Nr. 24.
Mittheilungen des Deutschen und Oesterreicliisclien Alpenvereins.
293
Schwierigkeit. Die geplante Fortsetzung der Tour zu der wahr¬
scheinlich auch noch unbetretenen Wasenspitze, 2664 m., wurde
durch Zeitmangel und ein heranziehendes Gewitter verhindert,
Dr. Heinrich Hammer, Marianne Höss,
Innsbruck.
Anipezznner Dolomiten.
Tofana di Roces. In meinem Berichte über die Besteigung der
Tofana di Roces durch die Damen Ilona und Rolanda v. Eötvös
aus Budapest (vgl. Nr. 22, S. 271) ist, wie Herr G. Stopper
in Graz festgestellt hat, ein Irrthum unterlaufen. Der Anstieg,
welchen die beiden jungen Damen
als
Erste ausführten, erfolgte
über die Südwand, nicht über die Nordostwand. In dieser
Weise wurde auch die Tour sowohl von den genannten Damen,
als von dem Engländer Mr. Hellmann, der dieselbe eine Woche
später ausführte, in die betreffenden Führerbücher eingetragen.
Von den Cinque Torri oder vom Nuvolau aus, das ist genau
von Süden aus gesehen, erscheinen die stark abfallenden Süd¬
wände der Tofana di Roces in mächtiger Breite. In der Mitte
dieser Wände, ungefähr auf halber Höhe des Berges, erblickt
man eine Riesennische, welche bis hinauf zum Grate von nahezu
verticalen Wänden umrahmt ist. Zu dieser Nische wurde zu¬
erst aufgestiegen und von derselben links (westlich) über die
Wände weitergeklettert, um nach äusserst exponierter Traver-
sierung in schwindelnder Höhe auf den Grat und über diesen
zur Spitze zu gelangen. Im grossen Ganzen erfolgte also der
neue Aufstieg erst in nordwestlicher und dann in nordöstlicher
Richtung.
Prof. Dr. Pott.
Rosengarten Gruppe (Larsec Gruppe).
.Kammwanderung Passo delle Scalette—Grasleitenpass. Am
24. September 1899 um 7 U. früh mit Luigi Rizzi die Vajolet-
hütte verlassend, umgiengen wir die Südwestecke der Cima delle
Poppe und gelangten um 8 U. über Schutt und leichtes Ge-
schröfe zu der unbenannten Scharte zwischen erstgenannter
Spitze und der Piramida di Larsec. Ueber die brüchige Schneide
des deutlich vorgezeichneten Nordwestgrates führte eine halb¬
stündige Kletterei in eine Scharte direct unter dem Gipfel,
welcher über eine 15 m. hohe, plattige Stufe gewonnen wurde,
9 U. 5
(II.
Erst.,
I.
von Nordwest). Die verlockende Ueber-
querung auf der Route Norman-Neruda-Wagner über den
Südostgrat hinderte der Mitte September leider so stark gefallene
Neuschnee. Unter Benützung des gleichen Rückweges stiegen
wir nach flüchtigem Besuch einer unbedeutenden Graterhebung
im weiteren Verlaufe des Südostkammes zur Pala dello Formade,
11 U. 30 —12 U. 15, jenem Gipfel, der die eigenartig-schöne
Aussicht auf die Vajoletthürme gewährt, wie sie das Bild Seite 381
der „Zeitschrift" 1898 veranschaulicht. Der nun folgende, vorher
noch nicht ausgeführte Uebergang zum Cran Cront, dem Haupt¬
gipfel der Dirupi di Larsec, nahm l
3
/
4
St. in Anspruch; er ist
wegen der interessanten Felsformationen und instructiven Ein¬
blicke sehr empfehlenswert. Man steigt nordöstlich von der
Fermade zur äusserst wildzerrissenen Scharte westlich des Cran
Cront, von da über eine 15 in. hohe Platte zum Verbindungs¬
kamm, der, mauerartig geformt, mit massigeren
üb
-missen,
als es für den Kommenden anfänglich scheint, zum hübsch ge¬
formten Gipfelbau führt (2 U. — 2 U. 30). Auf dem gewöhn¬
lichen Wege in das Larsecthal hinab und dicht unter den Felsen
uns haltend, nahmen wir bei leichter, anregender Arbeit die
Ostseite der Cima delle Poppe in Angriff \ind gelangten über
den Mittelgipfel zum Nordgipfel (4 U. 50). Nach der bequemen
Wanderung zur Scalieretspitze gieng ich auf markiertem Steig
am Kesselkogel vorbei, den leider bereits Schneewolken ver¬
hüllten, zum Grasleitenpass und war um 6 U. wieder in der
Hütte zurück.
Cima delle Poppe
(I.
Durchkletterung der Westwand). Die
wenigen Karten, die ich in den Steindauben der Larsec Gruppe
gefunden, erklären durch den auffallend geringen Besuch im
Verhältnis zu ihren Nachbarn den Umstand, dass trotz der gün¬
stigen Lage der Vajolethütte eine die geübteren Steiger förm¬
lich herausfordernde Aufgabe so lange unbeachtet geblieben ist.
