/ 527 pages
Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.03 (1872)
Search


J. Stüdl und Ed. Richter: Wanderungen in der Venediger-Gruppe. 287

Prägraten, als Station für einen schon seit Jahren so oft
besuchten Berg wie der Venediger, besitzt wie gesagt eine
Anzahl tüchtiger, bergkundiger und gletschererfahrenerhrer.
Doch Uneinigkeit und Missgunst beherrschen auch hier, wie
unter gleichen Verhältnissen an so vielen Orten im Gebirge
alles, und als es bei Gelegenheit der Uebernahme der ehe¬
maligen Johannshütte im Dorferthal durch den D. A. V.
darauf ankam, durch ein rasches Zusammenwirken etwas Ganzes
und Gutes herzustellen, da zeigten sich jene Missstände so
lebhaft, dass fast nichts von dem geschah was doch auch zum
Vortheile der Leute selbst gewesen wäre, und dass auch der
Eine, welcher guten Willen und Eifer zeigte, verstimmt durch
die Chicanen seiner Collegen die Hände sinken liess. Wie
schon kurz erwähnt fanden wir den Zustand der Vereinshütte
ganz unvollkommen; es fehlte, trotz des Vorhandenseins
der Mittel fast an allem: die Uneinigkeit hatte alle Thätigkeit
lahm gelegt; Dinge die leicht und längst hatten geschehen
können, waren unterblieben.

Auf welche Weise nun derartigen Verhältnissen abzu¬
helfen, dazu hat die Entwicklung der Dinge in Heiligenblut
und Kais deutliche Fingerzeige gegeben. Im ersteren Orte
waren die Zustände vor wenig Jahren noch nicht viel rosiger
als in Prägraten, in letzterem musste erst eine Führerschaft
herangezogen werden. Und jetzt! Die Heiligenbluter Führer
gehören nun unstreitig zu den besten in den österr. Alpen, und
wie sie zusammenzuwirken verstehen , das haben sie bei der
inneren Einrichtung der Vereinshütte an der Pasterze — der
Hofmannshütte, — welche sie auf eine geradezu muster¬
hafte Weise besorgten, sowie bei Gelegenheit der Errichtung
des Gedenksteins für Karl Hofmann glänzend bewiesen. Die
Kaiser Führer vollends werden mit Recht als die ersten von
Tirol bezeichnet. In die verschiedensten Theile der Alpen
werden einzelne von ihnen von Reisenden mitgenommen, vor
allen der kühne Schnell; von Jahr zu Jahr steigt die Zahl
der von Kais ab unternommenen Touren, und was die Haupt¬
sache ist, die Anlage der Glocknerhütte und des neuen
Glocknerweges durch Herren Stüdl wurde geradezu nur er¬
möglicht durch das verständnissvolle Eingehen auf die edeln
Intentionen desselben, sowie durch das bereitwillige Zusammen¬
wirken von Seite der Kaiser Führer. Es soll nun durchaus
nicht verkannt werden, dass hierbei besonders günstige pe
sönliche Verhältnisse und Einwirkungen mit im Spiele
gewesen. So hat in Hl. Blut der Obmann des Führervereins,
Grannögger, sich die grössten Verdienste erworben ; so ist in