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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.32 (1906)
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Nr. 5.

Mitteilungen des Deutschen und österreichischen Alpenvereins.

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Absichtlich führe ich zuerst diejenigen auf, die, abgesehen
von Zeit und Mühe, eigentliche pekuniäre Opfer nicht
erfordern, die also überall getroffen werden können, wo
sich nur einige geeignete Männer bereit finden, die Sache in
die Hand zu nehmen.

6. Die Schülerreisen sind zu fördern durch Auf¬
stellung von Reisen für alle Ferien (mit vorläufiger
Ausnahme der Weihnachtsferien), durch Bearbeitung
praktischer Reisepläne, durch Einrichtung von Ge-
sellschaftsfahrten, durch andere Ermäßigungen,
durch Aufstellen einer Wanderordnung mit ent¬
sprechender Tageseinteilung (antialkoholische Ten¬
denz! Ausrüstung!), durch Verwertung der Erfahrungen
vorhergegangener Reisen auf den späteren.

Dazu ist zu bemerken: Ermäßigungen lassen sich ins¬
besondere erreichen bezüglich der Kosten für Nächtigling und
für Sehenswürdigkeiten.

Die Wandervögel lassen sich Stroh auf den Tanzsaal
werfen oder kriechen auf den Heuboden und zahlen dafür
meist pro Mann 10 Pfennig. An sich haben wir nichts gegen
diese Art. Wenn unsere Jungen einmal ins Feld müßten,
würden sie es oft noch schlechter haben und vor allem: den
Jungen gefällt's! Aber bei kleiner Wanderschar und in stark
besuchten Gegenden werden sich die Wirte kaum darauf ein¬
lassen. Hingegen stehen gerade in den Ferien Turnhallen,
Schulzimmer usw. leer, sie wären wohl zu verwenden.

In Dresden besteht z. B. bei einer höheren Schule ein
Alumnat. In den Ferien steht stets die Hälfte der Betten
frei. Wie viel Wohltat ließe sich hier ohne Kosten schaffen!
Ähnlich wird es an vielen anderen Orten stehen.

In dieser Beziehung könnten sich die einzelnen Sektionen
auf das beste unterstützen, desgleichen durch Schritte, dahin
gehend, daß die Sehenswürdigkeiten ihres Ortes den reisenden
Schülern zu ermäßigten Preisen geöffnet wären.

Für die Wanderordnung ist antialkoholische Tendenz —
ohne absurde Strenge natürlich — empfehlenswert, wie sie
z. B. dem Wandervogel eignet. Die Reise wird billiger und
die Reisenden bleiben leistungsfähiger.

Wichtig ist die Frage, ob man dem Unternehmen auch
gelegentliche oder regelmäßige Ganz- oder Halbtagswande¬
rungen während der Schulwochen angliedern soll, wie das
fast bei allen bestehenden Wandereinrichtungen der Fall ist.
Wir können nicht dazu raten. Die Mittelschüler, wenigstens
die in Sachsen, finden schwerlich die Zeit dazu. Ob dieser
Zustand erfreulich ist oder nicht, unterliegt hier nicht unserer
Beurteilung. Wir müssen mit den bestehenden Verhält¬
nissen rechnen.

Trotzdem werden sich unter den Ferienreisenden kleine
Wandergenossenschaften bilden, die auch in den Arbeits¬
perioden einmal miteinander hinauswandern, wenn ihnen die
Zeit bleibt. Und diese selbstsprossenden Unternehmungen
müssen unterstützt und gepflegt werden.

Um die Reihe der Förderungsmittel zu erschöpfen, die
eher oder später noch in Frage kommen können, sei erwähnt:

Die Bitte an das Ministerium für Kultus und öffent¬
lichen Unterricht um Empfehlung. Das Gesuch an die Staats¬
bahn um Aufnahme unserer Abteilungen in die Liste der¬
jenigen, denen die billigen Preise der Schülerfahrten zuge¬
billigt werden. Gründung und Verwaltung einer Reisespar¬
kasse.

Nun werden aber die Sektionen, sofern sie in der Lage
sind, sicherlich auch gewillt sein, eine Summe zu opfern für
die Durchführung eines Planes, der zweckmäßig und gut er¬
scheint. Geschieht das, dann können eine Reihe von
Förderungsmitteln ergriffen werden, die Geldaus¬
gaben verursachen.

7. Die Schülerreisen sind ferner zu fördern
durch Ausleihen von Reiseführern, Karten, Aus¬
rüstungsgegenständen, durch Zuschüsse zur Ver¬
proviantierung, durch Anleitung der Führer und
Vergünstigungen für dieselben.

Nur weniges ist hinzuzufügen.

