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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.34 (1908)
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Mitteilungen des Deutschen und österreichischen Alpenvereins.

Nr 4.

und dadurch eine gute Verbindung mit dem Unterkunftshause
der S. Männerturnverein München auf der Hochalm ge¬
schaffen. Ferner wurde ein Fußweg vom Haller Anger-Haus
zum Suntigersattel und Melzerdenkmal angelegt. Zur Aus¬
führung im nächsten Sommer ist ein Fußsteig vom unteren
Ende der Au im Vomperloch durch das Ödkarl bis zur Ödkarl-
scharte geplant. Dadurch soll eine neue Verbindung des
Haller Anger-Hauses mit dem Glanzpunkte des Karwendeis,
der Eng, ermöglicht werden. In angenehmer Erinnerung
steht die Begehung der Feier zur Erinnerung an das 25 jährige
Bestehen der Jamtal Hütte am 28. August 1907.

Erzherzog Otto-Haus auf der Raxalpe. Die S. Wiener-
Neustadt hat in ihrer Hauptversammlung vom 22. Januar
1908 beschlossen, für den Erweiterungsbau des Erzherzog
Otto-Hauses (der S. Reichenau) auf der Raxalpe die Ein¬
richtung eines Zimmers zu stiften.1

Verkehr und Unterkunft

Lokalbahn Trient—Male. Südtiroler Blätter berichten, daß
die Bauarbeiten für die Lokalbahn Trient—Male, welche in
Verbindung mit der Bahn DermulloMendel einen bequemen
Zugang zum Nonsberg und Sulzberg, zur Adamello, Presa-
nella und Brenta Gruppe bilden wird, schon sehr weit vor¬
geschritten sind, daß aber der Betrieb infolge Mangels der
elektrischen Kraft in der heurigen Touristensaison wohl
noch nicht eröffnet werden wird.

Fahrpreisänderungen auf der Salzkammergut-Lokalbahn
(SalzburgBad Ischl und Schafbergbahn). Der Personen¬
tarif dieser Lokalbahn wurde ab 1. Februar 1908 geändert.
Es gelangen nunmehr zur Ausgabe: Rückfahrkarten mit
dreitägiger Giltigkeit mit einer Ermäßigung von 25°/ 0 des
Preises der einfachen Karten; Abonnementskarten für
25 Fahrten mit 30% Ermäßigung; besonders ermäßigte Sonn¬
tagsrückfahrkarten, welche jedoch nur zur Rückfahrt am
gleichen Tage berechtigen.

Eine Bahn auf die Raxalpe. Aus Wien meldeten die
„M. N. N." wie folgt: Das Eisenbahnministerium hat einem
aus Wiener Ingenieuren und Bauunternehmern bestehenden
Konsortium die Bewilligung zur Aufnahme von Vorarbeiten
zur Erbauung einer Bahn auf die Raxalpe erteilt. Die Bahn
soll in ihrem Anfang Adhäsionsbahn, später Drahtseilbahn
werden und von einem Schweizer und einem deutschen
Bankinstitut finanziert werden.. Auf der Raxalpe soll ein
großes Palasthotel erbaut werden. Die Vorarbeiten sollen
im Monat April beginnen.

Elektrisierung der Brennerbahn. Gleich der k. k. Staats¬
bahnverwaltung befaßt sich auch die k. k. priv. Südbahn-
Gesellschaft mit Studien über die Einführung des elektrischen
Betriebs auf ihren Gebirgslinien, so insbesondere auf der
Brennerbahn. Vorläufig wurde erst festgestellt, welche
Wasserkräfte für diesen Zweck erförderlich und daher auch
zu sichern sind. Bis zur wirklichen Durchführung des Ge¬
dankens werden wohl noch Jahre vergehen.

Die Pilatusbahn hat 1907 im ganzen 48.339 Reisende (gegen
51.443 im Jahre 1906) befördert.

Ausrüstung.

Hebelschnalle „Perplex", zur Befestigung von Skikeilen,
von Seehundsfellen etc. Eine patentierte „Hebelschnalle"
bringt Zivilingenieur R. Heß in Karlsruhe in den Handel
(für Osterreich durch Berr & Co., Wien, VI., Mariahilfer-
straße lc). Diese Patent-Hebelschnalle „Perplex" bietet, wie
man uns berichtet, den Vorteil, daß der zur Befestigung und
zum Zusammenschnallen dienende Hanfgurt von keiner Nadel
beim Schnallen durchstochen wird, sondern daß eine ein¬
fache Klemmvorrichtung den Gurt in der gewünschten
Lage festhält. Dazu tritt noch die Wirkung eines Hebel-
epanners. Die neue Hebelschnalle wird ebenfalls benutzt zur
Befestigung von Seehundsfellen, für Bindungen, zum Zu¬
sammenschnallen von Skiern, für den Sattelgurt beim Reit¬
pferd usw.

Unglücksfälle.

