/ 306 pages
Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.37 (1911)
Search


19S

Mitteilungen des Deutschen und österreichischen Alpenvereins.

Nr. 17.

mit Vereinsabzeichen anderer Art unmittelbar zu
einem neuen Abzeichen verbunden wird.

Die Ehrenzeichen für 25jährige Mitgliedschaft werden durch
diesen Antrag nicht berührt.

Der Antrag wird einstimmig angenommen.

14. Vorsitzender v. Guttenberg beantragt als Ort der
Hauptversammlung 1912 Graz zu wählen.

Wird einstimmig angenommen.

Herr Dr. v. SöldersMeran und Herr R. Schucht*Braup
schweig laden ein, eine der nächsten Hauptversammlungen in
Meran, beziehungsweise Braunschweig abzuhalten.

Wird mit Dank in Vormerkung genommen.

Herr Dr. Ott*Graz dankt für die Wahl von Graz, das mit
Freuden die Hauptversammlung aufnehmen werde; ferner
spricht er dem gesamten Hauptausschusse für seine Amts*
führung den wärmsten Dank aus und fordert die Versamm*
lung auf, sich von den Sitzen zu erheben und ein dreifaches
«Heil» auszubringen. (Geschieht.)

I.Vorsitzender v. Guttenberg erwidert auf das herz«
lichste diesen Dank und schließt sodann die Versammlung.

A. v. Guttenberg,

I. Vorsitzender.

Dr. J. Moriggl,

Schriftführer.

Für die Richtigkeit:

Kaerlinger, k. Regierungsrat. Dr. Albert Ott.

Dr. Hans Modlmayr. Hans v. Haid.

Verschiedenes.

Wegs und Hüttenbauten.

Der Hochnißlgratsteig im östlichen Karwendel wurde am
15. August durch die S. Oberland dem Verkehr übergeben.
Der durch Eisenklammern, Stifte und Drahtseil vorzüglich ge*
sicherte Steig führt, von der Lamsenjochhütte ausgehend, an
der Nordwand des von der Lamsenspitze zum Hochnißl zie*
henden Grats empor zum «Brüdertunnel», einer ungefähr 40 m
langen Höhle, durch die man die Südseite des Grats gewinnt,
und leitet, sich meistens auf dem Grat haltend, in unschwieri*
ger Kletterei über die Rotwandl* und Steinkarlspitze in 2V2
bis 3 Stunden zum Hochnißl, dem bekanntesten Aussichts*
berg des östlichen Karwendeis. Von dort ist der Steig weiter*
geführt über denNiedernißlund mündet bei derDawald*Jagd*
hütte in den seit längerem bestehenden, nach Vomp, bezw.
Schwaz führenden Jagdsteig ein. Die Entfernung vom Hochs
nißl nach Schwaz beträgt ungefähr 4 Stunden. Die Begehung
des durchweg eine herrliche Aussicht bietenden Steigs kann
schwindelfreien Turisten als prächtige Tagestur auf das beste
empfohlen werden. Die Lamsenjochhütte bleibt, gutes Wetter
vorausgesetzt, bis anfangs Oktober bewirtschaftet.

Das OttokarsKernstocksHaus auf dem Rennfeld (1630 m),
erbaut von unserem Zweigverein Brück a. Mur, 2 Minuten
vom Gipfel entfernt, wurde am 30. Juli d. J. eröffnet und vom
Dichter und Priester Ottokar Kernstock selbst eingeweiht.

Dort, wo das Tal der Mürz ins Murtal mündet, erhebt sich
das Rennfeld als ein Eckpfeiler in der Bergumrahmung der
Oststeiermark, ein günstig gelegener Aussichtsberg, dessen
Horizont von den gegen Ungarn sich niedersenkenden Aus*
läufern des Wechsels beginnend, über diesen, die Rax, Schnee*
alpe und Veitsch, die prächtige Hochschwabgruppe, die Enns*
taler Berge und Steiner Alpen bis ins Grazer Becken reicht
und in der Nähe, gegen Südosten, von dem malerischen Gipfel
des Hochlantsch begrenzt wird. Mit diesem Nachbar soll
unseren Berg im nächsten Jahre ein Höhenweg verbinden, der
eine genußreiche Tageswanderung in 1300 m Seehöhe ermög*
liehen wird.

