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Amtsblatt 1947 Nr. 05 - Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

Nummcr 5

Durch diese Überbevölkerung der ^tadt sind fast alle
Möglichkeiten einer Znquartieruug genommen und
mit wenigen Ausnahmen haben die Nöhnnugsinhaber
durch Abgabe von Zimmern an Familien und einzelne
Untermieter, größtenteils freiwillig, teilweise auf
Grund amtlicher Einwcisuugeu zur Minderung der
Wohnungsnot beitragen. Ein Teil der Bürger unserer
Stadt scheint jedoch auch heute noch dem nach der Er¬
nährung brennendsten Problem, der Wohnungsfrage,
vollkommen fern zu stehen und jede Ausnutzung des
unterbelegte.! Wohnraumes ourch Schein-Mietver-
hältnissc und andere Ausflüchte zu sabotieren.

Das Wohnungsamt steht heute bei zirka 3000 ernst
zu nehmenden Wohnungsansuchen, wovon zirka 1000
als vordringlich zu bezeichnen sind, einer Situation
gegenüber, die mit dem fallweise zur Verfügung stehen¬
den Wohnraum nicht gedeckt werden kann.

Die Erfahrung-hat gezeigt, daß in einer Woche durch¬
schnittlich nicht mehr als drei Wohnuugeu zur Ver¬
gebung gelangen, wobei oft vorher wahre Kunststücke
von Nmquartierungsmasinahmen zur praktischen Frei¬
machung dieser Wohnung notwendig sind. Es ist eine
unangenehme, aber nüchterne Erkenntnis, daß mit dem
NAG. allein, sowie mit der Ämtern eigenen Schwer¬
fälligkeit und papierenen Akten das Wohnungsproblem
nicht zu meistern ist.

Das Ausmaß des Notstandes, das in nachstehenden
Zahlen einigermaßen aufgezeigt werden soll und erst
bei täglicher uumittelbarer mündlicher Besprechung
mit den Wohnungssuchenden in seinem vollen Umfang
zum Ausdruck kommt, zwingt in außerordeutlichcn Zei¬
ten zu außerordentlichen Maßnahmen.

Von den vordringlichen, zur derzeitige« Vearbeituug
aufgelegteu Gesucbeu sind elf Fälle von schwerst poli¬
tisch geschädigten Amtsbcscheinigungsträgern, die zwei
Jahre nach Zusammenbruch des NS.-Negimes noch auf
ciue Wohnung warten. 40 Kricgsiuvalideu der Ver¬
sehrtenstufe II, 43 der Versehrtenstufe III und 16 der

Versehrtenstufe IV erwarten noch eine Vösunq ilnes
derzeitigen Wohnungsproblems.

15 offene und 62 geschlossene Tuberkulosen-Fälle
scheinen in den vordringlichsten Ansuckcu auf. In 113
Fällen sind mehr wie sechs Personen in einem Raum
zusammengepfercht, iu 50 Fällen sind fünf und in 172
Fällen vier Personen zur Zeit auf dao Wohnen in
einem Zimmer angcwiefen.

Mit wenigen Ausnahmen sind alle alo dring!ick
vorgemerkten Wohnungswerber total boinbenbeschä-
dlgt.

Man wird nicht umhiu können, dieses in wenigen
Zahlen geschilderte Elend mit baulichen Maßnahmen
zu beheben und ein zusätzliches Notwobnbanprogramm
von 400 Wohnuugen neben der Beibehaltung der nor¬
malen Wiederaufbautätigkeit, die leider durch die Bau¬
stofflage wesentlich gehemmt ist, würde bereits
eine fühlbare Verbesserung der derzeitigen Verhältnisse
herbeiführen.

Die Perfoncnzahl der Gesnchstcller teilt sich prozen¬
tual wie folgt auf:

17 Prozent 2 Personen

35 „ — 3

27 l

<1 5

1 — mehr als 7 Personen

Daraus ist erkennbar, daß der Schwerpunkt sür ein
Notwohnbauprogramm auf die Kleiuwohnnng mit
einem bis zweieinhalb Zimmer zu lege» wäre.

Mag die Vaustofflage des Jahres 1947 auch nicht
ermutigend für ein solches Projekt sein, so wird es doch
Aufgabe der Gemeinde bleiben, diefes Projekt mit dem
Ernst der Stunde zu verfolgen und mit Unterstützung
des Landes, gegebenenfalls auch des Bnndes mit posi¬
tiver Aufbauarbeit jenes Problem zn meistern, das mit
zu den ernstesten Problemen unserer Landeshauptstadt
zählt.

Aus der Bemfsstatistik von Innsbruck

Von Friedrich Royko

Das Landesarbeitsamt Tirol hat mit Ende Inll
1946 eine Beschäftigungscrhcbung durchgeführt. Die
Ergebnisse sind höchst aufschlußreich, denn man ge¬
winnt znm ersten Mal seit der Volkszählung von 1939
einen ziemlich genauen Überblick über die Erwerbsvcr-
hältnissc der Innsbrucker Bevölkerung.

Festzuhalten ist zunächst, daß siÄ die Erhebung nnr
auf die über 14 Jähre alte Bevölkerung erstreckt. Die
hiebet erarbeiteten Zahlen können naturgemäß nicht
auf den Puukt zutreffen, da das Ergebnis der Erhebun¬
gen bei den täglich und stündlich erfolgenden Verände¬
rungen im Vevölkcrungsstand bereits am nächsten Tag
überholt war. Da sich aber hinsichtlich der Verdienst-
Möglichkeiten im Großen ^ von jahreszeitlich beding¬

ten oder von Konjunkturschwankungen abgesehen
seither nicht viel geändert nnd die Bevölkerung seit
Ende Juli 1946 um etwa 5 Prozent zugcuommen hat,
können die vom Landeoarbcitoamt herausgegebenen
Zahlen, mit einer kleinen Korrektur nach oben, auch
heute noch als zutreffend angesehen werden. Eine neue
Vernfszählnng, die begreiflicherweise nicht in Bälde
erfolgen kann oder die in Allssicht stehende allgemeine
Volkszählnna, würde dann erweisen, inwieweit sich die
Erwerboverhältnisse mittlerweile geändert haben.

So sehr es von Interesse wäre, auch die für das
Laud erhobenen Zahlen anzuführen, würde dies doch
den Rahmen dieser Arbeit uud deu Aufgabeukreis des
Städtifcheu Statistische» Amtes überschreiten. Vc-