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Amtsblatt 1939 Nr. 12 - Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
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Amtsblatt Nr.12

Der gewaltigste Aufstieg fand von 1920 bis 1932 statt, in
welcher Zeit die Stadtgasabgabe von 2,4 Millionen auf 6,2
Millionen Kubikmeter gesteigert wurde. Das war die Höchst-
abgäbe. Mit ihr erzielten wir in Innsbruck einen Konsum von
89 Kubikmeter pro Kopf und Jahr, eine Ziffer, die weit
über dem Durchschnitt des Altreiches liegt und die in der
Ostmark — ausgenommen Wien — nichts annähernd Ver-
gleichbares findet. Seit 1932 ist sie — wie alles in der
Systemzeit — zurückgegangen und seit dem Umbruch konn-
ten wir den Rückgang noch nicht aufholen.

Selbstverständlich konnte das Werk, das 1908/09 für
15.000 Kubikmeter pro Tag gebaut wurde, solche Konsum-
steigerungen nicht bewältigen, es gelang aber, aus Betriebs-
Mitteln alte Anlagen aufzukaufen und die Werkanlagen auf
eine Leistungsfähigkeit von 40.000 Kubikmeter pro Tag Zu
bringen, mit Ausnahme der Ofen- und Transportanlagen, für
welche der Ausbau noch aussteht.

Besondere Aufgaben erwuchsen dem Werk auch im Welt-
krieg. 3m ersten Jahr wurde die Gasproduktion in keiner
Weise gehemmt, in der Folge konnte sie auch voll aufrecht-
erhalten werden. Dazu mußte aber Zur Entgasung von Holz,
Sägespänen, Braunkohle, bituminösen Schiefern und anderem
gegriffen werden. Hier konnten wir interessante technische Er-
gebnisse und Grenzen der Wirtschaftlichkeit für diese Aus-
gangsmaterialien festlegen.

Die Adaptierung von Kokereieinrichtungen für Gaswerk-
zwecke, die technischen und wirtschaftlichen Ergebnisse der Ver-
Wendung von Ersatzstoffen, die Methoden unserer Konsum-
lenkung und Werbung, die Finanzierung des Rohrnetz- und
Installationsaufwandes, unsere niedrigen Gaspreise und unser
Verteidigungskampf gegen übermächtige Konkurrenz haben
das Interesse der Fachwelt in einem Maße erweckt, wie es
ein zweites Mal von einem Werk ähnlicher Große kaum geschah.
Eine lange Reihe Verufsgenossen besuchten uns zu Besicht!-
gungs- und Studienzwecken) die weitaus meisten selbstver-
ständlich aus dem Altreich, 15 aus der Schweiz, 15 aus der
Tschechoslowakei, 9 aus England, 8 aus Polen, 8 aus Italien,
7 aus Frankreich, 7 aus Amerika, 7 aus Ungarn, 5 aus

Schweden, 4 aus Japan, 3 aus Jugoslawien, 2 aus Däne-
mark, 1 aus Finnland, 1 aus Holland, 1 aus Australien.

Solche Besuche lösten vielfach umfangreiche Vor- und
Nachkorrespondenzen aus, hatten auch mehrfach weittragende
Ergebnisse. So haben zum Beispiel die größten Städte
Japans nicht nur unsere Ofen mit den hier entwickelten Ab- .
änderungen gebaut, fondern auch viele unserer Einrichtungen
bis in die Einzelheiten übernommen. In gewissem Sinne war
unser Gaswerk also ein Anziehungspunkt für Fremde, wenn
auch nur für Fachgenossen.

Das Gaswerk gab der Stadt, und besonders ihren jungen
Sportsleuten, auch ein Hallenbad, welches, in die Wärmewirt-
schaft des Werkes eingebunden ist und das sich sehen lassen '
kann.

Unsere Wechselbeziehungen zum elektrischen Strom, die
1885 sicher nur angenehm waren, waren dies späterhin wem-
ger mehr. Die Stadtgemeinde, die große Kapitalien in hydro-
elektrischen Anlagen investiert hatte und Zu einer bedeutenden
Stromabnahme von der Tiwag verpflichtet war, wollte nur
ungern notwendige Investitionen beim Gaswerk machen? zu-
letzt waren sie sogar grundsätzlich verboten. Die Ofen- und
Transportanlagen haben daher ein Vielfaches der normalen
Vetriebszeit hinter sich. Die zielbewußte Energiewirtschafts-
Politik des Dritten Reiches, die nunmehr eine wesentliche Er-
höhung des Gasabsatzes mit sich bringen wird, und die weit-
gehenden zusätzlichen Vesiedelungspläne, die die Stadt heute
in Angriff nimmt, fordern eine Erneuerung der letztgenannten
Anlagen bei einer Kapazität, wie sie dem übrigen Werkaus-
bau entspricht.

