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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.35 (1909)
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Nr. 9.

Mitteilungen des Deutschen und österreichischen Alpenvereins.

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9 U. 40 abends) über KienbergsGaming bis Göstling und zu*
rück (Wien an 1 U. 35 nachts). Alles Nähere berichten die be*
sonderen Fahrpläne.

Neue Autoirobillinien im italienischen Tirol. Am 1. April
d. J. wurden als Ergänzung der im Vorjahre von der Unter*
nehmung Zontini&Leonardi errichteten Automobilpost*
linie «Trient—SarcheTione — Pinzolo» noch jene auf den
Strecken «Riva—Sarche» und «Tione—CondinoCaffaro (Ita*
lien)» eröffnet. Hiedurch sind dem Turistenverkehre von der
Südbahnstation Trient ab die landschaftlich hochinteressanten
Wegrouten zum Toblino*, Garda* und Idrosee südwärts und
gegen Westen zu der Brenta*, Presanellas und Adamello*
Gruppe, ferners nach Madonna di Campiglio wesentlich ver*
kürzt worden. Die Schutzhütten der genannten Gebirgsgrup*
pen können nun von Trient oder von Riva am Gardasee aus
bequem in einem Tage erreicht werden, nachdem an Stelle der
alten Stellwagen rasche Automobile getreten sind.

Das Bahnprojekt Hartberg—Gleisdorf. Nach einer Mit«
teilung der Staatsbahndirektion Villach ist das Detailprojekt
für die Bahn Hartberg—Gleisdorf genehmigt worden. Bei dem
Eifer, den die beteiligten Kreise in dieser Angelegenheit an
den Tag legen, ist zu erwarten, daß das Eisenbahnministerium
baldigst dem Abgeordnetenhause eine Vorlage zur endgülti*
gen Sicherstellung des Baus dieser für die gesamte Oststeier*
mark so wichtigen Bahn vorlegen wird.

Unglücksfalle.

Absturz vom Untersberg. Am 18. April ist der 37jährige
Handlungsgehilfe Leopold Schodterei aus Salzburg auf
dem Untersberg beim Pflücken von Blumen an einer sonst
ungefährlichen Stelle abgestürzt. Er wurde von seinen Ge*
fährten und anderen Bergsteigern zur Station Landesgrenze
der Berchtesgadner Bahn gebracht, wo Herr Dr. Reiter aus
Anif ärztliche Hilfe leistete. Schodterer erlag jedoch seinen
tödlichen Verletzungen nach kurzer Zeit. Der Verunglückte
war, wie die S. Salzburg berichtet, als ein tüchtiger und vor*
sichtiger Bergsteiger bekannt.

Auf dem Wege zur MischabelsHütte ist, wie in der Über*
sieht der alpinen Unglücksfälle des Jahrs 1908 in Nr. 4 der
«Mitteilungen», Seite 49 erwähnt wurde, am vergangenen Neu*
jahrstage ein Engländer verunglückt. Nach den Berichten der
Tagblätter war anzunehmen, daß der Verunglückte insofern
ein Opfer seines Eigensinns geworden ist, als er es angeblich
verweigert hatte, sich anseilen zu lassen. Wie uns nun Herr
W.C.Mathews*London mit Hinweis auf den Bericht, den
ein Teilnehmer jener Tur der «Times» gesandt hatte, mitteilt,
ist jener Vorwurf unbegründet. Von allen Teilnehmern der
Partie, die aus vier Führern und einer Anzahl erfahrener Berg*
Steiger bestand, ging überhaupt nur einer angeseilt, der
schwächste Turist, der sich nicht ganz wohl fühlte. Keiner der
übrigen verlangte das Seil, das auch auf dem Wege zur Hütte in
der Regel nicht zur Anwendung kommt. Mr. Frank B er gne, so
hieß der Verunglückte, war ein sehr erfahrener und zugleich
sehr vorsichtiger Bergsteiger, dessen schreckliches Unglück alle
seine zahlreichen Freunde auf das schmerzlichste überrascht hat.

Auf dem Wiener Schneeberg ist am 30. April der Schüler
des II. Jahrgangs der Exportakademie W.Skopczynski einem
Schneesturm erlegen. Der Genannte hatte mit einem Studien*
genossen, F. Petsch, den Anstieg von Puchberg über die Spar*
Bacher* Hütte bei anfangs schönem Wetter unternommen.
Während des Anstiegs zum Schneebergplateau trat ein Wetter*
stürz mit Schneesturm ein, der dem schon sehr ermatteten
Skopczynski (welcher, ohne daß sein Begleiter davon wußte,
an Asthma litt) verhängnisvoll wurde. Wiewohl Petsch alles
Menschenmögliche aufbot, umseinen Begleiter zur Fischerhütte
zu bringen, wurde dieser von rasch zunehmender Schwäche
befallen und gab nach einiger Zeit seinen Geist auf. Pets ch
blieb etwa 6 St bei seinem verunglückten Gefährten und
suchte dann für die Nacht in der—leider versperrten — Fischer*
hütte Zuflucht. Infolge mangelhaften Schutzes erlitt er mehr*
fache Frostschäden.

Personalnachrichten.

