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Amtsblatt 1949 Nr. 02 - Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
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Seite 2

Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

Nummer 2

nach den innerstaatlichen Vorschriften des fremden
Staates gewährleistet ist.

Der Begriff „Organe" ist von besonderer Beden
tnng, da er gegenüber der bisherigen Rechtslage dnrch
dieses Gesetz eine wesentliche Erweiterung erfahren
hat: Es sind dies nämlich alle physischen Personen,
wenn sie in Vollziehung der Gesetze (Gerichtsbarkeit
oder Verwaltung) handeln, gleichviel ob sie dauernd
oder vorübergehend oder für den einzelnen Fall be
stellt, ob sie gewählt, ernannt oder sonstwie be¬
stellte Organe sind, pragmatisicrte Beamte oder Vcr-
tragsangcstcllte.

In der Frage der Haftung mnß nnn folgendes
anscinandergchaltcn werden:

Dem Geschädigten haftet ausschließlich der Rechte
träger sür jede schnldhafte Rechtsverletzung, somit
nicht nnr, wenn diese mit bösem Vorsatz oder grober
Fahrlässigkeit herbeigeführt worden ist, sondern anch
sür jedes fahrlässige Verhalten. Das schuldtragende
Organ haftet dein Geschädigten nicht. Es haftet wohl
wie im folgenden ausgeführt wird — den: Rechts¬
träger sür den Schaden, den es dem Rechtsträger nn-
mittclbar zugefügt hat.

Die Geltendmachnng des Ersatzanspruches ist dem
Geschädigten insofcrne erleichtert, daß er das Organ
oder die Organe der Rechtsträger nicht festzustellen
braucht, welche ihm den Schaden zugefügt haben, es
genügt für ihn der Beweis, daß der Schaden nnr durch
eine Rechtsverletzung dnrch ein solches Organ über
Haupt entstanden sein konnte. Die Ermittlung des
Täters spielt später eine Rolle, wenn der Ncchtsträ
ger sich mit seinein Neareßanipruch an ihn hält.

Verwaltung nnd Instiz würden wahrscheinlich,
wcun keine Einschränkung vorgesehen wäre, einer
Flnt von Ersatzansprüchen von angeblich Geschädig¬
ten gegenüberstehen, zumal der Ersatzpflichtige nicht
eine physische, allenfalls finanziell schwache Person
ist, die vielleicht Gefühle des Mitleides erweckt, viel-
mehr sein Geld in der Hanfttsache ans Stcnergcldcrn
zusammengesetzt ist, was einen besonderen Anreiz
bilden könnte. Abgesehen davon wird eine Insolvenz
der haftplichtigcn Rechtsträger nicht erwartet. Daß
der Rechtsträger sich an dem Organ später durch Ne-
grcßansprüche schadlos halten kann, berührt den Ge¬
schädigten nicht mehr persönlich.

Solche nnd ähnliche Erwägnngen, die anch auf das
Gebiet der Vereinfachung der Verwaltung hinüber¬
spielen, haben zweifellos den Gesetzgeber zn der wich¬
tigen Einschränkung bewogcn, daß ein Ersatzanspruch
nicht besteht, wenn der Geschädigte den Schaden
dnrch Rechtsmittel oder dnrch Beschwerde an den Ver-
waltnngsgerichtshof hätte abwenden können. F ü r
die Verwaltungsbehörden folgt d a
ci ns, von der Möglichkeit, die aufschie¬
bende Wirkung bei Bernfnngen abzn-
crkcnnen, mit der größten Vorsicht G e -
br an ck zu machen.

Die böswillige oder grobfahrlässigc Aberkennung
der aufschiebenden Wirkung bei Berufungen kann un
ter Umständen Ersatzansprüche heraufbeschwören, die,
wie oben erwähnt, ans volle Schadensgntmachnng,
die anch den entgangenen Gewinn beinhaltet, hin
zielen wird nnd für welche das betreffende schnldhafte
Organ haftet.

