Die Berge um die Klaas-Billen-Bay 1 09
DIE BERGE UM DIE KLAAS-BILLEN-BAY
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VON
AEMILIUS
HACKER
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UND
DR.
GÜNTHER
FREIHERR
VON
SAAR
(H.)
Die Expedition nach
Spitzbergen
im Sommer 1905 galt der Erforschung
der zentralen Eiswelt. Mein Plan war, auf der ersten Fahrt mit der
„Oihonna"
im Juli in der nordwärts offenen Wijde-Bay mich ausbooten und bei der zweiten
Fahrt im August wieder abholen zu lassen ; denn nur zehn Wochen Urlaub und
beschränkte Mittel standen mir zu Gebote. Die Unterhandlungen mit Herrn Axel
Bade in Wismar, dem Sohne des berühmten Polarforschers, führten zwar zu einem
befriedigenden Abschlüsse, aber auf meinen Lieblingswunsch, in der von Renn¬
tierherden bevölkerten, turistisch fast unberührten Wijde-Bay am Fuße des Snow
Dom mein Hauptzeltlager aufzuschlagen, mußte ich schweren Herzens verzichten
und mich damit bescheiden, am Fuße des Nordenskiöldgletschers in der inner¬
sten Klaas-Billen-Bay mein Standquartier zu nehmen. Ohne
eigenes
Schiff war
ich eben Sklave der Verhältnisse.
Meine bisherigen Turengenossen konnten nicht mithalten. Die hervorragenden
Alpinisten und Schiläufer Dr. Günther Freiherr von
Saar
aus Wien und dessen
langjähriger Klettergenosse Dipl. Architekt Hermann
Sattler
aus Gera leisteten
meiner Einladung Folge.
Durch den stürmischen Skagerrak ging's nach Bergen, dann der Küste entlang
und zwischen den Scheren durch bis Hammerfest.
Der kleine Dampfer nahm spielend die gefährlichsten Passagen zwischen Klippen
und Untiefen, ein unschätzbarer Vorteil gegenüber allen großen Dampfern des
Norddeutschen Lloyd und der englischen Linien, die wegen großen Tiefganges
zumeist die hohe See aufsuchen müssen und in Spitzbergen überhaupt nur den
Beisund und die Adventbai anzulaufen pflegen.
In Tromsö erwartete uns der Robbenfänger Andreas Schröder, den mir Herr
Bade empfohlen, mit einem schlanken Fangboote. Da es mir für größere Expe¬
ditionen und bewegte See zu klein war, mieteten wir ein größeres Fangboot und
ließen das kleine in Tromsö, was zu bedauern ich bei Jagden oft genug Gelegen¬
heit haben sollte. Wir ergänzten sodann unsere Vorräte auf das sorgfältigste und
nahmen zur Vorsicht noch zwei englische Admiralitätskarten, sowie einen zweiten
Primusbrenner mit. In Hammerfest wurde ein schwarzzottiger norwegischer Spitz
„Finn" als Lagerwachthund aufgetrieben.
Die See war stürmisch. Wie im Skagerrak stürzten die Gischtwellen über das
Kommandodeck. Wir konnten das Nordkap nicht anlaufen, und als wir nach
achtzehnstündiger Fahrt die Bäreninsel in Sicht bekamen, die gerade jetzt zur Brut¬
zeit von Millionen nistender Vögel bevölkert war, drängte uns der östlich Spitz¬
bergens nach Süden streichende Polarstrom durch gewaltig vorgeschobenes Packeis
davon ab, und wir mußten in mächtigem Bogen südwestwärts ausbiegen. Im Pack¬
eise wimmelte es von Seehunden. Robbenjägerboote waren eben auf Fang. An
einem einzigen Tage hatten zehn Mann 200 Stück erbeutet. Die Tiere wurden
vor uns auf den Eisschollen liegend niedergeknallt, ausgehäutet, und ringsum
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