Stimmungsvoll entfaltete sich der Morgen des 30. Juli.
Die Täler waren noch bedeckt mit einer silberweißen Nebel*
hülle, doch die Berge prangten bereits im Frühsonnen*
glänz. Als die Sonne höher stieg, wurden die Nebelschleier
wie von unsichtbaren Händen sanft zurückgezogen. Da
blinkten die Städte Brück und Leoben sowie ein Dutzend
Märkte und Dörfer grüßend empor. Frühzeitig hatten sie ihre
Boten entsendet; denn alle Anstiege belebten sich bald mit
fröhlichen Menschen, angetan mit der in ihrer Einfachheit so
schönen Steirertracht. Es sollte ja — dies war der Wunsch der
Bauherren — «Alt*Steiermark» aufleben für einen Tag, und
jene Festesstimmung alle vereinen, die vor bald hundert
Jahren auf der Höhe des steirischen Erzberges herrschte, als
dort die Dankbarkeit des Steirerlands für den reichen Berg*
segen ein eisernes Kreuz aufgerichtet hat. Und heute sollte
auf freier Bergeshöh' ein Haus geweiht werden, das auch zum
Zeichen der Dankbarkeit den Namen des wehrhaften deutschen
Sängers und Pfarrherrn auf der Festenburg trägt, der aus der
Einsamkeit des Wechselgaues dem deutschen Volke den Segen
seiner Dichtung spendet.

Der Himmel bot den glänzendsten Tag zur Erfüllung dieses
Wunsches.

Unter den hellen Klängen des Erzherzog*Johann*Marsches
wallte der Festzug dem neuen Hause zu. Die vielen alt*
steirischen Trachten, die man darin erblickte, zeigten deutlich,
daß der Sinn für der Väter Brauch und Heimatsitte im Steirer*
land noch wohl bewahrt wird. Den schönsten Beweis dafür
aber bildet das neue Haus selbst, das nicht das Geringste von
dem Eindruck nüchterner alpiner Zweckbauten aufweist, viel*
mehr ein Muster der schönen heimatlichen Bauweise darstellt.
Ist es doch eine genaue Nachbildung von Roseggers Geburts*
haus. Da Roseggers Jugendheimstatt dem sicheren Verfall
entgegengeht, war es ein glücklicher Gedanke, das liebge*
wordene Bild auf lange Zeit zu bewahren, indem es neu, wie
im Feiertagsgewand, aber außen wie innen treulich nachge*
bildet, als ein weithin sichtbares Denkmal auf einen schönen
Platz gestellt ward. Wer aber glaubt, daß es deshalb seinem
Zweck nicht entspreche, der irrt gar sehr. Im Gegenteil, es
gibt Zeugnis, daß auch in bodenständiger Bauart für alpine
Zwecke Entsprechendes geleistet werden kann, wozu das ost*
steirische Bauernhaus besonders geeignet ist. Nicht überall
läßt sich das Schöne mit dem Nützlichen vereinen; dort aber,
wo dies möglich ist, sollte es auch eine der Aufgaben unseres
Vereins sein, die noch oft eine so schöne Lösung, wie in
dem östlichsten seiner Häuser finden möge. Der schmucke
Bau mit dem steilen Dach und dem offenen Gang an der
Stirnseite läßt kaum vermuten, daß er in seinem Innern so
viele durchaus unbeengte Räume birgt. Er enthält zwei Gast*
räume und fünf Schlafzimmer, derzeit mit 25 Schlafstellen, die
um die gleiche Zahl vermehrt werden können. Der Grund ist
in beträchtlichem Umkreis Eigentum des Vereins. — Quelle,
Wald und Weide sind sein eigener Besitz, — auch die Weide,
denn das Haus hat auch einen Stall für zwei Kühe oder
mehrere Ziegen, ein wertvoller Umstand zu einer Zeit, da die
bewirtschafteten Almen immer weniger werden und Milch auf
den Bergen mitunter recht schwer zu beschaffen ist. Zur be*
scheidenen Zier des Hauses haben viele mitgeholfen. Die
Fenstergitter, Türbeschläge, Leuchter usw. nach alten Mustern
sind Erzeugnisse des bekannten Lehrers der Schmiedekunst
J. Kölbl in Brück a.M. Auch Frauensinn und *hände durften
bei der Ausschmückung des Hauses, das den Namen unseres
«Frauenlob» trägt, nicht fehlen. Das Hauptverdienst an dem
ganzen Werk gebührt jedoch dem Obmanne des Zweigvereins
Brück, Herrn Landesforstrat Dr. Rudolf Jugoviz. Nur unter
der Leitung eines Mannes, der so viele Vorzüge in sich vereint,
konnte eine Stätte erstehen, die den Aufenthalt so behaglich
macht, weil uns von jedem Plätzchen aus das Herz grüßt, das
mit an der Arbeit war.

So fügt sich dieser Vereinsbesitz harmonisch in seine Um*
gebung. Er stört nicht den Eindruck, den der Wanderer, der
zu ihm emporsteigt, schon unterwegs von der Landschaft und
den malerischen Gehöften empfangen hat, er wird ihn viel*
leicht sogar anregen, weiter zu wandern, dem Wechselgau zu,
durch die Heimat eines vom Weltverkehr abgeschiedenen
Volks, dessen Charakter und Lebensweise uns aus Roseggers
Dichtungen lieb und vertraut geworden sind. Gewiß aber
wird der für die Sprache der Natur Empfängliche den Genuß