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Amtsblatt 1937 Nr. 05 - Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
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Amtsblatt Nr.5

germeister, für die Durchführung dieser Bauten ein Dar¬
lehen bis zu 8 750.000.— zu möglichst günstigen Bedingun¬
gen aufzunehmen, damit dieses Projekt im Rahmen der
Bundes Wohnbauförderung zur Ausführung gebracht wer¬
den kann. Die vereinbarten Darlehensbedingungen werden
noch dem Finanzausschusse zur Begutachtung vorgelegt wer¬
den.

2. Ueber Antrag des Bau- und Finanzausschusses wird
für die Durchführung von Kanalarbeiten an der verlänger¬
ten Schretterstratze der vom Stadtbauamte in Anspruch ge¬
nommene Kredit von 8 1050.— bewilligt.

3. Ueber Antrag des Bauausschusses genehmigt der Ge¬
meindetag folgende Richtlinien zur Errichtung von Versitz¬
gruben für Hausabwässer im Stadtgebiete Innsbruck bei
Fehlen eines Schwemmkanales:

a) Vor Einleitung der Abwässer in den Versitzschacht ist
eine den Vorschriften des städt. Kanalbauamtes ent¬
sprechende Kläranlage vorzuschütten.

d) Der Versitzschacht muh von den Gebäudemauern min¬
destens 2.5 N, von den Nachbargrenzen so weit entfernt
sein, daß eine Schädigung nachbarlicher Interessen
nicht zu erwarten ist.

o) Die Tiefe des Schachtes hängt einerseits von der Vo-
denbeschaffenheit, anderseits von der Höhenlage der
Kellersohle ab. Bei schottrigem, gut aufnahmefähigem
Grund ist die Schachtfohle bei einer Mindestlichtweite
von 1.0 in mindestens 2.5 m, bei einer solchen von
1.25 m mindestens 2.0 m unter Kellersohle, bzw. unter
den tiefsten Einlauf in der Kellersohle zu legen. 2 m
ist jedoch Mindesttiefe, auch bei größeren Schacht¬
weiten.

Ist der Untergrund in dieser Tiefenlage für eine Ver¬
sickerung der Abwässer nicht günstig, so muß der
Schacht bis auf durchlässiges, schottriges Material ver¬
tieft werden. In undurchlässigem Boden dürfen Sicker¬
schächte nicht errichtet werden. Liegt der Sickerschacht
im Bereiche des Grundwassers, so ist derselbe bis auf
den niedersten Wasserstand bei Niederwasser des Inns
zu führen.

ä) Das Ringmauerwerk des Schachtes ist als Trocken¬
mauer auszubilden und der Schacht mit durchlässiger
Sohle auszustatten. Im Schachttrockenmauerwerk sind
zur besseren Druckverteilung in Abständen von 1 ni
Höhe Betonringe anzuordnen.

6) Der Schacht ist in feinem oberen Ende mit einem Be¬
tonkranz und einer verkehrssicheren Abdeckung aus
Eisen oder Eisenbeton abzuschließen.

k) Da Sickerschächte weder in der Innsbrucker Bauord¬
nung noch im Kanalisationsschwemmgesetz vorgesehen
find, wird die Errichtung derselben nur widerruflich
und unbeschadet der Rechte Dritter genehmigt.

4. Ueber Antrag des Bau- und Finanzausschusses be¬
schließt der Gemeindetag, zum Einbau von 8 weiteren Woh¬
nungen in der ehem. Artillerieremise II in der Reichenau
einen a. o. Kredit von 8 25.000.— und zur Errichtung von
28 Holzlegen einen solchen von 8 4000.— zu bewilligen.

5. Ueber Antrag des Vauausschusses verlängert der Ge¬
meindetag feinen Beschluß vom 8. Juli 1936, betreffend die
Baureifmachung der Gp. 1090 K. G. Wilten und betreffend
die Bewilligung eines Kredites von 8 3800.— hiefür.

Berichterstatter Herr Dr. Alois bberhammer

Herr Dr. Oberhammer hält nun als Vorsitzender des Kul¬
turausschusses ein ausführliches Referat, in welchem er auf
die Wichtigkeit des Kindersegens in der Familie verwies
und die Aufgaben umriß, welche die Stadtgemeinde auf dem
Gebiete des Familienschutzes habe. Dabei betonte er im Na¬

men des Kulturausschusses die gebotene Ehrung und
zeichnung der kinderreichen Familie im Gegensatz zur Fa¬
milienfürsorge.