In diesem Zustand also begeht das Werk seinen achtzigsten
Geburtstag. Es blickt auf unermüdliche Arbeit und harte
Kämpfe, aber mit innerer Befriedigung und Genugtuung zu-
rück. Wenn auch die Narben allenthalben erkennbar sind, so
ist es doch gesund und frifch einsatzfähig und weit entfernt
von allem Greisenhaften.

Unter der Hakenkreuzflagge und unter einer neuen Verwal-
tung wird es mit alter Schaffenslust seinen Weg fortsetzen)
wenn dieser auch kaum bequem, vielleicht sogar recht steinig
sein wird, er soll und wird aufwärts führen.

Der Volkspreisträger l)r. ^oles 6eorg Oberkotter

Der „Volkspreis der deutschen Gemeinden und Gemeinde-
verbände für deutsche Dichtung" wurde am 3. Dezember 1939
dem heimischen Dichter Dr. Josef Georg Oberkofler für
seinen neuesten Roman „Der Bannwald" Zuerkannt. Der
Oberbürgermeister der Gauhauptstadt Tirols ließ diesem Werke
allsogleich eine weitere Auszeichnung durch den Ankauf von
100 Exemplaren für Innsbrucker Frontsoldaten Zuteil werden.
In den folgenden Zeilen foll nun nicht der Dichter und Preis-
träger literarwissenschaftlich behandelt, fondern der Menfch
Oberkofler, der feit 15 Jahren in Innsbruck lebt und schafft,
seinen Mitbürgern nähergebracht und bekanntgemacht werden.

Der Heuer fünfzigjährige Dichter Dr. I. G. Oberkofler —
dessen Name auf der vorletzten Silbe Zu betonen ist — stammt
vom Hof in der Gruben im Ahrntal, wo derzeit auch noch
Zwei Familien namens „Hitler" leben. Vor etwa 300 Jahren
waren des Dichters Vorfahren von dem zwei Gehstunden ent-
fernten Hof Ober-Kofl dahin übersiedelt. Sie alle waren
Bauern und die ganze Sippe läßt sich im engen Gebiete von
zwei „Pimberchen" — es 1st dies ein vereinzelt vorkommen-
dcr Ausdruck für ein Gemeindegebiet, wie Oblai oder Kirch-
spiel, der sich vom Worte March ^ Grenze ableitet — soweit
zurückverfolgen, als die Kirchenbücher überhaupt reichen
(1580). Ein Gallus Oberkofler hatte eine Duregger zur Frau,

eine Nachfahrin jenes Vauernrebellen Vartlme Duregger, der
die Stadt Vruneck mit der Einäscherung bedrohte und, mit
einem Dutzend Wildschützen sowie dem Antholzer Nebellen-
führer Peter Paßler verbündet, die Gegend unsicher machte.
Am heimatlichen Gföllberg lernte der Dichter auch den Ve-
griff „Bannwald" kennen, den Grundstein Zu seinem preis-
gekrönten Werke.

Unter einem „Bannwald" verstand und versteht man einen
Gemeindewald, der einen unantastbaren Besitz einer ganzen
Gemeinde bildet, in dem niemand Holz fällen oder durch Aus-
brennen Ackerboden gewinnen durfte und der nur durch einen
Beschluß der gesamten Gemeinde veräußert werden konnte.
Für die besondere Sorgfalt, die den Bannwäldern allent-
halben in Tirol Zugewendet wurde, waren verschiedene Gründe
maßgebend, wie Zum Beispiel der Schutz gefährdeter Felder
oder die Aufbewahrung eines Vorrates von Bauholz, wie es
ein Weistum aus Passeier mit dem Satz aussprach: „Darum
ob Gottes Gewalt auskam, daß man möcht Zimmerholz
finden."

Die erste große Veränderung erlebte I. G. Oberkofler, als
er mit zwölf Jahren an das Brikner Gymnasium zog. Dem
Vauernbübl aus dem abgelegenen Vergtal tat sich eine neue,
weite Welt auf. Und um diese Zeit machte Oberkofler bereits