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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.36 (1910)
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Nr. 1.

Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins.

dem früher gebrauchten Begriffe zu taxieren ist. Hingegen
blieb die Ausscheidung derjenigen, die beim Pflücken von
Alpenblumen zugrunde gegangen, bestehen.

Die Ergebnisse der Zusammenstellung, die selbstverständ*
lieh nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann,
sind folgende:

Im"Jahre 1909 sind insgesamt 143 Personen umgekommen.
Hievon sind 29 beim Pflücken von Alpenblumen, die übrigen
114 in Ausübung des Bergsteigens zugrunde gegangen, und
zwar:

76 durch Absturz von Fels

4 « « « Schnee und Eis
17 « Lawinen

5 « Steinschlag

9 « Erschöpfung oder Erfrieren

1 « Sturz auf Schiern

2 aus unbekannten Ursachen

114

Kletters und Schituren haben am meisten Opfer gefordert.
Beides weist auf Mangel an Erfahrung hin. Daß zum Bergs
steigen nicht nur ein paar kräftige Arme, sondern hauptsäch*
lieh ein sicherer Tritt, der erst in jahrelanger Übung erworben
wird, und Erfahrung gehören, wollen viele nicht glauben. Die
Zahl der «Armturisten» wächst bedenklich. Die Beurteilung
der Lawinengefahr ist eine Kunst, die viele Erfahrung vor*
aussetzt und selbst Einheimischen häufig schwer fällt.

Es verunglückten:
21 Alleingeher

67 Führerlose (bei Türen mit mehreren Teilnehmern)
12 mit Führer
____ 14 Begleitung unbekannt

114

Der Prozentsatz der Alleingeher und Führerlosen beträgt
ungefähr dieselbe Höhe wie im Vorjahr.

Ordnen wir die Unfälle nach den Jahreszeiten, so erhalten
wir folgendes Bild:

Januar .
Februar
März . .
April . .
Mai ...
Juni . .

9 Verunglückte
4 «

4 «

3 «

6 «

12 «

Juli ..... 19 Verunglückte

August . .
September
Oktober .
November
Dezember

Hiebei ist zu bemerken, daß das Wetter, das ja in so vielen
Fällen Mitursache an Unfällen ist, in der zweiten Hälfte Juni
und ersten Hälfte Juli ein für Hochturen recht ungünstiges
war. In den Westalpen sind 59, in den Ostalpen 49 tötlich
verunglückt; außerhalb der Alpen 6.

Die Verunglückten waren:

33 Reichsdeutsche (10 Münchener)
21 Österreicher (13 Wiener)
27 Schweizer (6 Züricher)
10 Franzosen
17 Italiener (7 Mailänder)
5 Engländer
____ 1_ Russe

114

Unter den Verunglückten finden sich nicht weniger als 16
Studenten aller Nationen. Bergführer sind 5 verunglückt, und
zwar sämtliche in den Westalpen.

Von den 143 Umgekommenen waren 20 Alpenvereinsmit«
glieder (darunter 2 beim Blumenpflücken). Sie sind in der
Tabelle durch stärkeren Druck hervorgehoben.

Übersicht über die letzten 9 Jahre:

1

1901

1902

1903

1901

1905

1906

1907

1908

1909

Summe

Umge*
kommen

53

70

76

72

56

98

85

108

143

761

Die hohe Summe von 143 Umgekommenen im Jahre 1909
erklärt sich aus der gewaltigen Zunahme der beim Blumen*
pflücken Verunglückten (29 gegen 1908: 13) sowie aus der
Zunahme der Winterunfälle (17). Im übrigen steigt die Ziffer
normal, so daß zu besonderen Klagen auch heuer kein Anlaß
besteht. _______

Literatur zu den Unfällen.

Abkürzungen: M. = Mitteilungen des D.u.Ö. Alpenvereins
1909, Alp. = Alpina 1909, Ö. A.*Z. = österr. Alpenzeitung
1909, M. N. N. ■= Münchner Neueste Nachrichten, N. Fr. Pr.
= Neue Freie Presse, M. Ztg. = Münchner Zeitung.