Die Schülerwanderungempfiehlt natürlich auch eine ent¬
sprechende Ausrüstung. Die Neulinge werden diese Emp¬
fehlung häufig wenig beachten. Können wir diesen, besonders
wenn sie nicht allzureich gesegnet sind mit irdischen Gütern,
einen Rucksack, eine Pelerine, eine Feldflasche, den Führern

auch einen Kompaß, eine Reiseapotheke, leihen, so wird
fortan ihr Wünschen auf den Besitz solcher Dinge gerichtet
sein, und auf dem Weihnachtstisch wird sich atatt einer
Zigarrentasche, einer Meerschaumspitze oder eines Bierzipfels
ein wichtigeres Stück der Ausrüstung vorfinden. Dabei
können wir billige Einkaufsquellen nachweisen, auch durch
Gesamtbezug für die Schüler die Preise verbilligen.

Eine Frago von grundsätzlicher Bedeutung ist die Art
der Verpflegung. Vom Wandervogel wird berichtet, daß er
Koch, Kellner, Hausknecht, Portier in einer Person sei.
Draußen am Waldrande oder auf freiem Felde wird ab¬
gekocht. Andere verwerfen diese Art.

Wir werden wohl das Rechte treffen, wenn wir es so
halten: Die Hauptmahlzeit wird nach Abschluß der Tages¬
wanderung im Gasthaus eingenommen, tagsüber aber kann
bei den Rasten recht wohl einmal eine Suppe, ein Tee ge¬
kocht werden, besonders an kühleren Tagen. Hierbei können
nun Zuschüsse zum Proviant gegeben werden.

Unsere Führer werden sich selbst bilden, können wir sie
aber vor Beginn der Reisen einige Male unter unserer Füh¬
rung zusammen nehmen und auf einer oder einigen Wande¬
rungen anleiten, worauf zu achten ist, bei Marsch und Rast,
was man in diesem oder jenem Falle tun würde usw., so wird
das der Sache förderlich sein. Natürlich müßte man in die¬
sem Falle das Fahrgeld aus der Kasse bestreiten. Auch ist
es wünschenswert, einen oder den anderen um die Sache be¬
sonders verdienten Führer auszeichnen zu können durch eine
Gabe oder eine Reiseunterstützung.

Diese Förderungsmittel fordern pekuniäre Mittel, jedoch
auch diese nur in bescheidener Höhe. Ich glaube, daß man
mit folgenden Ansätzen schon viel erreichen kann:

I. Verwaltung (Druck, Listen, Porto) . . 50 M.
II. Führer und Karten ........ 80 „

HI. Ausrüstungsgenstände ....... 100 „

IV. Entschädigung für eine Geschäftsstelle . 20 „

V. Reserve (Proviant etc.) ...... 50

300 M.

Dabei ist Voraussetzung, daß der Verkehr zwischen den
Unternehmern und den Schülern durch je einen Lehrer jeder
Schule vermittelt wird. Nur so lassen sich die großen Kosten
für Benachrichtigung jedes einzelnen Schülers sparen.

Es erübrigt nur noch, die Leitung des ganzen Unter¬
nehmens in Kürze zu besprechen. Zur Durchführung ist
ein besonderer Ausschuß zu bilden. Dieser kann der Sektion
angegliedert sein oder kann von ihr losgelöst werden.
In Dresden z. B. sprechen die Umstände für den letzten
Modus. Es gibt hier noch andere Vereine, die die Schüler¬
wanderung unterstützen können und wollen. Für sie alle
kann der losgelöste Ausschuß der neutral© Boden sein, auf
dem sie sich zusammenfinden. Bei der Bildung desselben ist
zu beachten, daß in ihm eine Anzahl Mitglieder der Sektion
tätig sind und daß er sich in der Hauptsache aus Lehrern
hiesiger höherer Schulen zusammensetzt. Wo schon eine
Einrichtung von Schülerwanderungen besteht, kann man
dieser die Unterstützung gewähren.

Mit der Vereinigung, die die Durchführung übernimmt,
ist folgender Vertrag abzuschließen.

8. Die Sektion stellt dem hierorts begründeten
freien Ausschuß für Schülerreisen jährlich 300 M.
für seine Zwecke zur Verfügung. Die Summe kann
erhöht, vermindert oder in Wegfall gestellt werden.
Weitere Verpflichtungen und Verbindlichkeiten,
insbesondere etwaige Haftung bei Schäden oder
Unfällen, übernimmt die Sektion nicht.

Solange eine Unterstützung gezahlt wird, hat
der freie Ausschuß der Sektion gegenüber die
Pflicht dejr Berichterstattung, der Rechnungs¬
legung, der Zuziehung des Sektionsvorsitzenden
zu den Beratungen.

Was der D. u. O. Alpenverein bisher begonnen hat, das
hat einen Zug ins Große und Beständige. Möge der Stern
des Gelingens auch über dem neuen Unternehmen, den
Schülerreisen leuchten, ob sie nun von uns oder einer an¬
deren Sektion unseres Gesamtvereins ins Leben gerufen wer¬
den, zu Nutzen unserer deutschen Jugend.

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