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Mitteilungen des Deutschen Alftenvereins
Folge 8
besteht und daß das Queren langer Strecken unter schneebeladenen
Felsen gefährlich sein kann. Fast alle Teilnehmer waren erfahrene
Bergführer, glaubten aber offenbar nicht an das Vorhandensein un-
mittelbarer Gefahr. Eine Sicherheit vor Lahnen besteht eigentlich
nirgends,' im Zweifelsfall aber gilt es, auf eine Fahrt einmal zu
verzichten.
Bei Oberammergau zog sich Josef Mahr, 38 Jahre alt,
durch Sturz beim Schifahren innere Verletzungen zu, denen er erlegen
ist. Er hatte am letzten Passionsspiel in der Rolle des „Nikodemus"
mitgewirkt.
Auf der
Hohen
Veitsch in Steiermark verunglückte ein
Wiener Schifahrer tödlich.
Ein Soldat des Wiener-Neustädter Fliegerregiments fand am
Schneeberg beim Schifahren den Tod.
Am 28. Dezember vormittags stiegen mehrere Personen zum
Stoderzinken
an. Die junge Wiener Schifahrerin Hanst
Gschwandtner trat zu weit auf die Gipfelwächte hinaus und
stürzte mit einem Teil der Wächte über die steilen Wandstufen und
Rinnen der Südseite etwa 500 m tief ab. Man fand sie, nur wenig
verschüttet, mit argen Kopfverletzungen, tot auf. Der Stoderzinlen
gilt, abgesehen von der Wächte, als leicht und gefahrlos.
Am 6. April waren zwei Bergsteiger daran, den Bauern»
predigt
st uhl im Kaiseigebirge über die Westwand zu erklettern.
Sie gingen ohne Seil. Der eine hatte bereits den Gipfel betreten,
als der andere, Hermann Treich!, 21 Jahre alt, Spengler aus
Kufstein, wenige Meter unter dem Gipfel einen Sturz von 120 m tat.
Der Gefährte schleppte den Schwerverletzten allein zur Gaudeamus¬
hütte, von wo dieser auf einem Rettungsschlitten zu Tal gebracht
wurde. Er starb jedoch unterwegs.
Am 9. Mai stürzten an der Stangenwand im Hochschwab»
stock Liselott Kästner, Walter M i t t e
I
h o lz er und Uli Si
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d
zu Tode. Lebende Augenzeugen sind nicht vorhanden. Dem nach»
fraglichen Befund zufolge war der Vorgang dieser: Nach Nächtigung
im Gasthaus „Bodenbauer" im St. Ilgen-Tal stieg die Dreieraruppe
zum Stangenwand-Südwestanstieg auf. In der Wand ging man an
zwei je 30 in langen Seilen; Uli Sild als Führender, Frau Kästner
in der Mitte, am Schlüsse Walter Mittelholzer. Die Gruppe war in
Kletterschuhen ohne Pickel aufgestiegen; die Nagelschuhe fand man
später in den abseits gestürzten Rucksäcken vor. Die Seilschaft hatte
die unteren Wandteile bereits hinter sich gebracht und befand sich in
dem Anstieg „Saai-Kaltenbrunner" auf der ansteigenden Querung
von links nach rechts zu der Rißreihe, die zum Wandfchluß empor¬
führt. Hier hat vermutlich der vorankletternde Uli Sild, durch Nässe,
Eis oder Steinfall behutsam gemacht, versucht, einen Sicherungshaken
zu schlagen. Ehe er dieses vermochte, muß ihn ein Steinschlag, von
den schneebedeckten Gipfelbändern kommend, tödlich getroffen haben.
Dafür spricht nach ärztlicher Meinung der sofortige Krampfschluß der
Hände. In der Linken hielt Sild, als er tot gefunden wurde, fest
einen Mauerhaken, den Kletterhammer in der Rechten. Die Wucht des
freien Sturzes des Wohl schon Getöteten am 30 in-Seil riß die beiden
Seilgefährten aus dem Stand in die Tiefe. Das Seil riß zwischen
Frau Kastner und Mittelholzer, wahrscheinlich erst nach dem Auf¬
schlagen bei einem Verklemmen des Körpers. Uli Sild kannte die
Stangenwand und ihre Eigenart, denn, er hatte die Südwand schon
zweimal durchstiegen. Die Wand war zwar trotz der frühen Jahres¬
zeit statl ausgeapeit, wies jedoch in den obersten gebändelten Teilen
Schneebelag auf und zeigte im aperen Teil zahlreiche Wasserstriemen.
Das Kar bis zum Wandfutz trug noch eine geschlossene Schneedecke.
