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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.26 (1900)
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Mittheilungen des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins.

Nr. 5.

treten, und damit war ohne Steigeisen die Gefahr des Abgleitens
ungewöhnlich gesteigert worden.

5. Der erste Weihnachtstag brachte dem Monteur Carl
Kalkowski aus Berlin den Tod am Schmirnerjoch. Ohne ge¬
nügende Ausrüstung, mit armseliger Beschuhung hatte Kal¬
kowski den Aufstieg von Käsern aus unternommen; er wollte
unterwegs umkehren, glitt aus, blieb bewusstlos liegen und er¬
fror. Solche Leute thäten gut, sowohl im Sommer wie im "Winter
die Alpen mit ihren Besuchen zu verschonen. (Näheres Mit¬
theilungen'' 1900, S. 18.)

6. Die wiederholt durch Unfälle bekannt gewordenen Rochers
de Naye, zu welchen von Glion aus eine Zahnradbahn empor¬

führt, wurden am Sylvestertage abermals der Schauplatz eines
Unglückes. Die Ingenieure Robert Schuch und Fritz Steiner
versuchten auf ungewöhnlichem Wege die Besteigung und ge-
riethen in eine Lawine, aus welcher sich Steiner noch glück¬
lich herausarbeiten konnte. Schuch's Leiche wurde erst am
Neujahrstage nach langem Arbeiten gefunden.

Wenn ich obige Winterunfälle überblicke, so kann ich
meine Befriedigung darüber nicht verhehlen, dass diesmal der
Wiener Schneeberg und die Rax, die sonst ein erhebliches
Contingent von Winterunfällen lieferten, unfallfrei gewesen sind;
möge das auch in Zukunft so bleiben!

(Fortsetzung folgt.)

Verschiedenes.

Weg- und Hüttenbauten,

Nördlingerhütte. Die Nördlingerhütte an der Reitherspitze
wurde im vergangenen Sommer aussen verschindelt, innen mit
gutem Firnissanstrich versehen und behaglich eingerichtet. Die
Hütte wurde 1899 von 472 Personen besucht.
: Pforzheimerhütte auf dem Schlinigpasse. In dem Aufsatze
des Herrn Dr. Josef Rosenthal, Die Schutzhütten im Jahre 1899,
wird (S. 21 dieser „Mitteilungen") unter Anderem die geplante
Hütte auf dem Schlinigpasse bei Mals als ein Werk des Schweizer
Alpen-Club bezeichnet, was unrichtig ist. Diese Hütte wird, wie
bereits seinerzeit gemeldet, von unserer S. Pforzheim erbaut;
sie kommt zwar sehr nahe der Schweizer Grenze, aber doch
noch auf Tiroler Boden.

Ein Hüttenbauplatz in der Rieserferner Gruppe. Die S.Brun-
eck unseres Vereins sendet nachfolgende Zeilen: „Es kommt
häufig vor, dass bemittelte und unternehmungslustige Alpen-
vereinssectionen einen geeigneten Bauplatz für ein Schutzhaus
suchen. Ein solcher befindet sich in den oberen Mühlbacher
Alpen, beiläufig 4 1 / 2 Gehstunden nordöstlich von Brnneck, etwa
zwischen der Höhencote 2030 und 2362 m. der österr. General¬
stabskarte (Blatt Bruneck). Eine Hütte an diesem Punkte —
der kaum 1 St. ober der Holzgrenze und in unmittelbarer Nähe
eines guten Trinkwassers sich befindet — wäre ein günstiger Aus¬
gangspunkt nicht nur fürden aussichtsreichen Windschar (3042 m.),
den Rauchkofel (3043 m.), den Morgenkofel (3070 m.), den Kleinen
und'Grossen Fensterlekofel (3141 und 3175 m.), die Schwarze
Wand (3106 m.) u. s. w., sondern auch für folgende Uebergänge:
1). Von der Unterwangeralpe über den Sattel in das Oberwielen-
hacherthal und weiter beim Rammelstein (2486 m.) vorbei in
das Antholzerthal, dann über den Stallersattel nach Defereggen.
2- Von der Oberwangeralpenhütte zwischen dem Morgenkofel
und der Schwarzen Wand auf das Gänsebichljoch (2792 m.) und
durch das Gellthal nach Rein und Taufers. 3. Von der Gänse-
bichelscharte könnte man durch allerdings zumTheile schwierigere
Wegherstellungen die Ersteigung des Ruthnerhorns (Schneebiger
Nock, 3360 m.) von der Südseite ermöglichen und auf diese
Weise die Verbindung mit der Casseler- und mit der projectierten
Fürtherhütte in der Rieserferner Gruppe herstellen. 4. Gegen
Norden über die Grubscharte (2803 m.) und Elferscharte in das
Gellthal und nach Sand in Taufers. Ausser den vorerwähnten
Bergen wären von dem oberen Mühlbacher Alpenboden niedrigere,
aber; sehr lohnende Aussichtspunkte, so das Geierrastl (2807 m.),
der Zinsnock (2534 m.) u. A. leicht erreichbar und namentlich
der Besuch des letzteren mit einer höchst genussreichen Wan¬
derung über die Geige (2040 m.) und die Tesselberger Alpen
au verbinden. Der Mühlbacher Alpenboden bietet überdies eine
mannigfaltige alpine Flora. Der Zugang zu den herrlichen Mühl¬
bacher Alpen kann entweder von Bruneck (830 m.) über Amaten
(1302 va.); Tesselberg (1459 m.), oder über Gais bewirkt werden;
man findet in den Sommermonaten im Mühlbacher Bade (1695 m.)
recht gute und billige Unterkunft. Der Badwirth, J. Kam¬
merer, ist mit der Errichtung eines Schutzhauses in den Mühl¬
bacher Alpen vollkommen einverstanden, weil er dadurch eine
grössere Frequenz erhofft. Die S. Bruneck ist gerne bereit, Aus¬
künfte zu ertheilen, und die bauführende Section thatkräftigst
zu unterstützen."

