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Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.02 (1871)
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54 Tiroler Centralalpen, Oetzthaler Gruppe.

Stelle als Kreuzspitze, welche blos für die mittlere der drei höchsten
gelten könnte. Herr v. Sonklar hat selbe etwas weiter gegen Süd¬
westen gerückt, so dass man beinahe an die zu äusserst nach Süd¬
westen vorgeschobene Erhebung denken kann. Unsere jetzige Kreuz¬
spitze ist aber die vorhergenannte am weitesten gegen Nordosten
vorgeschobene Culrnination uud blos für diese habe ich seit einigen
Jahren den speziellen Namen <Kr euzspitze» in Aufnahme zu brin¬
gen gesucht. Unsere Spitze ist demnach viel weiter nordöstlich zu
suchen, als die Karten angeben, nämlich an jener Stelle, in der
geraden Linie vom untersten Ende des Vernagtferners bis zur Aus¬
mündung des Schalfferners in das Niederthal, wo die Generalstabs¬
karte in fast ganz richtiger Weise vom Kreuzkamme eine kleine
Abästelung nach Osten und eine andere nach Norden, die bedeutend¬
sten Nebenzweige des Kreuzkammes, gezeichnet hat Für die andern
genannten Gipfel existirt kein besonderer Name. Ich habe mir jedoch
inzwischen erlaubt, dieselben zu nennen. Es ist be¬
greiflich, dass ich mich über diese Nomenklatur rechtfertigen muss.

Der Name «Kreuzkogl» oder ¬
grund entweder in der Kreuzform , welche der Kreuzkamm mit den
beiden angeführten Zweigen auf unserer Spitze bildet, oder in dem
Schafweidebezirke an ihrem mächtig breiten Fusse im Rofenthale,
welcher in der Volkssprache nie anders als «am Kreuze» heisst. Zu
letzterer Deutung könnte, da schon in alter Zeit hier ein vielbegan¬
gener Saumweg über das Hochjoch geführt hat, gemäss der Meinung
unserer alten Leute, ein dort ehedem aufgerichtetes Kreuz Veran¬
lassung geben. Mag dem sein, wie ihm wolle, eines steht fest: Der
Weidebezirk Kreuze» ist ausschliesslich am Fusse unserer jetzigen
Kreuzspitze. *)

Somit dürfte die ausschliessliche Vindicirung dieses Namens
für dieselbe gerechtfertigt sein. Dass derselbe auch auf die südwest¬
lichen, namenlosen Nachbarn übergehen und daher leicht eine Ver¬
wechslung stattfinden konnte, ist leicht begreiflich. Zur südwest¬
licheren Position der Kreuzspitze auf den Karten hat zuerst wahr¬
scheinlich Herr Feldzeugmeister Freiherr von Hauslab den Anstoss
gegeben. Ich weiss aus seinem eigenen Munde, dass die gegen¬
wärtige Kartenzeichnung des Kreuzkammes aus dem Jahre 1819 von
ihm, dem damaligen Fähnrich, herrührt nnd er glaubt schon damals
die Kreuzspitze bestiegen zu haben, ich bin auch gemäss seiner
Aussage fest überzeugt, dass dies nicht unsere, sondern die früher¬
genannte südwestlichste Erhebung des Kreuzkammes war.

Ich erlaube mir desshalb den Vorschlag zu machen , dieselbe

*) Siehe Ansicht des Hochjochferners, gez. v. G. Engelhardt, im
Selbstverlage des Verfassers.