Nächst dem Oberen Mönchsjoche (Berner Oberland) ist
am 9. Februar der Bankdirektor-Stellvertreter Eugen Wolf
aus Wien durch Sturz in eine Gletscherspalte tödlich ver¬

unglückt. Der Genannte hatte mit einem ander.en Wiener,
A. Mayer und dessen Frau, sowie den Führern Fritz Amatter
aus Grindelwald und J. Ravannel aus Chamonix in der
Steiger Hütte auf der Lötschenlücke genächtigt. Die Ge¬
sellschaft war auf Skiern zur Concordia Hütte abgefahren
und dann über den Jungfraufirn zum Oberen Mönchsjoch an¬
gestiegen, um zur Bergh Hütte zu gelangen. Da der Schnee
hart und tragfähig war, wurden die Skier abgeschnallt und
der Anstieg zu Fuß durchgeführt. Um 11 U. vormittags
wurde eine Schneebrücke passiert, als plötzlich Frau V. Mayer,
welche als Vorletzte ging, einen Schrei ausstieß: Wolf, der
als Letzter gegangen war, aber die Trasse verlassen hatte
und einige Schritte seitwärts getreten war, war plötzlich
lautlos in der Kluft verschwunden, bloß seine Skier, der
Stock und die Kappe des Verunglückten waren auf dem
Schnee zurückgeblieben. „Amatter und Mayer," so heißt
es in einem von A. Mayer dem Neuen Wiener Tagblatt"
erstatteten Berichte, „seilten sich sofort an, um nach Wolf
zu sehen." Leider ohne Erfolg, die Spalte war etwa 60 m
tief, von dem Verunglückten war nichts mehr zu entdecken.
Man ging wegen schlechten Wetters nur bis zur Bergli Hütte,
nächtigte dort und stieg am 10. Februar nach Grindelwald
ab, von wo sofort eine Hilfskolonne von 12 Führern auf¬
brach, der es am 11. Februar gelang, die Leiche des Ver¬
unglückten zu bergen. Wolf hatte durch den Sturz in die
Spalte derartig schwere Verletzungen erlitten, daß der Tod
zweifellos sofort eingetreten sein muß. — Nach dem von
einem Teilnehmer erstatteten Berichte hatten die beiden
Führer nur ein Seil (25m) mit. Das war nun allerdings für
fünf Personen zu wenig. Daß es aber nicht dennoch in Ver¬
wendung genommen wurde und die Gesellschaft unangeseilt
einen von Spalten zerrissenen Gletscher überschritt, ist eine
Versündigung gegen eine der elementarsten bergsteigerischen
Regeln und daß eine solche unter der Leitung zweier erst¬
klassiger Führer vorkommen konnte, muß geradezu verblüffen.
Man wird einwenden, daß selbst erfahrene alpine Skiläufer
über den Wert des Seils bei Skitouren verschiedener Meinung
sind. Allein dies betrifft doch nur die Phase der Abfahrt.
Beim Anstieg auf einem von Spalten durchzogenen Gletscher
ist die Verbindung durch das Seil der einzige wirksame
Schutz gegen das Einbrechen in verdeckte Klüfte. Im vor¬
liegenden Falle gingen vier von den fünf Teilnehmern ohne
Skier, die Tour unterschied sich also in nichts von einer
Sommergletscherwanderung und es gibt keine einleuchtende
Erklärung für das.Unterlassen der Seilsicherung, die hier
aller Wahrscheinlichkeit nach ein junges Menschenleben ge¬
rettet hätte.

Durch eine Lawine verunglückten am 12. Februar im
Weichselbachtale nächst Fusch (Hohe Tauern) vier Skifahrer
tödlich. Über dieses schwere Unglück, wohl das furchtbarste,
seit der Skilauf bei uns geübt wird, haben verschiedene
Blätter ungenaue, zum Teile unrichtige Berichte gebracht,
weshalb wir die nachfolgenden Ausführungen einer Teil¬
nehmerin ausführlich wiedergeben. Der Bericht lautet: Am
12. Februar, 7 U. früh, hatten wir Zusammenkunft in Bad
Fusch; um 7 U. 30 marschierten wir, 12 Personen, bei herr¬
lichstem Wetter ins Weichselbachtal hinein. Geführt wurden
wir, wie immer auf Wintertouren, von dem gräflich Strach-
witzschen Oberjäger Michael Schubhart und dem Berg¬
führer Johann Altenhuber. Kurz vor den Holzknecht- und
Walchen-Nieder-Almen stiegen wir links hinauf, im Walde
dem Karrenwege entlang, dann uns rechts wendend, um un¬
gefähr in der Mitte zwischen Kühkarköpfl und Wetterkreuz
auf der Weichselbachwand die Höhe — zirka 2000 m — zu
erreichen, in der Absicht, durch das Wolfsbachtal nach Gries
abzufahren. Bald ober der Waldgrenze legten wir die Skier
ab und hielten eine kurze Rast. Von da ab gingen wir
knapp hintereinander, teils auf aperem Boden, dann wieder
etliche' kleine Schneefelder querend, immer die beiden An¬
führer voran. Etwas vor 11 U., nahezu auf der Höhe des
Übergangs, kamen wir wieder auf etwa schuhtiefen Schnee,
der unser Verhängnis werden sollte. Bergführer Alois Voit-
hofer, der etwas zurückgeblieben war, um seinen Hut zu
befestigen, und dadurch als Viertletzter zu gehen kam, rief
noch: „Zurückbleiben, es könnt'losgehen!", was sein Vorder¬
mann, Führeraspirant Hans Burgsteiner, noch hörte. Im
selben Moment war aber das „Windbrett'', wie Voithofer