Bei dieser Gelegenheit möge auch darauf hingewiesen werden,
dass es. höchst erwünscht wäre, wenn auf der im obersten Defer-
eggenthale, nahe der Gabelung des Affen- und Schwarzachthaies
gelegenen Jagdhausalpe, 2012 m., ein wenn auch nur einfacher
Stützpunkt für Bergwanderer geschaffen würde. Die Ausstattung

eines Zimmers in einer der gemauerten Alpenhütten und Er¬
richtung eines Proviantdepots würde genügen, um eine jetzt
selbst sehr genügsamen Bergfreunden nicht anzurathende Nächti¬
gung zu ermöglichen, wodurch von diesem Mittelpunkte zwi¬
schen Lenkjöchelhütte, Clarahütte, Erlsbach im Defreggenthale
(das für Bergfahrten etwas tief liegt) und Rein-, beziehungs¬
weise der Casselerhütte, schöne Bergfahrten zu ermöglichen,
darunter vor allem den schönen Uebergang über den jetzt fast
nie besuchten Nordflügel der Rieserferner Gruppe direct zur
Casselerhütte. H. H.

Normalschlüssel zu den Hütten des Oesterr. Touristen-Club.

Die behördlich autorisierten Bergführer im Stubai und Oetz-
thal, sowie in der Umgebung von Innsbruck, mit Einschluss
von Scharnitz und Leutasch, erhielten im Wege der S. Innsbruck
des D. u. Oe. Alpenvereins Normalschlüssel zu den Hütten des
Oesterr. Touristen-Club ausgefolgt, wodurch denselben auch Berg¬
touren in das Thätigkeitsgebiet des Oesterr. Touristen-Club in
Tirol erleichtert werden.

Verkehr und Unterkunft.

Angebliche Fremdenbesteuerung in Tirol. Vor Kurzem gieng
durch die Tagesblätter die Nachricht, der Landesverband für
Fremdenverkehr in Tirol plane die Besteuerung der Luxus¬
reisenden in der Weise, dass denselben gesetzlich die Entrichtung
einer Meldungstaxe auferlegt werden solle. Dem gegenüber er¬
klärt nun das Präsidium des Tiroler Landesverbandes, dass aller¬
dings demnächst Conferenzen sich mit der Erzielung eines Landes¬
gesetzes in Fremdenverkehrsangelegenheiten befassen werden,
doch soll hiedurch lediglich die Möglichkeit angestrebt werden,
alle aus dem Fremdenverkehre Nutzen ziehenden Geschäftsleute
des Landes gesetzlich zu einer entsprechenden Beitragsleistung
für die Hebung und Förderung des Fremdenverkehres heran¬
zuziehen. Der Einführung einer Meldungstaxe von zwei Kreuzern
wurde zwar in der letzten Centralausschusssitzung anlässlich der
Besprechung über die Reform des Meldewesens und die Fremden¬
verkehrsstatistik und über die Aufbringung der hiedurch er¬
wachsenden bedeutenden Auslagen gesprächsweise Erwähnung
gethan, doch ist niemals ein Beschluss gefasst oder in einer
Sitzung auch nur ein Antrag gestellt worden, der im Ent¬
ferntesten die Absicht enthielte, den das Land Tirol besuchenden
Fremden in irgend einer Form eine Steuer aufzuerlegen oder
eine solche im Gesetzwege anzustreben, so dass also von einer
durch den Tiroler Landesverband geplanten Fremdenbesteuerung
absolut keine Rede sein kann.

Vinschgaubahn. Nach Zeitungsmeldungen ist die finanzielle
Sicherstellung der Bahn durch den Vinschgau nach Mals in kurzer
Zeit zu erwarten. Ueber die Trace dieser für den Touristen¬
verkehr sehr wichtigen Bahn verlautet Folgendes: Nach dem Pro-
jecte soll die künftige, mit der Bozen-Meranerbahn gemeinschaft¬
liche Station Meran in einer den Interessen des Curortes ent¬
sprechenden Weise westlich von der bestehenden Station an¬
gelegt werden. Die Ueberwindung der zwischen Meran und der
Toll liegenden Thalstufe ist durch Entwicklung an der Marlinger
Lehne gedacht. Dieser Theil bietet die grössten Bauschwierig¬
keiten. Von der Toll ab ist die Mitbenützung der Etschregu-
lierungsdämme bei Castelbell in Aussicht genommen, von welchen
Dämmen jedoch leider erst ein geringer Theil ausgeführt ist.
Im weiteren Zuge bei Schlanders führt die Bahn ziemlich im
Thalboden, um sodann zu ihrer Endstation bei Mals anzusteigen,
welche derart projectiert ist, dass sowohl eine spätere Fortsetzung
der Bahn nach Landeck, als auch ein Anschluss durch das Münster¬
thal nach der Schweiz ermöglicht erscheint.