Die Anträge des Kulturausschusses, die der Gemeindetag
nach längerer Wechselrede mit Mehrheit zum Beschluß er¬
hoben hat, lauten:

I. Auszeichnung kinderreicher Familien

a) Mütterehrung. An einem festzusetzenden Tage ladet der
Bürgermeister namens der Stadtgemeinde eine entspre¬
chende Anzahl Mütter der kinderreichsten und würdig¬
sten Familien ein (Abholung mit dem Auto der Stadt¬
gemeinde, Mittagmahl, Ausflug auf die Seegrube oder
dergleichen).

d) Tauf- und Firmpatenschaft. Der Bürgermeister über¬
nimmt die Ehrenpatenschaft für jedes 6. Kind in der Fa
milie sowie für 10 Firmlinge aus kinderreichen und wür¬
digen Familien, denen er auch späterhin feine besondere
Interessenahme widmet.

Bemerkung: Als kinderreich wird eine Familie mit
mindestens 4 Kindern bezeichnet. Die Würdigkeit er¬
achtet der Gemeindetag für solche Familien gegeben,
deren Eltern in jeder Beziehung einen einwandfreien
Leumund besitzen und keine jener Vorstrafen aufweifen,
die sie von der Bekleidung eines öffentlichen Amtes aus¬
schließen würden (siehe § 12 des Innsbrucker Stadtrech¬
tes). Eine Beschränkung der Ehrung mit einem gewissen
Alter der Kinder sieht der Gemeindetag nicht vor. Er ist
der Ansicht, daß die Hervorhebung solcher Familien durch
die Ehrung eine dauernde sein soll, d. h. solange eben die
Familie zusammen mit den Eltern lebt. Die Aktion ist
gedacht für alle in Innsbruck wohnhaften und zuständi¬
gen kinderreichen Familien.

Auch zum Punkte der Ehrenpatenschaft betont der Ge¬
meindetag besonders den Charakter der Ehrung. Die
Ehrenpatenschaft foll unter keinen Umständen ein fort¬
währender Anspruch auf materielle Hilfeleistungen fein,
sondern soll vielmehr den wirklichen Wefenskern der Pa¬
tenschaft, wie ihn die Kirche denkt, erfüllen. Die Tat¬
fache, daß ein Kind Firmling des Bürgermeisters ist,
wird neben der ehrenden Wirkung für die Familie sicher¬
lich auch eine gewisse pädagogische Bedeutung haben.
Man kann annehmen, daß die Hervorhebung durch die
Ehrenpatenschaft ein Kind in besonderer Weife beein¬
flußt, insbesondere dann, wenn sich der Bürgermeister
um die Erziehungserfolge in der Schule durch Interesse¬
nahme für die Zeugnisse seiner Patenkinder interessiert.

o) Bei öffentlichen Aemtern und Anstalten haben Mütter
von kinderreichen Familien den Vortritt und sind von
Beamten und Angestellten in besonders entgegenkom¬
mender Weise zu bedienen. (Eine ähnliche Anregung
sollte auch an außerstädtische Aemter ergehen.)

<l) Die kinderreichen Familien werden im Adreßbuch in glei¬
cher Weise wie die Ringbesitzer und Ehrenbürger ver¬
öffentlicht. (Es ist Rücksicht zu nehmen in Fällen, in wel¬
chen eine solche Veröffentlichung nicht gewünfcht wird.)

s) Für die kinderreichen Familien wird eine geeignete Legi¬
timation angefertigt und mit der Ausstellung derselben
ungesäumt begonnen'. (Alle Jahre.)

ll. Bevorzugung kinderreicher Familien ohne Kosten
für die Stadtgemeinde

a) Väter von kinderreichen Familien müssen bei Anstellun¬
gen in städtischen Betrieben unter gleichen Voraussetzun¬
gen vorgezogen werden. Das gleiche soll auch, soweit es
die Personalpolitik erlaubt, in städtischen Aemtern durch¬
geführt werden.