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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.32 (1906)
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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins.

Nr. 5.

Entwurf einer Wanderordnung,

die sich auf die entwickelten Grundsätze aufbaut:*

1. Zugelassen zur Beteiligung sind Schüler zumeist
Dresdner Schulen Tom vollendeten 15. Lebensjahre ab, bei
den Osterreisen auch Abiturienten dieser Schulen. Studenten
können sich beteiligen, wenn sie befähigt und gewillt sind,
die Führung einer Gruppe zu übernehmen.

2. Die Anmeldung hat für jede Eeise bis zum vor¬
letzten Tage vor Antritt derselben unter Erlegung des Reise¬
geldes** in der Geschäftsstelle zu erfolgen. Der Betrag stellt
im allgemeinen den Höchstverbrauch auf der Eeise dar. Er¬
sparnisse, die der Einzelne davon macht, werden ihm zurück¬
gezahlt. Die Anmeldung kann unter Rückgabe der Quittung
zurückgezogen werden. In diesem Falle werden vom ein¬
gezahlten Betrag 50 Pfg. für Drucksachen und Schreibgebühr
abgezogen.

3. Für die Tageseinteilung bei den Reisen gilt im
allgemeinen: Zeitig aus dem Quartier — Zweistündige Wan¬
derung — Einstündige Rast — Dreistündige Wanderung —
Zwei- Dis dreistündige Rast — Zwei- bis dreistündige Wan¬
derung. Die Rasten werden, wenn möglich, im Freien ver¬
bracht. Die Teilnehmer wandern in kleinen Gruppen von
etwa 4 Mann. Die Führung hat zumeist ein älterer, wander¬
erfahrener Genosse. Überanstrengung soll vermieden wer¬
den, Klettertouren sind verboten. Es wird den Teilnehmern
Zeit und Muße bleiben, Natur und Freiheit zu genießen.
Sammeln, Skizzieren, Photographieren wird, besonders wäh¬
rend der Rasten, empfohlen.

4. Für die Verpflegung gilt im allgemeinen: Jeder
Reisende hat sich für die ganze Dauer der Reise ausreichend

* Es mangelt der Kaum, die Anweisung für die Führer,
die Keisen für 1906, die Anweisung für die Geschäftsstelle ab¬
zudrucken, doch werden diese Einzelheiten der Einrichtung
Interessenten auf Wunsch gern zur Verfügung gestellt durch
Fritz Eckardt, Dresden 27, Bambergerstraße 21.

** Bei den fünftägigen Reisen 1112 M., bei den zehntägi¬
gen 21 M.

mit Proviant zu versehen. Zu empfehlen ist Speck, ge¬
räucherte Wurst, Tee in Würfeln, Suppentafeln, Früchte,
Kuchen, Zucker. Nur die Hauptmahlzeit wird, und zwar
nach Abschluß der Tageswanderung, im Gasthause einge¬
nommen. Mitführen von alkoholischen Getränken ist verboten.

5. Ausrüstung, a) Es sind zu empfehlen: gutpassende
Schnürstiefel (benagelt), Pumphose, Lodenpelerine, wollene
Unterkleidung, Handtuch, Rucksack, Aluminiumfeldflasche,
leichte Schuhe für den Abend, außerdem für Pfingst- und
Sommerferien: Badehose, für Ostern und Michaelis: wollener
Schwitzer und Handschuhe.

b) Eine beschränkte Anzahl von Führern, Karten und
Ausrüstungsgegenständen (Rucksäcke, Pelerinen, Feldflaschen,
Kochapparate) sind gegen Einsatz und unter der Bedingung
pfleglicher Benützung in der Geschäftsstelle für die Dauer
je einer Reise unentgeltlich zu verleihen.

c) Werden diese Gegenstände in einem Zustande zurück¬
gebracht, der einer pfleglichen Benützung nicht entspricht,
so wird ein entsprechender, vom Zeugwart zu bestimmender
Betrag vom Einsatz zurückbehalten.

d) Die ausgeliehenen Gegenstände sind in der Woche
nach Abschluß der betreffenden Reise in der Geschäftsstelle
abzugeben. Für jede weitere angefangene Woche wird eine
Leihgebühr von 20 Pfg. für jeden Gegenstand vom Einsatze
abgezogen.

6. Bei der Anmeldung ist seitens der Schüler, die sich
zum ersten Male an einer Dresdner Schülerreise beteiligen
wollen, die schriftliche Erklärung (Vordrucke in der Ge¬
schäftsstelle) ihres Pflegeverpflichteten beizubringen, daß
dieser die Beteiligung an den Dresdner Schülerreisen erlaubt
und mit den Bestimmungen und Bedingungen einverstanden
ist. Schüler, deren Betragen auf der Reise zu Klage An¬
laß gibt, werden vom Ausschusse zu späteren Reisen nicht
zugelassen. Auch sonst ist der Ausschuß berechtigt, Schüler,
deren Beteiligung aus irgend einem Grunde bedenklich er¬
scheint, selbst ohne Angabe dieses Grundes zurückzuweisen.

