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Amtsblatt
der Landeshauptstadt
Innsbruck
Nummer 7
Schriften", 03/64) berichtet, waren
viele
.Kostbarkeiten
der Amraser Sammlung in aller Eile nach Steier¬
mark in Sicherheit gebracht worden. Die Bayern
unterließen es aber nicht, noch eine gründliche Nachlese
zu halten und den „Überling", wie der Chronist sagt,
wegznlicfern. Bei seinem Einzüge in die Stadt habe
der Kurfürst dein Reiterstandbild Erzh. Leopolds
scherzend gngcrnfen: „Leopold, du mußt in Bayern
reiten!", und wirklich wurden, wie ein Haller Chronist
berichtet, am 12. Inli nachmittags „die aus Erz gc-
gossencn Bildnnsseu, so bei den Brunnen zu Innsbruck
in dein Hofgartcn gestanden", eingeschifft, mn sie nach
„Wasserburg abzuführen, worunter auch die Vildnns
Zu Pferd iir Lebensgröße. Man besorgt, es dürfte
denen in der Hofkirchc und den:
gulden
Dächl ein
Gleiches widerfahren". Der Rücktransport
branchie
dann freilich gute Weile. Nach genauer Bekanntgabe
aller erlittenen Verluste an Kaiser Leopold
I.
wurde
Hausmeister für ein
Erholungsheim
im
Stubai
ab
Anfang September
1953
gesucht.
Schriftliche Anfragen
an
Fran
Sch.-N.
Marianne
Maurizio,
Innsbruck,
wrillparzerstraße 5/II.
die Rückgabe der Stücke in München betrieben, die
aber erst anfangs März 1705 wieder in Innsbruck
eintrafen. Der bekannte Geschichtsforscher Anton
Roschmann, damals ein Knabe, wußte sich zu erin¬
nern, wie die hei int ehr enden Statuen, mit Blumen
nnd Kränzen geschmückt, faft in einen: Trinmphznge
von der Hallcr Schifsslände wieder in den Hofgarten
überführt wurden.
Die schwersten Tage für Innsbruck nnd besonders
die Umgebung zwischen Zivl und Hall waren zweifel¬
los jene letzten, da die bereits angeschlagenen Trup«
penabteilungen sich im Rückzüge befanden und an der
wehrlosen Bevölkcrnng die Wut über ihre militärischen
Mißerfolge ausließen. Einige weitere Sätze ans der
eingangs angeführten Chronik sollen noch von jenem
schrecklichen 23. Juli berichten, da die Dörfer
Ziri,
Völs, Keniaten usw. niedergebrannt und die in den
Höfen zurückgebliebenen alten und kranken Bewohner
gransam hingemordct wnrdcn: „Den 23. setzte sich der
Knrfürft in aller Frühe mit seiner Potenz (^ Kriegs¬
macht) den Bauersleuten außerhalb Iusprugg unweit
der sogen. Martinswand dies — wie auch jenseits des
Innftroms bei dem Dorf Völs entgegen, suchte diese
zu trennen nnd vorderst darauf sich wiederum Schar-
nitz, als wodurch ihm die Koinmnnikation und Korre¬
spondenz in Bayern gesperrt worden, zu beinächtigen.
Es geschah aber dein Feind nit allein bei berührter
Martinswand mit Steinwersen und Schießen au
Fußvolk nnd Reiterei großer Abbruch und Schaden,
sondern die Bauern verhinderten auch, daß der Feind
nicht für
Ziri
hinauf Vordringen, und in die Scharnitz
kommen -konnte, an welch dieser ihm zngestoßenen
widrigen Begebnnü nnd getanen ^ehlstreichen der
Kurfürst in eine solche Perplex.ität und Erbitterung
gesetzt worden, daß er im Rückmarsch gedachten schönen
Marktflecken Zirl, wie auch die Dörfer Meinet, Völs,
Kran^beten, Untcrverfucß, Afling nnd einige Höf dort
herum aus Rachgierde gänzlich ausplündern und
darauf Alles in Brand stecken lassen. Zu Vergrößerung
des Übels erhob sich ein Wind, daß inwendig (^ inner¬
halb) vier Stunden über 4000 Hänser samt deu Kir¬
chen in die Aschen gelegt nnd nichts gerettet (wnrdc)...
Diejenigen, welche Schwäche nnd Krankheit, Alter
nnd Schrecken halber die Kräfte nicht hatten, sich in
das Gebirg nud andere Orte zu verkriechen, sondern
sich in den Dörfern betreten ließen, (sind) jämmerlich
hingerichtet worden
..."
Während die Zahl der niedergebrannten Gehöfte,
die der Chronist mit „4000" beziffert, zweifellos viel
zu hoch angesetzt ist, lassen sich andererseits unter den
zwei Worten „jämmerlich hingerichtet" nicht alle jene
mmienfchlichcn Grausamkeiten vermuten, die A. Jä¬
ger im einzelnen
ill
folgendem Satz zusammengefaßt
aufzeigt.- „Vielen Einwohnern und gefangenen Schüt¬
zen stachen sie die Äugen aus, hackten andcrn Hände
nnd Füße ab, warfen Kranke ins Feuer, schlitzten
schwangern Weibern den Bauch auf, schnitten einigen
Riemen aus lebendigem Fleische, zogen andern Stricke
dnrch die durchlöcherten Wangen und hängten meh¬
rere auf diese Weise zusammen."
Nach den bisherigen Ausführungen ist es mehr als
selbstverständlich, daß ein jubelndes Aufatmen durch
das ganze Land ging, als der Knrfürft am 2li. Juli
über Seefcld abzog. Allerdings wurde der Frendcn-
taumcl nochmals in lähmenden Schrecken verwandelt,
als die Nachricht auftauchte, daß sich der Kurfürst
entschlossen habe, ncncrdings kehrtzumachen und
in das Inntal hinabznmarschieren. Die Landesver¬
teidigung hatte nämlich verabsäumt, dem abziehenden!
Feind in einem kräftigen Nachstoß zu folgen. Glück¬
licherweise blieb Innsbruck eine neuerliche Besetzung
aber doch erspart, nnd drei Wochen später zog sich der
Kurfürst endgültig nach Bayern zurück.
Die Geschicke der Stadt Innsbruck leitete im Jahre
1703 Johann Linsing als Bürgermeister, dein fol¬
gende Näte znr Seite standen: Kaspar Vonett, Ioh.
Delama, Ich. Fritz (Spitalsobcrpftcger), Jakob de
Antoni
Gncß (auch Antonigneß), Karl nnd Anton
Knprian, Ponleti, Ioh. Tausch, Jos. Anton Widen<-
hnebcr, Ioh. Panl Wolf nnd Ioh. Zeller. Die Nats-
protokolle brechen im Juni, Wohl im Zusammenhang
mit dem aufziehenden Unheil, ab nnd beginnen erst
mit den: 11. September wieder. Und gleich
ill
diesem
^NatsProtokoll findet sich noch ein Nachklang an den
'erlittenen Schaden, da der Spitals>oberPfleger bezüg¬
lich der Futter- uud Getreide'versorguug des Spital'-
betriebes erklärte, „daß alles Heu von Bayrischen
fouragiert wordeu" sei, aber das Grummet reichen
dürfte, zwanzig Kühe über den Winter zu bringen.
Das Getreide konnte gntenteils eingebracht werden;
für zwei Pferde nnd vier Ochsen mußte Hcn angekauft
werden.
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