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Amtsblatt 1950 Nr. 08 - Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
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August

Z. Jahrgang

Gotik in Tirol

Zur Kuustausstelluug ini H)iuscnni ^erdiliandenm
Voil Dr. Lnise Fick

(illde Inni wnrde ili Inlisbrllck das aus Bomben
trüinmerii nioderner und größer erstandene Mnseum
^erdinandenlli niit einer Ausstellung »mittelalterlicher
Äialerei lind Plastik Gotik in Tirol" eröffnet, die in
ihrer Reichhaltigkeit nnd t>>, istgeschichtlichen Bedeut¬
samkeit ein wirklich eiiimaliges Ereignis darstellt.
Diese Tatsache wnrde bereits bei der Eröffnnngsfeier
dnrch die Teilnahme zahlreicher illnstrer Persönlich
keilen unterstrichen. Daß es in dieser Zeit der Zer
spaltuug unserer Welt dnrch Grenzen nnd Doktrinen
wirklich gelang die papierenen Wälle bürokratischer
Bestimmnngcn, die Zoll nnd Verstcherungsproblelne,
die finanziellen Engpässe nnd die vielerlei anderen
politischen nnd persönlichen Hemmnisse zn nberwin
den nnd tatsächlich nahezn alle wichtigen Stücke des
damaligen Tiroler Kunstschaffens, die hente über ganz
Mitteleuropa verstreut sind,wenigstens fürwenigcM
nate wieder in ihrer Heimat zusammenzubringen nnd
in ihrem ursprünglichen ^nsammenhang zu zeigen,
grenz! fast an ein Wnnder. Diese Ausstellung wnrde
Wirklichkeit, weil alle Museeu, loie alle kirchlichen nnd
privateli Sammlungen des ^n n,id Auslandes die
erbetenen >tnnstwerke bereitwilligst mr Verfügung
stellten nnd die staatlichen Stellen das Unternehmen
großzügig förderten, beispielhaft war das Znsam
menhelfen in Deutschland, wo Dr. Th. Müller, der
Direktor des bayrischen Nationalmnseums in Mim
chen, die Leihgaben aller deutschen Mnseen in Mim
cheu sammelte, von wo die kostbare Fracht von Poli
zeianlos, die den gesamten Straßenverkehr stoppten,
begleitet, im Plombierten Möbelwagen über die (^ren
ze gebracht nnd don den österreichische!! ^icherheits
behördeu iibevgeben lonlde.

^chon al>-' dei Gustos des Innsbrncker ^>(use>!m>,',
Prof. Dr. Vin;en^ ^7 b e r I> a ni ni e v l'c, dei ^ev
ner,^'ilnstausslellnng !!>!'.! min erstenmal im tleincn
.^treis der ^all»len le seiiien glänzenden i^edanle,, a!,s
sprach, die spanne zwischen der Wiederherstellung des
Äinseilmgebäudes nnd der ^enanfstellnng der ver

lagert gewesenen ständigen Sammlnngen zii einer
großen repräsentativen Ausstellung mittelalterlicher
Tiroler Kunst zii nntzen, waren alle begeistert. Nie
wieder würden dafür so viele moderne, helle Ansstel'
llingsränme zii Verfügnng stcheli, nie wieder würde
das Kilnstglit so beweglich seilt wie ili diesen Jahren
der Rückführung aus den Bergungsorten. Und endlich
würde durch die vielen Tanseude von fremden, die iii
dieseili Solnnier — zum erstenmal seit über zehn Iah-
reu — wieder Innsbrnck nnd diese Schau besuchen,
die große Bedeutung der gotischen Knnst Tirols anch
einer breiteren Öffentlichkeit deutlich sichtbar werden.
Selbst in der Fachwelt hat man ja — gehemmt
dnrch die traditionell italianisierende bzw. binnen
dentschtümelnde Blickrichtnng — erst iii den letzten
Jahrzehnten zii erkennen begonnen, daß Tirol in der
spätgotischen Kunst nicht nnr eine bedeutende, fonderli
sogar eine führende Rolle für die deutsche Kunstcnt-
wicklnng gespielt hat. Das Kuustwollen der damaligen
Zeit zielte ja ans dasselbe klare Erfassen nnd reale,
plastische Wiedergeben der menschlichen Charaktere,
ihrer Umwelt nnd ihrer Handlnngen, das seit je
kenu'.eichuend für die tirolifche Ttammesbegabnng ist.
So vermochten gerade die Tiroler Künstler ihm blei
benden, gültigen Ausdruck zii gebeu. Dreierlei macht
die Bedeutung nnd das Besondere, Einmalige dieser
Ausstellung ans!

l, l^5 ist keine Mousterschau, die den Betrachter mit
emer Übersülle von Kunstwerken erdrückt nnd um
berühmten Namen ',n imponieren sucht, sondern
die beispielhafte Knnsteulwicklnng eines kleinen
dentschen Stammes wird mit wissenschaftlicher
^Vstemalil in allen entscheidenden Schritten duvcb
drei ^alirlmndei'le verfolg!,

'.', Dank der überrafchend großen Bereitwilligkeit
privater Sammler und besonders kirchlicher Äel
len laün eine große Zahl von Künstwerken ge;eig!
werden, die sonst der Öffentlichkeit uur schwer oder
gar nicht zngänglich sind. So gibt es einige Über