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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.38 (1912)
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Nr. 24.

Mitteilungen des Deutschen und österreichischen Alpenvereins.

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pines — insoweit letzteres für den Schneeschuhlauf
in Betracht kommt — ist nebensächlich.

Der Schneeschuhlauf in den Bergen ist Alpinismus,
insoweit er ausschließlich aus Liebe zu den Bergen
ausgeführt wird. Unter dieser Voraussetzung ist es
also speziell der Turenfahrer, den wir voll und ganz
als Alpinisten anerkennen müssen. In der Verbin*
düng von Schilauf und Alpinistik haben wir eine
der herrlichsten Ausführungsformen des Alpinis*
mus kennen gelernt, von der mit Recht gilt, was
Lamm er von ihr sagt: „Keine Harfe klingt hell
genug, die Wonnen der Schneeschuhturistik würdig
zu singen, auch die Freuden der sausenden Tal*
fahrt; die SchneeschuhsAlpinistik ist wirklich die
herrlichste Bereicherung unserer Technik und er*
öffnet uns eine Welt von verschlossenen Genüssen
und Schönheiten." — Wer von uns, den je der
Schneeschuh in winterliches Hochgebirge geführt

hat, möchte solchen Worten nicht von ganzem
Herzen zustimmen!

Es ist klar, daß es nicht möglich sein konnte, in
dieser skizzenhaften Ausführung eine eingehende
Würdigung und Besprechung zweier so umfassen*
der Betätigungsformen wie Alpinismus und Schnee*
schuhsport zu geben, deren Wesen durch den Reich*
turn der menschlichen Natur bedingt, weder vom
Standpunkte der praktischen Ausübung, noch von
dem der kritischen Erkenntnis, voll erschöpft werden
könnte. Doch war der Versuch immerhin ver*
lockend, festzustellen, daß auch die nüchterne, sach*
liehe Betrachtung einer Erscheinung, über die sich
in der alpinen Literatur unzählige Bekenntnisse von
einfachen Formen bis zu höchster künstlerischer
Gestaltung nachweisen lassen, keineswegs geeignet
ist, unseren Glauben an die sieghafte, läuternde Na*
tur der Berge zu erschüttern.

Die Feier des fünfzigjährigen Bestandes der Sektion «Austria»

des D. u. Ö. Alpenvereins.

Ein halbes Jahrhundert ist vergangen, seit in Wien eine
kleineZahl natur* und bergbegeisterter junger Männer dieerste
alpine Vereinigung aut dem Kontinente gegründet hat, den
«Osterreichischen Alpenverein». Aus diesem und der S. Wien
des sieben Jahre später ins Leben gerufenen «Deutschen
Alpen vereins» entstand bei der Verschmelzung beider Vereine
zum «D. u. ö. Alpenverein» dessen S. «Austria». Das Jubiläum
des 50jährigen Bestands der S. «Austria» erhebt sich daher
weit über die Bedeutung ähnlicher Feierlichkeiten im Kreise
unseres großen Vereins, denn es bezeichnet die Vollendung
des ersten halben Jahrhunderts des Vereinsbestandes.

Am 11. Dezember hatte sich im Festsaale des Ingenieur*
und Architektenvereins zu Wien eine glänzende Versamm*
lung eingefunden. Der Vorstand der S. «Austria», Regierungs*
rat Dr. J. Donabaum eröffnete die Festversammlung und be*
grüßte besonders die Vertreter des k. u. k. Reichs*Kriegministe*
riums, Oberstv. Wasserthal und Hauptmann v. Streffleur,
Hofrat Graf Zedtwitz als Vertreter Sr. Exzellenz des Herrn
Statthalters von Niederösterreich, VizesBürgermeister H. H i e r*
hammer als Vertreter der Gemeinde Wien, Exzellenz Felds
marschalleutnant R. v. Frank, Kommandant des k. u. k.
militärsgeographischen Instituts, Sektionschef Dr. R. Grien*
berger, geschäftsführender Vorsitzender des Hauptaus*
Schusses des D. u. ö. Alpenvereins, Exzellenz Dr. v. Wittek,
gewesener Minister, Exzellenz Dr. R. Meyer, gewesener Mi*
nister, ferner Frau Baronin Sommaruga, die Witwe eines
der drei Gründer des Vereins, und Frau Hofrat v. Czermak,
die Tochter des ersten Vorstands des österreichischen Alpen*
Vereins, Prof. Dr. E. Fenzl; weiters Vorstand E. Matras des
österreichischen Turistenklubs, H. Biendl des Österreichs
sehen Alpenklubs, H. Gerbers des österreichischen Gebirgs«
Vereins, A. Rohrauer des Turistenvereins «Naturfreunde»
und die Vorstände zahlreicher Sektionen des D. u. ö. Alpen«
Vereins, und fuhr dann fort: «Nur wenige Überlebende zählen
wir noch von jenen in unseren Reihen, die an der Wiege des
«österreichischen Alpenvereins» gestanden, und ihnen haben
wir zum Zeichen unserer dankbaren Gesinnung ein Ehren*
zeichen für 50jährige Mitgliedschaft gewidmet. Es gereicht mir
zur großen Freude, von ihnen als anwesend begrüßen zu
können: Frau Charlotte Glaesel, Herrn Hofrat Dr. Jul.
Hann und Herrn L. Tachauer. Mit ganz besonderer Freude
heiße ich aber jenen Mann willkommen, an dessen Erfahrung
sich schon unsere drei ersten Gründer gewandt hatten, der
ihnen auch mit Rat und Tat zur Seite gestanden und der heute
in ungebrochener Kraft und Frische in unserer Mitte weilt:
der Altpräsident der kaiserlichen Akademie der Wissen*
Schäften, Prof. Dr. Eduard Sueß.» (Lebhafter Beifall.)