Ignaz Metz f. Wieder hat der Tod ein Opfer aus den Rei*
hen der ersten Vorkämpfer des Alpinismus gefordert. Am
19. April verschied nach kurzem Kranksein zu Darmstadt der

Geheime Justizrat Metz, dessen Name mit dem der S. Darm*
Stadt unlösbar verbunden ist. Ignaz Metz, am 10. Oktober
1829 in Dreieichenhain geboren, führte viele Jahre den Vor*
sitz in der hessischen Anwaltskammer. Auch auf politischem
Gebiete wirkte Metz in der II. Stähdekammer. Erholung und
Stärkung zu seiner ausgebreiteten Berufsarbeit fand der rüstige
Mann in der Natur. Von früher Jugend mit der Schönheit des
heimischen Odenwaldes vertraut, zog er in seinen Ferien hin*
aus ins Alpengebiet und durchstreifte Italien und Griechen*
land. Vom hohen Werte des Wanderns und dem ästhetischen
Gewinn des Reisens erfüllt, gründete er mit acht gesinnungs*
gleichen Naturfreunden schon am 27. April 1870 in Darmstadt
einen Zweigverein des 1869 ins Leben gerufenen Deutschen
Alpenvereins: die S. Darmstadt, auf deren Entwicklung und
Förderung er von da an von ganzem Herzen bedacht war. Vom
7. Dezember 1880 bis zum 3. Dezember 1901 bekleidete er das
Amt des Vorsitzenden. Er organisierte das Vortragswesen und
wußte durch glänzende Festlichkeiten, für die seine witzige
Feder manchen Beitrag lieferte, das Interesse für den Alpinis*
mus immer mehr auszubreiten. Im Jahre 1889 wurde die Darm*
Städter Hütte im Moostal eröffnet und Justizrat Metz hatte
die freudige Genugtuung, noch im Sommer 1908 dem Feste der
zweiten, durch den wachsenden Verkehr nötig gewordenen
Hüttenvergrößerung in St. Anton beizuwohnen. Wo es galt,
jäh hereingebrochene Not zu lindern, da war Metz mit dem
Alpenverein freudig hilfsbereit. So konnte er im Jahre 1882
als Reinertrag eines Konzerts 1800 Mark für die durch das
Hochwasser Beschädigten in Hessen und Tirol spenden. Die
hohen Verdienste um die Sektion lohnte diese durch die Ver*
leihung der Ehrenmitgliedschaft am Tage ihres 25 jährigen Be*
Stehens, und als im Jahre 1901 Metz die Führung der Geschäfte
einer jüngeren Hand anvertraut hatte, widmete er auch noch
als Ehrenvorsitzender der Sektion seine treueste Sorge. Nun
hat der Tod den freundlichen, noch immer rüstig gewesenen
Greis aus unserer Mitte gerissen, sein Andenken aoer bleibt in
der S. Darmstadt und im Gesamtverein lebendig. Der von
Professor Dr. C. Maurer im Auftrag der Sektion niedergelegte
Kranz mit den Farben des Alpenvereins sollte der letzte Gruß
sein, den ihm die Sektion widmen konnte.

Dr. C. .Maurer-Darmstadt.

Allerlei.

Als zuverlässige Abseilmethode wird die folgende (soweit
uns bekannt, ohnehin öfter betätigte) Art der Seilhandhabung
empfohlen: Die am meisten gebräuchliche Abseilmethode ist
wohl die von der S. Bayerland München in einer Zusammen*
Stellung über «Anwendung des Seils» veröffentlichte Methode
mittels des Kletterschlusses, der vielfach auch in Turnstun*
den gelehrt wird. Mittels dieser Methode können wohl kür*
zere Abseilstellen leicht bewältigt werden, jedoch kann die*
selbe bei größeren Abseilturen, wenn sie nicht lange vorher
geübt und wenn nicht für unvorhergesehene Fälle außer*
ordentlich zähe Fingerkraft vorhanden ist, für manchen Klet*
terer zum Verhängnis werden. (Ich war selbst schon Zeuge
eines derartigen Unfalls.) Sobald nämlich beim freien Ao*
seilen die sichere Führung des Seils durch die Beine und Füße
verloren gegangen ist, wird die Kraft der Finger, namentlich
bei Verwendung schwächerer Seile, sehr stark beansprucht.
Bis zur Wiedererlangung des Kletterschlusses läßt in den
meisten Fällen die Fingerkraft nach, es tritt ein Gleiten der
Hände am Seil ein und das Verbrennen und Aufreißen der in*
neren Handflächen ist die nächste Folge. Eine Katastrophe ist
dann unvermeidlich. Vollständig zuverlässig und zugleich
bequem ist folgende zum Teil schon in Verwendung stehende
Methode: Das Seil wird, von der Seilschlinge doppelt kom*
mend, möglichst weit oben zwischen die beiden Oberschenkel
genommen und mit der linken Hand von unten herauf in
Form einer rechtsgängigen Schraube einmal um den linken
Oberschenkel gelegt. Das nun nach unten hängende doppelte
Seil wird mit der linken Hand erfaßt und leicht nach oben
gehalten, während die rechte Hand das von oben kommende
Seil, an dem man hängt, umfaßt. Zur Entlastung der rechten
Hand kann zur Führung am Seil der abgebogene rechte Arm
benützt werden. Die rechte Hand ist dann vollständig frei.
Soll die Abfahrt beginnen, so braucht man den linken ausge*
streckten Arm nur etwas zu senken. Die Auflagestrecke des
Seils am Schenkel und damit die Reibung an demselben wird