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Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.51 (1925)
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des Deutschen und Oeslerreichischen Älpenveretns.

Für Form und Inhalt der Aufsähe »sind die Verfasser verantwortlich

Nr. 3

München, 15. Februar

1925

Reiche und in Vesterreich von den Mitgliedern bei ihrem Zustellpostamte ;u bestellen. Be;ugsvrei5 vierteljährlich GM.0.42

Inhalt: Johann Stüd^. f. — An Stüdl's Grab. — Schilauf und Alpinismus — Einsame Bersse. — Die Schätze der Alpenoereius-

bücherei. — Der Pflichtendels der Mitglieder des D. u. Oe. Alpen oereins. — Vom bergste'gerlschen Bedürfnis der Flau. — Bauet

Schn«ehütlen. — Verschiedenes: Hütten Und Wege. — Ausrüstung. — Verein?- und SekllonZnachrichten. — Perionalnachrichten. —

' Bücher, Schriften und Karten. — Alpine Kunst. — Aus Mitglieder kreisen. — Anzeigenteil.

Sohann

Vater Stüdt ist tot!" - Der Klageruf hallt durch alle Gaue, in denen deutsche
Bergsteiger Hausen, erschüttert ihre Herzen und in stiller Wehmut neigen sie ihre Häupter.
Er war ein Mann, dem keine der Tugenden fehlte, die Mit- und Nachwelt preisen, strenge
und Milde paarten sich zu einem harmonischen Charakterbilde: die Strenge des Pflichtgefühls,
das die Bestimmung des Lebens in rastloser Arbeit, im selbstlosen Wirken des Guten, Wahren
und schönen erkennt, die Milde der Herzensgüte, die dem Wirken jegliche Schärfe und
Rauheit benimmt und es unendlich wohltuend gestaltet. Ernst im kerne seines lautereu
Wesens, umfloh dieses das Licht froher Heiterkeit; so wandelte er, Tröstung und Freude spen-
dend, unter uns. Die echteste deutsche Tugend, die unverbrüchliche Treue zu sich selbst, zu.den
Freunden, zu der Sache, der ersich weihte, gab seinen Workenund Taten das Gepräge, und
die unerschütterliche Festigkeit, mit der er für das als richtig oder notwendig Erkannte
eintrat, wirkte so mächtig durch die liebenswürdige Form, die den Gegner gewann und
dadurch überzeugte- Er war ein Mann, der keinen Feind hatte. Seine erstaunliche Tatkraft
widmete er voll und ganz einer Sache und in dieser Beschränkung wurde er deren Meister,
gründlich im Wissen, erfolgreich im Handeln. Und dieser Mann, der ein Recht auf Stolz
hatte, trug wie alle Edlen, die ihres eigenen Wertes still bewußt find, den Schmuck de?
Bescheidenheit.

3n der Zeit, da noch frohgemuter, unverderbt natürlicher Sinn Mythen ersand und
die Wirkenden zu Herren erhob, hätte man ihn gefeiert als einen Prometheus, der seinem
Geschlechte das göttliche Feuer der Begeisterung für die hehre Alpenwelt, diesem Geschmeide
der Schöpfung, brachte.

Klein geworden ist die Schar derer, die als Jünger dem jugendlichen Fahnenträger
des Alpinismus sich anschlössen, seinen begeisternden Worten lauschend, seine vorbildlichen
Taten bewundernd, sie senden, gerüstet, ihm auch auf dem letzten Wege zu folgen, ihre
Dankesgrühe aus bewegtem Herzeu ihm nach. Das jüngere Geschlecht der Bergsteiger aber,
das den gereiften Mann als vielerfahrenen sachkundigen Führer und Berater, als den
Schöpfer der in unermüdlicher Arbeit gestalteten Werke, deren es sich erfreut, zu lieben
gelernt hat —es verehrt ihn als den Erzvater des Alpenvereins, der die Bergfreunde von
den Gestaden der nordischen Meere und aus dem südlichen Hochlande verbündet, der ein
Denkmal jener echten Kultur ist, die Geist und Körper gleichmäßig zur Höhe der Ent¬
wicklung leitet.

Das Leben, das er seinem Volke widmete, indem er ihm die ewige Schönheit der
Alpennatur erschloß, verschlang der rauschende Strom der Zeit; aber es ging in ihm nicht
unter, es dauert fort, nicht nur in den immerhin vergänglichen Schöpfungen, als vielmehr
in dem Wirken des Geistes, der von ihm ausgegangen, dem deutschen Volke den unvergnng-
lichen Schah der Bergfreude verschafft hat.

So werden seiner dankbar und ehrfürchtig gedenken wir Lebenden und die nach uns

leben werden. Johannes Emmer.