Die Wetterlage war günstig. Der Umstand, daß der Führende bei
einer Felsfahrt „alten Stils" (von 1903) die Hakensicherung für nötig
hielt, beweist, daß er die zweifellos vorhandenen sachlichen Gefahren
richtig — aber vielleicht etwas zu fpät — erkannt hatte. Uli Sild
war ein erfolgreicher und tüchtiger Vertreter des bergsteigerischen
Nachwuchses, ein Enkel des Früherschließers der Alpen Julius von
Ficker, Sohn der Kaukasusbergsteigerin Zenzi Sild, geb. v. Ficker,
und Neffe Heinz v. Fickers. Frau Kastner war die Tochter von Dr.
Hans Lorenz, der in seiner Jugend als Bergsteiger und später als
Wissenschaftler bekannt war. Walter Mittelholzer hatte sich als
Schweizer Flieger und namentlich als Alpenflieger Ruhm errungen.
Im Vertrauen auf ihr zweifelloses bergsteigerisches Können
mögen die Verunglückten vielleicht die frühe Jahreszeit zu wenig in
Betracht gezogen haben.
Am 16. Mai stürzte Theodor V o h t, Arzt aus Erlangen,
28 Jahre alt, an der Wangscharte im Wettersteinkamm an einer
vereisten Stelle vor den Augen seiner Gefährten tödlich ab.
Ein Mann und eine Frau wollten vom Nebelhornhaus gegen den
Seealpsee
absteigen. Sie gerieten vom Weg ab. Der Mann
stürzte ungefähr auf halber Höhe ab und bljeb mit mehrfach gebroche¬
nen Gliedern liegen.
Am 17. Mai hatte Franz G r a ß m a n n, 25 Jahre alt, aus
Dörndorf in Franken, zuletzt beschäftigt in Oberammergau, die Nord«
ostwand des
Gimpels
angegangen. Er stürzte etwa 200 in tief
ab und blieb tot liegen. Der Verunglückte foll die schwierige Fahrt
ohne bergsteigerische Kenntnisse gewagt haben.
Bergis Demmel, 20 Jahre alt, aus München, wollte in Be¬
gleitung seiner Schwester das Feichteck bei Rosenheim über den
Nordgrat ersteigen. Es löste sich eine brüchige Steinplatte, Demmel
stürzte etwa 40 in tief ab und starb alsbald an den Verletzungen.
Anläßlich eines Lehrganges für alpines Iugendwandern für die
auszubildenden Iugendführer des D. A. V. mit Teilnehmern aus
dem Gesamtreich fand eine Wanderung zu den Pürschling«
Häusern
statt. Auf dem Wege glitt Willi Loehner, Studien-
rat aus Freiburg i. S., aus und verlor das Bewußtsein. Er wurde
geborgen und nach Oberammergau gebracht, starb aber an inneren
Verletzungen.
Am Ruchenfensterstock in den Windgäl
I
en an der Südwand
stürzte am 29. Mai eine Dreierseilschaft, bestehend aus Hans
Frei
aus
Zürich, Felix Tharin aus dem Waadtland und Henri Trach'sel
aus Montreux, tödlich ab. Über Ursache und Hergang des Unglücks
ist man auf Mutmaßungen angewiesen. Wahrscheinlich war einer
der drei gestürzt und hatte die anderen mitgerissen. Alle drei waren
erprobte Berggänger. Insbesondere Hans Frei, 27 Jahre alt, hatte
in seiner verhältnismäßig kurzen Bergsteigerlaufbahn eine große Reihe
schwierigster Aufgaben gemeistert.
Am 31. Mai versuchten zwei Bergwanderer — wie berichtet
wurde, „ohne jegliche Ausrüstung" — von der Eiskapelle aus den
Kleinen
Watzmann zu ersteigen. Sie verstiegen sich und be¬
fanden sich gegen Abend in hilfloser Lage. Der eine war völlig er¬
schöpft, der andere, Johann Süß aus der Oberpfalz, glaubte noch
Hilfe herbeiholen zu können. Er stürzte aber, kurz nachdem er den
Abstieg begonnen hatte, etwa 150 in tief ab und blieb zerschmettert
liegen. Der Begleiter konnte nach einer im Freilager verbrachten
Nacht nach St. Bartholomä zurückfinden.
Beim Versuch, die Kuh spitze in Vorarlberg zu besteigen,
stürzte der eine der beiden Teilnehmer, Otto Uhl, 18 Jahre alt,
aus Höflach, tödlich ab.
In der Südwand des G r ab n er st
ein
s bei Admont stürzte
Helga
Falsinger,
Iunglehrerin aus Graz, infolge Ausbrechens
eines Griffes und war sofort tot.