«Unser erster und ehrerbietigster Gedanke galt aber stets
unserem geliebten Herrscher. Ihr Ausschuß hat sich erlaubt,
Sr. Majestät auch heute am Festtage der Sektion deren Huldi*
gung und die Versicherung ihrer treuen Anhänglichkeit ehr*
erbietig zu unterbreiten. Auf diese Depesche ist folgende Ant*
wort eingelaufen:

,Se. k. u. k. apostolische Majestät danken der S.
.Austria' des D. u. ö. Alpenvereins huldvollst für die
anläßlich der Jubelfeier ihres 50jährigen erfolgreichen
Wirkens zum Ausdruck gebrachten treuen Gesinnun?
gen und begleiten die weitere Entwicklung der Sektion
mit den besten Wünschen. Auf allerhöchsten Befehl:
Freiherr v. Schießl.'»

«Daß unser Kaiser in diesen sorgenschweren Stunden Zeit
fand, der Männer vom silbernen Edelweiß, die seine Lieblings*
blume als ihr Vereinszeichen tragen, so huldvoll zu gedenken,
dafür wollen wir ihm jubelnd danken und ich fordere Sie auf,
mit mir einzustimmen in den Ruf: Se. Majestät unser aller«
gnädigster Kaiser und Herr, Franz Josef I., lebe hoch, hoch,
hoch!» Die Versammelten stimmten begeistert ein.

Hierauf wandte sich der Vorsitzende an Herrn Prof. Dr.
Sueß, indem er sagte: «Und nun hat Herr Prof. Sueß heute
wie vor 50 Jahren das erste Wort», worauf — belohnt von
langanhaltendem Beifall der Versammelten — Prof. Sueß die
auf Seite 304 dieser Nummer veröffentlichte Ansprache hielt.
An deren Schluß wurde ihm das erste Exemplar der schönen
«Festschrift» der S. «Austria» überreicht.

Sektionschef Dr. R. Grienberger bezeichnete es als Zei*
chen des der S. «Austria» eigenen Glücks, daß es ihr vergönnt
sei, an ihrem Jubeltage aus dem Munde eines der Gründer
ihre Entstehungsgeschichte zu vernehmen. Er erinnerte daran,
daß die Gründung des Vereins nicht nur in die Zeit der er*
wachenden Begeisterung für die Alpenwelt, sondern auch in
die Zeit der politischen Erneuerung und des Aufschwungs
des Vereinslebens in deutschen Landen fiel, was wesentlich
zum Aufschwung der alpinen Vereine beigetragen hat. Als im
Jahre 1874 die Vereinigung des Deutschen und des Österreichs
sehen Alpenvereins zur Tat wurde, war es neben dem al*
pinen auch der nationale Gedanke, der dieser Vereinigung
zum Durchbruche verhalf. Nicht mit Unrecht ist im D. u. ö.
Alpenverein, der von jeher sich rühmen durfte, führende
Männer des deutschen Volks zu seinen Mitgliedern zu zählen,
das Vorbild für das enge politische Bündnis zwischen öster«
reich und dem Deutschen Reiche erblickt worden. Der Red?
ner beglückwünschte die S. «Austria» sodann namens des
Gesamtvereins, zu dessen ersten Sektionen sie nicht nur durch
ihre Mitgliederzahl, sondern auch durch ihre reiche alpine