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Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins Bd.03 (1872)
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Centralalpen. — Venediger-Gruppe.

anschliessen, hinzufügend, dass der „mehr geübte" von hier
aus in wenigen Stunden ohne besondere Gefahr oder Anstrengung
den Gipfel der Schlief er spitze erreichen kann. Leider war
Herrn Stüdls Zeichenmappe in der Vereinshütte liegen geblieben,
so dass nur eine flüchtige Skizze ins Taschenbuch dies schöne
Bild sowie den Anblick, welchen von hier aus die Schliefer¬
spitze bietet, festhalten konnte.

Der weitere Marsch über das Kees bis zum Obersulzbach-
thörl, wo wir um 2 h 45 m unlangten war bei der Weichheit
des unebenen Firns, dessen Oberfläche einem frisch geackerten
Feld gleich, eine mühselige Arbeit. Auf der anderen Seite
des Thörls ging es dagegen um so rascher abwärts; wir be¬
dauerten nur , dass die steilen Schueeflächen , welche man
hinabfahren konnte, so bald zu Ende gingen. Wir eilten nun
abermals die ganze Länge des Dorfer keeses hinab, nur dadurch
etwas aufgehalten, dass jetzt der die Spalten schliessende
Schnee erweicht war, und daher mit grösserer Vorsicht vorge¬
schritten werden musste. Endlich um 4 h 30 m standen wir
wieder vor der Vereinshütte , wo wir die Abwesenheit des
Zaunes schmerzlich empfanden, da sich eine Heerde Jungvieh
vor der Hütte gelagert und den Raum vor derselben in einen
Sumpf verwandelt hatte. Auch den Schlüssel zur Hütte, der
unter der Thürschwelle versteckt liegen sollte konnten wir
nicht auffinden, worüber wir nicht wenig ärgerlich waren, da
der grösste Theil unseres Gepäckes sich in derselben befand.
Endlich erlöste uns die Ankunft des Herren Mappeur's aus
der Verlegenheit und wir setzten unseren Marsch nach Prägraten
fort. Da wir durch die letzte Verzögerung fast 1 V* Stunden
verloren hatten , wurde es bereits Nacht , als wir eben in's
Hauptthal hinaus und zu den ersten Häusern kamen.

III. Ordnung des Führerwesens in Prägraten.

Der folgende Tag — es war der 23. August — war aus
begreiflichen Gründen zum Rasttage bestimmt, zugleich aber
dazu, das sehr im Argen liegende Führerwesen von Prägraten
— trotz einer ganzen Anzahl tüchtiger Führer — etwas ins
Geleise zu bringen , wozu Herr Stüdl sowohl vom D. A. V.
als von der Bezirkshauptmannschaft Lienz bevollmächtigt war.
Es dürfte den verehrten Lesern nicht ganz uninteressant sein,
über diese Arbeit, bei welcher der Verfasser ja als Augen¬
zeuge und theil weiser Mithelfer zugegen war, einiges zu
erfahren.