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Amtsblatt 1939 Nr. 01 - Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
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. Amtsblatt -

der GauhauMM Innsbruck

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15. Männer

Z.

Die liroler Vi^allerkraftwerke /^. 6.

Rückblick aus

des VeNhveränderungen. Von ^lagittratsdirektor-stellvertretes^Or. tduard Engerer

I.

Im Lande Tirol, in dem reicher Bergsegen nach jahr¬
hundertelanger Blütezeit zu verhältnismäßig geringer
Bedeutung herabgesunken war, muhten die Wirtschafts¬
krise ausyorchen, als die Entwicklung des Elektrizitäts-
wesens Wege nahm, die für das industriearme Land von
Bedeutung werden konnten. Anfangs entstanden in Inns¬
bruck und Umgebung kleinere Llchtwerke, so das der
Kunstmühle Anton Vtauch im Jahre 1887 und das der
Stadt Innsbruck am Mühlauer Bach im Jahre 1888 und
andere mehr, die zunächst fast ausschließlich Veleuchtungs-
zwecken zu dienen hatten. Bald aber schritt die Technik
weiter, größere Werke wurden errichtet, die ihre neue,
seltsame Kraft außer zur Lichterzeugung auch als An¬
triebskraft für Maschinen gewerblicher Betriebe verwen¬
deten. Wir erinnern uns sehr wohl noch der Zeit, als der
Tischler, der Sägewerkbefitzer, der Schlosser und wie die
Gewerbsleute alle heißen mögen, mit Stolz auf ihre Aus¬
hängeschilder schrieben: „Elektrischer Betrieb", heute eine
Selbstverständlichkeit. Die Erfolge des kleinen Mühlauer
Werkes und die allgemeine elektrotechnische Entwicklung
führten die weitblickende Innsbrucker Stadtverwaltung
zum Entschluß, die große Wasserkraft der Sill, die bisher
in einer langen Strecke ihres Laufes wenig ausgenutzt
war, dem neuen Fortschritte dienstbar zu machen. Im
Jahre 1903 wurde das stolze Sillwerk der Stadt Inns¬
bruck mit einer installierten Maschinenleistung von rund
18.000 Pferdekräften in Betrieb genommen. Damit schien
Innsbruck für lange Jahre mit elektrischer Kraft ver-
forgt zu sein. Die öffentliche elektrische Straßenbeleuch¬
tung wurde ausgestaltet, die frühere Gasbeleuchtung ver¬
schwand allmählich, und in alle Haushalte drang die
Kohlenfadenlampe, die später durch die Metallfadenlampe
ersetzt wurde, ein, ebensosehr bemächtigten sich die Ge¬
werbebetriebe der neuen, ihnen dienenden Möglichkeit
zum Antrieb von Arbeitsmaschinen durch elektrische
Kraft.

Unaufhörlich ging in aller Welt die Entwicklung der
Elektrizitätswirtschaft weiter, die Technik trieb sie auf
ungeahnte Höhen. Was Wunder, daß sich schon in den
Jahren vor dem Kriege Stimmen rührten, die verlangten,

daß die im Aufblühen begriffene Stadt Innsbruck sich
weitere Wasserkräfte sichern müßte, um des aus den
Wasserkräften des Landes in Gestalt der Elektrizität neu
emporspriehenden Vergsegens teilhaftig zu werden.

Unsere Stadtverwaltung, mit dem fortschrittlichen Bür¬
germeister Wilhelm Greil an der Spitze, griff die An¬
regung des Majors von Donat in München auf, der sich
für die Verwertung unseres größten Vergsees im Lande,
des Achensees, einfetzte. Wahrhaft ein kühner Gedanke,
den Ablauf des Sees umzuleiten, feinen Abfluß anstatt
nach Bayern in das Inntal zu lenken! Immer wieder
sprach er in Aufsätzen der Fachzeitschriften und in den
Tageszeitungen von diesem Projekt, bis es von dem her¬
vorragenden Bauunternehmer und Ehrenbürger der
Stadt Innsbruck, Ing. Josef Riehl, aufgegriffen wurde,
der schon in den Jahren 1910, 1911 Untersuchungen und
Planungen zur Verwirklichung der Idee Major Donats
durchführen ließ. Die Studien der Stadtverwaltung
waren anfangs des Jahres 1911 schon so weit gediehen,
daß die Stadt Innsbruck die Staatseisenbahnverwaltung
zu Verhandlungen über den Eintritt in eine Interessen¬
gemeinschaft für die Verwirklichung des Achenseevrojek-
tes einlud, da nach der Entwicklung der vergangenen
Jahre das Sillwerk den Bedürfnissen der Stadt nicht
mehr zu genügen schien. War doch die Anzahl der ab¬
genommenen Kilowattstunden von 6.6 Millionen im
Jahre 1905 schon auf 14.5 Millionen im Jahre 1910 an¬
gewachsen. Die Errichtung eines Berg-Isel-Kraftwerkes
an der Sill wurde abgelehnt, da es den Bedarf der Stadt
nur für verhältnismäßig kurze Zeit gedeckt hätte.

Im Juni 1911 nahm Bürgermeister Greil die Verhand¬
lungen mit dem Abte Dr. Wildauer des Venediktinerstif-
tes Fiecht bei Schwaz auf. Zu einem Verkauf der Wasser¬
kraft des Achensees allein konnte sich das Stift nicht ent¬
schließen, es wollte die Frage nur dann erwägen, wenn
auch an den Verkauf feines ganzen am See befindlichen
Besitzes gedacht wurde. Nach weiteren Verhandlungen bot
am 8. Juli 1911 das Benediktinerstift Fiecht dem Ge-
meinderate von Innsbruck den dem Stifte gehörigen
Achensee samt Schiffahrt, Fischerei und Jagdrechten sowie
seinen gesamten Besitz am Achensee, insbesondere das