Selbst wenn der Iustanzenzug erschöpft oder der
Geschädigte es vcrsncht hätte, die Schädigung dnrch
eine Beschwerde an den Vcrwaltnngsgerichlshof abm-
wehreu, kann der Schaden nnr dann abgewendet wer¬
den, wenn die aufschiebeudc Wirkung dem Rechlsmil
lel nicht aberkannt worden ist nnd dnrch die Voll
strecknng des angefochtenen Bescheides nicht schon ein
Sachverhalt vorliegt, der sich nicht mehr aus der Well
schaffen läßt.

Znm Unterschied von der Haftung der Rechtsträger
für jede schuld ha st zugefügte Rechtsverletzung
haften die Organe dem Rechtsträger nnr für vorsätz¬
liche oder grobfahrlässige Verursachung von Rechts¬
verletzungen, falls der Rechtsträger vom Organ Rück-
crsatz des Schadens begehrt.

Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammen¬
hang die weitere Bestimmung, daß bei Entscheidun¬
gen nnd Verfügungen, welche von einem Kolle-
gi a lorg a n, also einer Mehrheit von Organen be¬
schlossen wnrdcn, nnr diejenigen Stimmführcr haf
ten, die für diese Entscheidung Pro gestimmt haben'
dies allerdings unter der Voraussetzung, daß der Be¬
richterstatter den Sachverhalt vollständig nnd richtig
dargestellt hat; andernfalls werden sie haftpflichtig,
wenn ihnen hicbci grobe fahrlässige Vernachlässigung
ihrer pflichtgemäßen Sorgfalt nachgewiesen wird.

Die Protokollführer werden daher in Hinkunft dein
Abstimmungsergebnis ein erhöhtes Augenmerk zu¬
wenden nnd stets festhalten müssen, wer pro nnd wer
contra gestimmt hat, da die Sitzungsprotokolle einen
wichtigen Beweis bei späteren Prozessen bilden kön¬
nen. Vorsichtige Kollegialorgane werden die Feststel¬
lung ihrer Meinung znm Gegenstand im Protokoll
ansdrücklich niederlegen lassen.

Die Frage, ob von Organen anch dann für eine
Handlnng ein Nückersatz begehrt werden kann, die auf
Weisung (Auftrag, Befehl) eines Vorgesetzten ge¬
tätigt wnrde, verneint das Gesetz. Die Verantwortung
geht somit ans denjenigen über, der den Anftrag gab.
Erfolgt der Anftrag jedoch von einem unzuständigen
Vorgesetzten oder verstößt der Anftrag strafgesetzlichen
Vorschriften, bleibt das ansführcnde Organ selbst
haftbar.

Die verantwortungsbewußten Beamten werden
ihre Entscheidungen nach wie vor, sofcrne sie dazn
befugt sind, selbständig treffen und ihre Vcrantwor-
tungsfrcudigkcit weiter behalten und nicht bei jedem
kritischen Fall ihre Vorgesetzten nm Weisungen er-
snchen nnd ans diese Weise ihre Verantwortung abzu¬
wälzen trachten.

Man kann anch der Meinung sein, daß gerade dnrch
dieses ausdrücklich im Gesetz ausgesprochene Prinzip
das Pflichtbcwnßtsein nnd der Ehrgeiz, verantwor¬
tungsvoll zn bandeln gesteigert wird. Es wird
eine dankenswerte Aufgabe aller Leiter der Behörden
sein, sowohl in der Praxis diesbezüglich beispielgebend
nnd erzieherisch vorzugehen, als anch in wirklich
schwerwiegenden Fällen ihre Kenntnisse nnd Erfah¬
rungen den jüngeren Beamten znr Verfügung zn stel¬
len nnd mit Rat beizustehen.

^ür die V e r j ä h r n n g s f r i st e n der Ersatzan¬
sprüche ist eine Sonderregelung vorgesehen:

<i) Die Ersatzansprüche gegen die Rechtsträger ver¬
jähren in 3 Jahren nach Ablanf des Tages, an wcl-