7. Eine Aufsicht über die Teilnehmer im Sinne
von § 832 des BGB. wird ausdrücklich abgelehnt.
Für Schäden oder Unfälle kommt der Ausschuß
nicht auf.

Verschiedenes.

Weg- und Hüttenfcauten.

Tätigkeit der S. ÄUStria. Der günstige Sommer des ver¬
flossenen Jahres hatte eine wesentliche Steigerung der Be¬
suchsziffern der Sektionshütten zur Folge. Es wurden be¬
sucht die: Austriahütte von 1351 Personen (gegen 834 im
Vorjahre), Brünnerhütte 327 (189), Grobgesteinhütte 157 (132),
Rudolfshütte 981 (856), Simonyhütte 1520 (1071). Die größte
Aufmerksamkeit der Sektionsleitung wurde naturgemäß dem
Baue der am Großen Gosaugletscher prächtig gelegenen
Adamekhütte gewidmet und es wird trotz vieler Hindernisse
und großer finanzieller Inanspruchnahme möglich sein, diese
Hütte im Jahre 1906 fertigzustellen und 1907 zur Eröffnung
zu bringen. Alle übrigen Hütten der Sektion wurden instand
gehalten; weiters wurden ausgedehnte Wegmarkierungen
im ganzen Dachsteingebiete vorgenommen. In betreff des
Führerwesens sei erwähnt, daß im verflossenen Jahre in
Gosau, HaUstatt, Ramsau und Uttendorf Führertage ab¬
gehalten wurden. Es unterstehen in genannten Orten ins¬
gesamt 25 Führer und 8 Aspiranten (Träger) der Aufsicht
der Sektion, welche es sich zur ersten Pflicht macht, für
einen tüchtigen und verläßlichen Nachwuchs in der Führer¬
schaft yorzusorgen. Im Vereine mit der Sektion „Linz" des
D. u. 0. Alpenvereins wurde ein neuer Bergführertarif für
das gesamte Dachsteingebiet ausgearbeitet, welcher (mit Be¬
willigung der Bezirkshauptmannschaften) im heurigen Jahre
in Kraft tritt. Dadurch wurde einem bestandenen Übel ab¬
geholfen, da die alten Tarife den jetzigen Verhältnissen
nicht mehr entsprachen. Es sei darauf aufmerksam gemacht,
daß der neue Tarif im Alpenvereinskalender pro 1906 bereits
enthalten sein wird und selbstverständlich sämtliche Touren,
die von der Adamekhütte sowie von der Hofpürgelhütte
unternommen werden können, in sich schließt.

Fürtherhütte (der S. Fürth) auf dem Gänsebichljoche,
Rieserfernergruppe. Die S. Fürth hatte im vergangenen

Jahre für die erst im zweiten Jahre ihrer Benützung stehende
Fürtherhütte infolge Abhebung des Daches durch einen ge¬
waltigen Orkan ein neues Dach mit bedeutendem Kosten¬
aufwand herzustellen. Es ist aber nun in umfassendster
Weise dafür gesorgt, daß die Hütte jedem Unwetter stand¬
hält. Das Dach ist nach innen und mit starken Drahtseilen
auch nach außen verankert und es ist menschlicher Berechnung
nach ausgeschlossen, daß es ein Orkan abermals abheben
kann. Die Hütte, die, trotz der starken Beschädigungen,
bis zur Reisesaison wieder vollständig restauriert war, hatte
letzten Sommer 20 Gäste mehr als im Vorjahre aufzuweisen.
Sie steht in prachtvoller Hochgebirgslandschaft, günstig so¬
wohl für Bergtouren, als auch für Übergänge und ist nun
noch der Vorteil hinzugekommen, daß die Hütte trotz ihrer
hohen Lage, 2792 m, ganz auf gutem Felswege zu erreichen
ist. Sie kann also auch von wenig geübten Touristen be¬
sucht werden. Die S. Erlangen hat es im verflossenen Sommer
in liebenswürdiger Weise übernommen, den Weg durchs Gelt¬
tal, der bisher in seinem oberen Teile über den Gelttalferner
führte, umzubauen, so daß er nun im Sinne des Aufstiegs
links über felsiges Gelände den Gletscher umgeht. Der
S. Erlangen wird auch an dieser Stelle nochmals herzlich
für ihre Mithilfe gedankt. Bewirtschaftet ist die Hütte jedes
Jahr von Anfang Juli bis Ende September.

FüJirerwesen.

f Johann Purz vulgo Preissei. Den „Münchner Neuesten
Nachrichten" zufolge ist am 28. Februar in der Berchtea-
gadener Ramsau der ehemalige Führer Johann Punz vulgo
Preissei im Alter von 63 Jahren gestorben. Prunz-Preissei
war einer der tüchtigsten Führer seiner Zeit, dem alle jene,
welche je mit ihm Touren zu machen Gelegenheit hatten,
das freundlichste Andenken bewahren werden. Ein Zeit¬
genosse des hervorragendsten Berchtesgadener Führers Ke d er-