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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.42 (1916)
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Nr. 5 u. 6.

Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins.

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dem Fellatal und dem Wischberg eröffnet habe". Am 18. Fe»
bruar wurde berichtet, daß oer Ort Malborghet wieder ein»
mal unter heftigem Feuer stand. Am 20. Februar bombar-
vierten die Italiener das kleine Örtchen Uggowitz im Fella»
tale und am 29. Februar wollen sie „marschierende Kolonnen
zwischen Uggowitz und Malborghet wirkungsvoll beschossen
haben". Am 27. Februar wurde berichtet, daß wieder einmal
Tarvis mit einigen italienischen Granaten bedacht worden
sei. Wie wir einer freundlichen Privatnachricht entnehmen,
wurde erfreulicherweise keinerlei Schaden angerichtet.

In ihrem Berichte von 10. März meldeten die Italiener,
daß sie >,Unterstände in der Seisera zerstört" haben. Auch im
Koritenzatale will die italienische Artillerie erfolgreich auf»
getreten sein.

Viel genannt wurde in letzter Zeit der das Flitscher Becken
auf der Nordfeite beherrschende Ostausläufer des Kanins,
der Nombon, 2208 Meter. In unferem letzten Berichte hatten
wir feststellen können, daß es am 12. Februar unseren Trup»
Pen gelungen sei, eine italienische Stellung auf dem Gehänge
des Nombons zu erobern. Für die Wiedergewinnung dieser
Stellung haben die Italiener seither schon viel Blut nutzlos
vergossen. Am 13. und 15. Februar wurden heftige Angriffe
mit großen Verlusten für die Italiener abgewiesen. Am 16.
meldete der österreichische Generalstab: „Das Vorfeld unserer
neuen Stellung im Nombongebiet ist mit Feindesleichen b
deckt;" am 18.: „Eine Säuberung des Vorfeldes im Nombon»
gebiet brachte 37 Gefangene und 1 Maschinengewehr ein."
Dem gegenüber erscheinen alle italienischen, natürlich für die
italienischen Leser zubereiteten Berichte über angebliche Teil»
erfolge der Italiener als abgeschmackte Erfindungen, die ein
Generalstab doch nie in die Welt hinaussenden sollte.

Auf der anderen, der füdöstlichen Talfeite von Flitfch er¬
hebt sich der ebenfalls schon vielumstrittene Iavorcck,
1549 Meter. Dieser beherrscht das Flitscher Talbecken von
Südosten. Und da Flitsch den Schlüsselpunkt einerseits für
das oberste Ifonzotal mit feinen Übergängen in das Save»
tat, anderseits für den Predilpaß und damit für die Straße
über Naibl nach Tarvis bildet, ist es einleuchtend, daß die
Italiener alles daranfetzen, Herren diefes Gebietes zu wer»
den. Darum die immer wieder erneuerten Angriffe auf die
österreichischen Stellungen auf den Gehängen des Nombons
und des Iavorcek. Von dem letzteren berichtete der öfter»
reichische Generalsiab am 16. Februar: „Am Iavorcek wurde
eine italienische Feldwache zum achten Male ausgehoben."
Auch die Italiener meldeten mehrmals Zusammenstöße.

Auch der Mrzli Vrch, eine südöstliche Vorstufe des Krn,
sieht immer wieder Kampfgewühl. Am 23. Februar berichteten

die Italiener, daß „am 22. nach intensivem Artilleriefeuer und
Bombenangriff die Österreicher mit Macht gegen ihre Stel»
lungen am Mrzli Vrch vorgingen, aber fast an der ganzen
Frontlinie zurückgeschlagen wurden. Nur an einem kleinen
Frontstück gelang es ihnen, in unsere Linien am rechten Flügel
einzudringen. Ein sofortiger, kräftiger Gegenangriff warf sie
hierauf aus dem besetzten Schützengraben". Und am 1. März
berichteten sie, daß „kühne Patrouillen, die zur Erkundung
gegen die feindlichen Linien auf dem Mrzli Vrch vorgefchickt
wurden, Handbomben in diese warfen und sie beunruhigten".
Aber wie fast immer, folgte auch in diefem Falle sofort
(4. März) die amtliche österreichische Nichtigstellung mit den
folgenden Worten: „Auch die italienische Meldung vom
1. März ist glatt erfunden. In der Nacht vom 29. Fe¬
bruar auf den 1. März herrschte auf dem Mrzli Vrch, von
vereinzelten Infanteriegewehr- und Granatenschüssen abge¬
sehen, vollkommene Nuhe. Von einem Vorgehen italienischer
Patrouillen sowie von einem Handgranatenangriff und hie»
durch angeblich verursachten Alarm ist nichts bekannt. Ein
Vorgehen wäre überhaupt unmöglich gewesen, da eine Schnee¬
höhe von 120 Meter gemessen wurde. Die Italiener sind
dort aus ihren Deckungen schon seit undenklichen Zeiten nicht
herausgekrochen."