Nur 15 Min. von der Hütte befindet sich der Einstieg, der über
ein System von gut gangbaren Rinnen zu dem nördlichen der
drei Risse führt, die die Westwand durchziehen. Man benutzt
diesen jedoch nur bis zu einer feuchten Nische gleich anfangs
und geht an der rechten Wand auf einem Gesimse wieder heraus,
sehr luftig, bei spärlichen und schlechten Griffen bis zu einem
guten Stand, 20 m. weiter oben weiterkletternd. Ein sichel¬
förmig gebogener, dann ein schraubenähnlicher, zuletzt ein senk¬
rechter Kamin mit gutem Gestein von je 18 m. folgen. Ein
breites Band führt nach rechts in das Couloir, das zwischen
Mittel- und Südgipfel endigt, unmittelbar jedoch an der breiten
Terrasse unter den drei Gipfeln anschliesst. Von hier aus ist
der Mittelgipfel auf verschiedenen Stellen zu erreichen. Der
Aufstieg erforderte wegen vielfachen Aufseilens des Gepäckes
4
3
/
4
St. Führer war wie oben Luigi Rizzi (28. Sept. 1899).
G. Herold-Lindau
i. B.
Verschiedenes.
Weg- und Hüttenbauten,
Wegbau der S. Krain. Der „Consul Vetter-Weg" der S.
Krain, Avelcher, bei der Vosshütte beginnend, in etwa l
1
^ St.
Länge an die Südseite des Prisang hinführt und den Auf¬
stieg auf diesen Gipfel, sowie auf den Razor wesentlich kürzt,
aber auch für sich allein einen prachtvollen alpinen Höhen¬
gang ermöglicht, wurde im September d. J. fertiggestellt.
Herr Consul Camillo Vetter, dem zu Ehren der Weg be¬
nannt wurde, hat die Kosten der Anlage selbst bestritten
und sich so neuerlich als warmer Freund und Gönner der
alpinen Bestrebungen der S. Krain bewährt.
Thätigkeit der S. Vorarlberg. Das grosse Arbeitsgebiet
der Section erforderte wieder entsprechende Thätigkeit; neben
den jährlich nothwendigen Ausräumungen des Strauss-,
Dreischwestern-, Schlapinajoch- und Gentscheljochweges
machten die Wege in der Umgebung des Madienerhauses,
zur Tilisunahütte, dann von Brand zur Douglasshütte und
auf die Scesaplana, welch letztere durch wiederholte
Wetterschäden bedeutend gelitten haben, mehrmahlige Aus¬
besserungen nöthig. Neuangelegt wurde ein Fusssteig vom
Kapell- zum Hochjoch (Schruns) und vom Plaseggenpass
zum Sarotlajoch. Markierungen wurden ausgeführt: von
Damüls zum Hohen Freschen, über die Furka nach Inner-
laterns, über das Gweiljoch und Gampadels nach Tilisuna,
von Schruns auf das Kapelljoch und vom Hochjoch zur Za-
mangspitze, durch das Silberthal zum Gafluner Winterjöchl,
von Parthenen durch das Verbellenthal zur Konstanzerhütte.
Hiebei kamen 22 Wegtafeln zur Aufstellung. Im kommen¬
den Jahre ist neben vielen kleineren Arbeiten die Er¬
stellung eines Steges vom Madienerhause über die 111, dann
die Anlage eines Fusssteiges in das Klosterthal gegen den
Klosterpass (Silvretta) und die Fortsetzung des Weges
vom Sarotlajoch zur oberen Röbialpe in Aussicht genom¬
men; mit letzterer Weganlage wäre eine Höhenwanderung
längs der ganzen Rhätikonkette, von den Dreischwestern
über die Scesaplana-Sulzfluh bis Gargellen ermöglicht, aber
noch nicht zum Abschlüsse gebracht, da eine Fortsetzung
in das Silvrettagebiet nicht ausgeschlossen ist. Die Unter¬
kunftshütten waren durchaus gut besucht, die Fremden¬
bücher weisen aus: Freschenhaus 340 (-f- 161), Douglass¬
hütte 1450 (+ 114), Tilisunahütte 597 (+ 86), Madienerhaus
380 (-f- 55). Die beschränkten Raumverhältnisse machten
sich wieder recht fühlbar, Grund genug, um die genannten
Vergrösserungen consequent zur Durchführung zu bringen.
Die Arbeiten am Freschenhause sind vergeben und werden
nächsten Sommer vollendet; viel zu denken giebt die Er¬
weiterung der Douglasshütte, doch ist auch da Hoffnung
vorhanden, dass im nächsten Sommer mit den Vorarbeiten
begonnen werden kann.
Schutzhütten der S. Passau. Die Passauerhütte wurde
heuer von 72, die Schmidt-Zabierow-Hütte von 210 Personen
besucht. Beide Hütten sind blos mit dem Alpenvereins¬
schlosse versehen und im Winter nicht verproviantiert. Die
Schmidt-Zabierow-Hütte wird im nächsten Jahre vom 15. Juni
bis 20. September bewirtschaftet werden.
Verkehr und Unterkunft.
In Cavareno (Bezirk Cles, Südtirol) wurde ein ganzjährig
wirksames Telegraphenamt mit beschränktem Tagesdienst
eröffnet.
|
---|