Nummern der Tabelle: 1908 Nachtrag 105-108 M. 13,

1)M.13.
2) M. 25,
4-7) Alp. 28,

8) M. 25,

9) M. 25,
10)Ö.A.*Z.61,
11)M.71,

12) ebd.,

13) M. 72,

14) M.N.N.20./3.,

15) Bund 31.'3
17)M.N.N.31./3.,
18) Alp. 90,97,
20) M. 125,
21)M.N.N. 11/5.,

22) M. 135,

23) Alp. 116,

24) Alp. 116,
26)M.N.N.22./5.,

27) M. 172,

28) M. 173,
29)M.N.N.29.6.,

30) Ö. A.*Z. 172,

31) Bund 4. 5.,

32) N.F.Pr.9./6.,

33) ebd.4./6.,

34) M. 147,

38) M. N. N. 7./7.,

39) Alp. 146,

41) M. 173,

42) ebd.,

43) Alp. 138,

44) M. 193,

45) Prager Tags
blatt 17./7.,

47) Ö.A.sZ. 194,

48) M. 193,

49) Alp. 139,

50) Alp. 146,

51) M. 193,

52) Corriere della
Sera 2./8.,

53) M. 193,

54) Prager Tag*
blatt 17. 17.,

55) Frank. Kurier
29./7.,

56) M. 193,

57) ebd.,

58) M. 206,

59) Alp. 146.

60) Alp. 154.

62) Alp. 145,

63) Alp. 156,

65) M. 213,

66) M. 205,

67) M. 206,

68) ebd.,

69) M. 205,

70) M. 206,

71) M. 230,

72) Alp. 177,

83) M. 213,

84) Frank. Kurier

2.1%

85)M.N.N.13.'8.,
86) Frank. Kurier

2.1%

87)M.N.N.30.;8.,
88) Augsbg.N.N.

27./8.,

90) Alp. 204,
91)M.N.N.14./8.,
92)M.N.N.14./9.,

93) Frank. Kurier
18./8.,

94) Alp. 178,

95) Alp. 16*=,

96) M. 230,

97
98
99

ebd.,

Ö. A.sZ. 233,

Alp. 177,

101 ebd.,

102 Alp. 178,
103) M. 239,

104)M.N.N.21./9.,

105) M.N.N.30./9.,

106) M. N. N.
28. 1%

75)M.N.N.21.8., 107) ebd.,

76) M. Ztg. 30. /8., 108) Fr.Kur.8./10.,

"" -------- 109) ebd., -

110)M.Ztg.l4./10.,
111) M. N.N.

77) M. 213,
79) M. 213,
80)M.N.N.21./8.,
81) Alp. 156, 166,
214, 235,

9./10.,
112) M. 266.

82) N.Fr.Pr'.31,/8., 113) Ö. A.*Z. 255.

f Dr. K. Bindel.

Berge von Kränzen mit Schleifen in den Farben des Alpen»
Vereins türmen im Friedhofe zu Bamberg sich über jenem Grabe,
darein wir am Neujahrstage unseren unvergeßlichen, langjährig
gen I.Vorstand und Ehrenvorsitzenden, den kgl. Gymnasial*
Professor Herrn Dr. Karl Bindel, betten mußten. Im kräftig*
sten Mannesalter hat ein tückisches Leiden binnen einem Vier*
teljahre den noch nicht 53 Jahre alten Riesen gefällt, der noch
im letzten Sommer vom ersten Tag der Feiien bis zum letzten
in seinen geliebten Bergen geweilt und hier die vielleicht
größte Tur seines Lebens vollbrachte: über 20Hochgipfel weist

sein Turenbericht auf. Wer von uns, seinen Reisegenossen,
hätte das denken, wer, der auf der Generalversammlung in
Wien ihn sah, solch einen Ausgang ahnen können!?

Am 9. Februar 1857 als Sohn der sonnigen Pfalz zu Speier
geboren, ward er 1889 Reallehrer in Kronach und kam 1891
nach Bamberg an das neue Gymnasium; er wurde 1899 zum
Gymnasialprofessor befördert. Nicht nur als Schulmann, auch
mit dem Schwert diente er dem Vaterlande und nahm erst
vor P/2 Jahren als Hauptmann d. R. im 1. Pionierbataillon
seinen Abschied, nachdem eine bei Ableistung einer Übung