotels in Tirol die lebhafteste Theilnahme. Sulden, die Heimat
des Verunglückten, leitete die erste Hilfsaction für die Hinter¬
bliebenen, eine Witwe und sieben unmündige Kinder, mit schönem
Erfolge ein. In Karersee veranstalteten musikkuridige Gäste am
3. September ein Concert, bei welchem Ciavier, Gesang und De-
clamation actueller Dichtungen das Publicum zu freudiger Opfer¬
willigkeit begeisterten und der schöne Ertrag von ö. W. fl.47l.—
erzielt wurde, den ein anwesender Engländer, Herr D. L. M.
Löwenstein aus London, auf fl. 500.— abrundete. Mit einer
nachträglichen Spende konnten der Familie Reinstadler vom
Karerseehötel fl. 506.— überschickt werden.

Ausrüstung.

Aluminium-Kochapparat. Das Ausrüstungsgeschäft von K.
Knecht & Co. in Bern (Niederlage für Deutschland bei H.
Schwaiger in München, Rosenthal Nr. 7) bringt einen Koch¬
apparat in den Handel, der vollständig aus Aluminium her¬
gestellt ist und aus diesem Grunde, trotzdem er das Abkochen
von etwa 1 Liter Flüssigkeit oder das Schmorren grösserer
Portionen Fleisch etc. auf einmal ermöglicht, also schon ziem¬
lich gross ist, blos etwa 0-5 kg. sammt Leinwandbeutel wiegt.
Der Apparat ist sehr sinnreich ausgedacht, dabei doch sehr ein¬
fach und leicht zu handhaben. Der neuartige Spiritusbrenner
ist durch zwei Aluminiumreifen gut gegen Wind geschützt, so
dass auch auf windigen Höhen ohne Weiteres abgekocht werden
kann. Alle Bestandtheile sind so gemacht, dass sie in dem Koch¬
topf untergebracht werden können, so dass dessen Grosse zugleich
diejenige des ganzen Apparates ist. In unseren Ostalpen ist ja
zwar durch das immer engmaschiger werdende Netz der gut¬
eingerichteten Schutzhäuser ein Kochapparat wohl nur selten
nöthig. Wenn aber ein solcher gebraucht wird, dann kann dieser
Aluminiumkocher nur empfohlen werden. Preis 12 M.

Neue Gletscherbrille. Eine solche aus zwei grossen Glimmer¬
blättern, welche recht praktisch in einen dünnen Metallrahmen
gefasst sind, der rückwärts Filzplatten trägt, wird in einem
Pappfutteral mit der Aufschrift The Lamb, Eye Shield Pats
April 14. 1891, Juni 11. 1895" in den Handel gebracht. Beim
Gebrauch der Brille löst sich durch den Schweiss die graue
oder blaue Farbe der Glimmerblätter, so dass infolge des Un¬
brauchbarwerdens der Brille Gletscherwanderer in die unan¬
genehmste Lage kommen. Unterzeichneter war z. B. gezwungen,
zwei Tage lang ohne Schutz der Augen seine Touren zu machen.

Dr. G. Arnold- Ridnaun.

Unglücksfälle.

Katastrophe an der Dent Blanche. Ein fürchterlicher Un¬
glücksfall, der ein trauriges Seitenstück zu der berühmten Kata¬
strophe gelegentlich der ersten Ersteigung des Matterhorns bildet,
hat sich an der Dent Blanche ereignet und vier Menschenleben
gekostet. Die Engländer Jones und Hill mit den Führern
Furrer, Vinney und Zurbriggen hatten am 28. August den
Anstieg vom Col de la Dent Blanche über den Nordgrat auf
die Dent Blanche versucht. Nach einem ausführlichen Berichte
der „N. Fr. Pr." kletterte die Gesellschaft, welche vom Gipfel
aus von einer anderen Partie beobachtet wurde, anscheinend
ohne besondere Schwierigkeiten bis hoch hinauf. Etwa 50 m.
unter dem Gipfel wurden die Touristen durch die Formation
der Felsgehänge gezwungen, nach Westen hin einige Meter ab¬
zuweichen. Hier versperrte ihnen ein überhängender Fels den
Weg. Um das Hinderniss zu überwinden, zwängten der zweite
Führer und Jones, der als Dritter am Seile gieng, die Pickel
in eine Felsritze. Der erste Führer stieg auf die beiden fest¬
gehaltenen Pickel und suchte oben einen Griff zu erreichen.
Da ereignete sich das Unglück, sei es, dass die Pickel nicht
ganz fest waren und der Fuss ausglitt, sei es, dass ein oben
erfasster Griff nicht hielt. Plötzlich fiel der erste Führer kopf¬
über nach rückwärts in die Luft, riss den zweiten Führer und
Jones mit, und alle Drei stürzten auf die unter ihnen stehenden
Gefährten, den dritten Führer und Mr. Hill, der als Letzter
am Seile hieng. Mr. Hill stand momentan in einer Vertiefung
des Felsens und hatte das Seil um einen Block geschlagen. Mit
furchtbarer Wucht schnellten die drei Führer und Mr. Jones
an ihm vorüber, ein Ruck — das Seil riss zwischen ihm und
den vier Unglücklichen, welche im weiten Bogen über die Felsen
und Eisgehänge auf den Dent Blanchegletscher flogen. Dies war
Montag vormittags 10 U. Hill raffte sich auf und vollendete
die Besteigung allein bis auf den Gipfel der Dent Blanche. Von
oben stieg Hill auf den ihm von früher her bekannten Süd¬
grat zur Wandfluh hinunter und kletterte gegen den Schönbühl¬
gletscher hinab, wo ihn die Nacht überraschte. Am Morgen setzte
er seinen gefährlichen Weg fort, brachte noch eine zweite bange
Nacht auf dem Gletscher zu und erreichte Mittwoch Mittags
mit der schrecklichen Nachricht Zermatt. Hill gab, nachdem
er sich etwas erholt hatte, beiläufig die folgende Darstellung:
„Kurz vor dem kritischen Moment befand ich mich mit dein
Führer Vinney am Schlüsse der Karawane und so weit zurück,
als die Länge des Seiles es erlaubte. Der Führer Furrer hatte