Am Heuberg bei Rosenheim befanden sich zwei Knaben im
Alter von 12 und 15 Jahren im Abstieg. Der Vorausgehende, Vitus
Naumann, 15 Jahre alt, Schieinerlehrling aus Rosenheim, glitt
an einer unübersichtlichen Stelle aus, stürzte etwa 250 in tief ab und
blieb tot liegen.
Am Signalkopf in den
Seinslöpfen
(Schöttlkargruppe) be¬
fanden sich zwei Bergsteiger in Ruhe. Einer von ihnen, Max Fürst,
18 Jahre alt, Bäcker aus München, hatte sich auf einer Steinplatte
niedergekniet, um aus dem Rucksack Lebensmittel zu entnehmen. Die
Platte tippte über, Fürst fiel rücklings hinab, versuchte sich an einem
Stein zu halten, der aber ausbrach, fiel mit dem Kopf auf und
rutschte dann noch ein Stück weiter. Er wurde zwar geborgen und
ins Mittenwalder Krankenhaus gebracht, starb aber alsbald an den
schweren Verletzungen.
Am 13. Juni stürzte in der Mittagsschlucht zwischen Großem
und Kleinem Waxenstein Iosefine Babl aus München ab und
erlitt schwere innere Verletzungen, konnte über wieder hergestellt
werden.
Am 19. Juni kletterte Anton
Unsinn,
Säger aus München,
30 Jahre alt, durch die Nordwand
derBenediltenwand.
Aus
unaufgeklärten Gründen stürzte er tödlich ab.
Am
Gries>gundkopf,
an der großen Sandreitze, stürzte an
einer kleinen Wandstelle Hellmut Braun, 26 Jahre alt, TeHniler
aus Fiiediichshafen, tödlich ab.
Der Berchtesgadner Bergführer Hans
Moderegger
war mit
einem Herrn aus Hamburg und in Begleitung seines Bruders Stefan,
der Bergführeranwärter ist, im Anstieg durch die gerade Westwand
des Kleinen Watzmanns. Ein Steinschlag traf Hans Moderegger
tödlich. Die beiden Begleiter blieben unverletzt.
Harald
Krause,
Assessor aus Bremerhafen, war mit einem
Begleiter im Anstieg zurA
I
pspitze. An den noch stark verschneiten
„Schönen Gängen" kam er ins Rutschen, fiel etwa 12 in tief und
erlitt einen Schädelbruch, dem er nach einigen Tagen erlag.
Bei Pfronten, am
Kienberg,
wurde Leo Misch aus Stettin
von einem Stein getroffen, während er auf einer Bank ausruhte. Er
war bewußtlos und starb im Krankenhaus infolge Schädelbruches.
Am Daumen stürzte Alfons K 1^ isel aus Kempten über ein
Schneefeld in eine Felsrinne, brach das Genick und blieb tot. Es
wird vermutet, daß ein Anfall geistiger Trübung die Ursache des
Sturzes gewesen sei.
Zwei Bergsteiger aus Polen waren, im Aufstieg zur
Drei-
schust erspitze. Abraham W i
I
m e r, 27 Jahre alt, Arzt aus
Bielsko, stürzte ab und blieb tot.
Zwei Geistliche bestiegen die Alpspitze und nahmen den Ab¬
stieg über den Westgrat zur Grieskarscharte, um durch das Matheisen-
kar in das Höllental zu gelangen. Der Kaplan Gebert, Studieren¬
der der, Kunstgeschichte an der Universität München, stürzte — ver¬
mutlich nach Ausbrechen eines Griffes — ab und blieb tot.
Am
Plan!
enst
ein
bei Tegernsee wurde Martin
Weigl
aus Obeitraubenbach (Bayr. Wald) von Steinschlag getroffen und
war sofort tot.
Am Predigtstuhl im Kaifergebirge ist Fräulein Anna
Widauer aus Kufstem tödlich abgestürzt.
Am 10. Juli waren zwei Gymnasiumsschüler am Kainrad
I-
turm
an der Koschutta'in Kärnten daran, einen neuen Durchstieg
zu begehen. Der vorankletternde
Kneß
stürzte, wurde jedoch von
seinem Gefährten am Seil gehalten. Er war aber beim Sturz so
heftig aufgeschlagen, daß er sofort tot war.
Am 18. Juli stürzte an der
Benediktenwand
Gebhart
Rasch, 27 Jahre alt, Flugzeugmechaniker aus München, tödlich ab.
Am
Hohen
Kasten, einem Ausläufer der Karwendellette,
stürzte infolge Ausbrechens eines Griffes Franz
Kohlhauf
aus
Lenggries, 26 Jahre alt, tödlich ab.
Am Fansjoch im Karwendel stürzte Peter S ch e r z e r,
28 Jahre alt, aus Bad Tölz, tödlich ab.
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