Eine weitere Nichtigstellung erfuhr eine italienische
Generalsiabsmeldung vom 25. Februar. Diese hatte de»
hauptet, daß „kleinere, vorgeschobene italienische Abteilungen
auf der höhe von Santa Maria im Tolmeiner Abfchnitt
in der Nacht auf den 24. Februar während eines Schnee»
sturms eine feindliche Abteilung in weißen Mänteln, die ver-
suchte, sich ihren Stellungen zu nähern, geworfen hätten und
daß der Femd viele Tote auf dem Platze und einige Ge»
fangene in ihren Händen gelassen habe". Diesen Behaup¬
tungen sehte das österreichische Kriegspressequartier folgende
Berichtigung entgegen: „Dieser erlogenen Darstellung steht
die Tatsache gegenüber, daß in der fraglichen Nacht drei
Patrouillen in Schneemänteln vorgingen, die italienische
Schwarmlinie überfielen und ungefähr 35 Italiener nieder¬
machten. Die Behauptung über mele unferfeits zurückgelassene
Leichen und einige Gefangene ist vollkommen erlogen."

Angesichts der wirklich ganz unerhörten Art der Italiener,
unausgesetzt Unwahrheiten in die Welt hinausflattern zu
lassen, hat sich also für die Österreicher neben der eigent¬
lichen militärischen Aufgabe, den heimischen Boden mit den
Waffen zu fchühen, noch eine zweite Notwendigkeit heraus¬
gebildet: eine eigene Verteidigung gegen die welschen Lüqcn-
berichte einzurichten. Heinrich Heß.

Die Ausstellung alpiuer Kriegsltteratur iu der Alpenvereius-

bücherei zu Müucheu.

Von Dr. A. Dreyer in München.

Während draußen im Felde die todesmutige Schar unserer
Vaterlandsverteidiger wie ein eherner Wall die Grenzen der
teuren Heimat schirmt, nimmt „die alte Garde" daheim im
Geiste bewegten Herzens an ihrem schweren Ningen wie an
ihren glorreichen Erfolgen innigen Anteil. Von den Alpinisten
aus Deutschlands und Österreichs Gauen stehen gerade die
körperlich tüchtigsten unter den Fahnen. Die im Kampfe mit
der rauhen Hochgebirgsnatur gestählten Streiter haben gegen¬
über einer Welt von beutegierigen Feinden neuerdings glän»
zend bewiesen, daß deutsche Heldenkraft noch mehr wie einst
m sagenverklungenen Tagen Wunder der Tapferkeit zu voll¬
bringen weiß.

Die Freunde unseres.Hochgebirges, denen es nicht ver¬
gönnt war, für das Vaterland zu kämpfen, verfolgten eifrig
auf den Karten die Vorgänge auf den Kriegsschauplätzen,
namentlich in den ihnen wohlbekannten Alpengegenden. In
dieser Hinsicht hatten es die „Münchener" gut. Die Alpen¬
vereinsbücherei ist ja im Besitze eines vorzüglichen Karten-
Materials; doch auch Bücher, die von den blutgetränkten
Schlachtfeldern Kunde geben, konnten sie hier einsehen. Unter
den 12.000 Bildern, die die Bibliothek ihr eigen nennt, führen
nicht wenige jene Orte in den Bergen vor Augen, die fchon
wiederholt Zeugen erbitterter Kämpfe waren.

Die lebhafte Nachfrage nach Kriegsliteratur brachte die
Vüchereileitung auf den Gedanken, all diefes Material den Be¬
suchern zur Schau zu stellen. Die anfangs noch in bescheidenem
Nahmen sich bewegende Sammlung errang starken Anklang,
wie bereits in Nr.' 23/24 der „Mitteilungen" von 1915
(S. 248) berichtet wurde. Doch stets floß Neues hinzu und
gegenwärtig ist die Sammlung bereits auf über 1200 Num¬
mern (400 Bücher, 250 Karten, 50 Panoramen und 500 Bilder)
angewachsen. Die Vücherabteilung erfreut sich eines regen
Zuspruches. Lebensfrohe Schilderungen von Kriegsteil¬
nehmern an den verschiedenen Fronten, farbenfrifche Beschrei¬
bungen der kampfdurchtobten Gegenden wechseln mit Werken,
die uns tiefe Einblicke in den Ge:st der kriegführenden Völker
eröffnen.

Für die Vermehrung der Literatur über die österreichische
Adria und das Kcustgebiet, über die Karpathen und den
Balkan wird stets Sorge getragen. Wir können hier un¬
möglich einzelne Namen nennen; über diese Literatur soll
später noch eingehender berichtet werden. Das Hauptinter¬
esse beanspruchen jedoch die sachgemäß geordneten karto¬
graphischen und bildlichen Darstellungen verschiedener Kampf»
gebiete. Von den Karten sind die besten aufgestellt, ebenso
von den Bildern hervorragende Aufnahmen (auch Farben-