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Mitteilungen des Deutschen Alpenvereins 1938-1939 - Deutscher Bergst... (1939)
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keit im Karwendel. Kein Wunder, daß er sich
alsbald dem größten damaligen Felsproblem zu¬
wandte: der Laliderer-Nordwand. Im Sommer
1911 bezwang er die Schlüsselstelle (Namboplatte"),
mußte aber dann im Gewitterregen umkehren.
Nachdem sein Gefährte abgezogen war, rief Her¬
zog seine bergtüchtigen Geschwister herbei. In der
Zwischenzeit bewältigte er allein die Nordwest-
wand der Laliderersftitze durch den „Rambokamin",
dann folgte am 9. August mit Paula und Chri¬
stian als Einöltur die Erkletterung der mächtigen
Nordkante. Herzog hatte Pech, er mußte ins
Manöver ziehen, und in der Zwischenzeit schnapp-
ten ihm Dibona, Nizzi und die Gebrüder Mayer
die Erstbegehung weg. Im nächsten Sommer
durchstieg er mit Georg Sixt die große Mauer in
der halben Zeit. Im gleichen Jahr eröffnete er
im Nordzug der Palagruppe ein halbes Dutzend
neuer Kletterpfade. Als einer der Allerersten
warb er ferner um die Fleischbank-Ostwand und
verwendete bereits damals versuchsweise Kara¬
biner. Dann wandte er sich der Südwand der
Schüsselkarspitze zu, an der Felsmänner wie Dül-
fer, Piaz und Preuß abgeblitzt waren. Nach einem
durch schlechtes Wetter vereitelten Vorstoß griffen
Herzog und Fiechtl im Oktober 1913 — also vor
25 Jahren — noch einmal an. Nach den Haupt-
schwierigkeiten mußten die beiden, auf knappem
Grasfleckchen am Gewand hängend, die lange,
kalte Nacht verbringen, aber der Erfolg war ihnen
gewiß. Im Frühsommer 1914 trat „Rambo" mit
Christian zum zweitenmal an, kletterte im oberen
Teil ziemlich gerade zum Gipfel und stieg über
die furchtbare Plattenflucht wieder ab. Eine einzig-
artige Leistung!

Nach dem Krieg ging Herzog trotz schwerer
Verwundungen wieder äußerst schwierigen Kar¬
wendelfels an. Mit der Bezwingung der Nisser
Falk-Ostwand bewies er ungebrochenes Können.
Von dem Dutzend Erstlingsfahrten der nächsten
Jahre wiegt die abenteuerliche Bewältigung der
Ha-He-Verschneidung" am schwersten. Nach kur-
zer Pause holte er 1929 zur Nachlese aus. Die
Dreizinkenspitze-Nordwand erhielt einen äußerst
schwierigen Durchstieg zum Gipfel, und auch in
verschiedenen anderen Ost- und Westalpengruppen
stieß er in Neuland vor. Herzog bestieg die Ca-
lotte de Nochefort von Nordosten und den Eiger
von Südwesten. 1932 offenbarte sich ihm aller-
dings mit häufiger Negentrübung — die Fels-
und Eiswelt des Kaukasus. Meist alleingehend,
führte er 13 neue Fahrten aus. Trotz eines beim
Schilaufen gebrochenen Armes füllte er das Ver-
zeichnis seiner Neuturen weiterhin auf, und man
geht kaum fehl, wenn man Nambo" die runde

Zahl von 100 erstmals begangenen Wänden und
betretenen Gipfeln zubilligt. Und das erfreulich-
sie an Otto Herzog ist, daß er trotz dieser 100 Fahr-
ten und seiner 50 Lebensjahre nicht daran denkt.
Seil, Kletterschuhe und Schier etwa in eine Ecke
zu stellen. F. Sch.

Ein treuer Karwendelfreund. Der Münchner

Bergsteiger und Schriftsteller Ferdinand Keyfel
feierte Mitte Oktober ein Karwendel-Iubiläum",
nämlich seinen 25. Besuch dieser prächtigen und
abgeschiedenen Gebirgsgruppe und seine 12. Er-
steigung der Kaltwasserkarspitze. Für das Kar-
Wendel gelten andere Maßstäbe als für über-
laufene Gebirgszüge der Nördlichen Kalkalpen,
und es gibt wohl kaum einen zweiten Bergsteiger,
der ein dutzendmal auf dem Scheitel der stolzen
Kaltwasserkarspitze gestanden hätte. Besonders
schwer wiegt ein Alleinbesuch Keyfels: die erste
Winterersteigung des Giftfels an der Jahreswende
1920/21. Schon vor dem Kriege führte er eine
der ersten Begehungen der steil abfallenden Nord-
wand sowie der Vettelwurf-Nordwand und des
zersägten Grabenkargrates aus. Ernste Bergsteiger-
Pflicht erfüllte Keyfel später bei den Bergungen
Verunglückter aus den beiden düsteren Nordwän-
den. Eine Noßloch-Umrahmung mit zwei einge-
schalteten Biwaks zählte in der Vorkriegszeit noch
zu den großzügigen Mrwendelfahrten. Aberhaupt
liebte Keyfel Freinächte unterm Sternenzelt, und
jeder erlebte Sonnenaufgang war dem romantisch
empfindenden Mann ein köstliches Geschenk. Als
Schiläufer betätigte er sich früh; schon 1910 zog
er die Spur seiner Bretteln quer durch das Kar-
Wendel über Hohl- und Lamsenjoch, und auch
manche Vergzinne sah ihn als winterlichen Gast.
Anschließend sei noch zweier Karwendelhütten
gedacht: Erst kürzlich konnte der 30jährige Ve-
stand des stattlichen Karwendelhauses ge-
feiert werden und auch die kleine Virkkar»
Hütte am Schlauchkarsattel hat bereits ein Vier»
teljahrhundert über sich Hinwegwettern lassen.

. F. Sch.

Über die Steinadler im Kaunsertal berichtet der

Bergführer-Obmann des Kaunsertales, Josef
Praxmarer, der übrigens auch im Vorjahre in
einem Film mitwirkte, der sich nicht mit Fensterln
und Wildererszenen, sondern mit dem Leben der
Steinadler befaßte, folgendes: Der Steinadler ist
hier der unbeschränkte Herrscher der Lüfte. An
einem Seil habe ich mich zu dem Horst herab»
gelassen und habe das Junge der Kamera p-
sentiert. Es war schon stattlich groß, mit einer
Flügelspanne wie die ausgebreiteten Arme eines
Mannes und Fängen so stark wie eine kräftige

Wir bauen dll5 5undament

dez ewigen VeuWland!

Meile mit ak Mitglied

der N5V.!

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