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Amtsblatt 1959 Nr. 12 - Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
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beim Rathaus-Portier

^ ch r i s t I e i t u n cz : Rathaus
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Nummer 12

Dezember 1959

22. Jahrgang

Die Neueröffnung der Innsbrucks Kammerspiele

Am l. Dezenlber d. I. wurden die im Untergeschoß
deü neuen Stadtsaalgebäudes untergebrachten „Inns-
brucker Knmnlerspiele" ini Nahmen einer geschlossenen
Festa »ssührnng eröffnet. Die Übergabe der neugeschaf¬
fenen Vühne an den Theaterauoschuß von Stadt und
Land nahm Vürgermeister Dr. Alois Lugger unter
folgender Ansprache vor.'

„Das Theater zählt zu jenen großen Besitztümern
der Menschheit, die, allen offenbar, dem Einzelnen
ein (Geheimnis bleiben. Es gibt begeisterte Fanatiker
und gibt offene Gegner, es gibt Eiferer und Laue, es
gibt die große Masse jener, die nur eine gelegentliche,
immerhin aber wiederkehrende Begegnung bindet, und
die ganz geringe Anzahl jener, denen diese Begegnung
lebenslang fehlt."

Mil diesen Worten leitet Iosef Gregor seine Welt¬
geschichte des Theaters ein.

Bevor ich über die Geschichte unseres Theaters
spreche und einige grundsätzliche Gedanken erwähne,
möchte ich es als eine angenehme Pflicht auffassen,
allen jenen zu danken, die zum Werden dieses neuen
Hauses beigetragen haben. Es war ein gutes Zusam¬
menarbeiten und alle aufgetretenen Schwierigkeiten
tonnten überwunden werden.

Ich danke den Referenten für das Bauwesen, Herrn
Bizebüi germeister F l ö ck ing er uud Herrn Gemein¬
den l Kummer sowie allen Mitarbeitern im Vau-
ainl, wobei ich den städtischen Bauleiter, Herrn Inge¬
nieur H aid e r e r. der unmittelbar an der Baustelle
wirkte, besonders hervorheben möchte. Große Ver¬
dienste hat sich Herr Architekt Baumann mit der
Planung und Gestallung des Hauses erworben. Alle
am Ball beteiligten Firmen mit ihren Arbeitern und
Angestellten gaben ihr Bestes, um mil dieser schwierig
gen Bamnaterie fertig zu werden.

Das Theater in Innsbruck hat eine weil zuriulrei
chendc Geschichte.

Aus dem Jahre l.'iii^l hören wir, als Erzherzog Fer^
dinand II. von Tirol eine Comedie" gewidmet wurde.
,,die Tiroler hätten von allers her sonderlich Lieb und
Eignung besessen, deutsche Komödien und andere
Spiele in Neimen zu verfassen und darin zu agieren",
Zutiefst im Tiroler Bolt liegt diese Triebkraft, dio sill)
in ihrer ilrwmhsigteil zum Gestalten und Colinen von

Menschen drängt. Die natürliche Gabe des Schauspie¬
lerischen eiufachster Prägung bis zu ihrer klassischen
Form, wie sie von unserer Exl-Vühne z. V. meisterhaft
vorgeführt wurde, entwickelte sich zum Tiroler Volks-
schnuspiel schon frühzeitig in vielfältiger Gestalt.

Die geistige Welt, die gemeinsamen Vorstellungen
und Werte, die ein Volt zutiefst einigen, sind der Ge¬
genstand von Gebräuchen, Traditionen, kurz des Volks-
lunlö. In ihnen erlebt sich das Bolt als Gemeinschaft,
gibt zugleich diesem Erlebnis institutionell Formen
und somit seiner geistigen Welt Festigkeit. Ein unge¬
heures Maß von ursprünglicher und lebendiger Ge¬
staltungskraft geht dadurch verloren, daß mit dem Ab¬
sterben des Bolkstums die Menschen zur rein passiven
Aufnahme von Kunstwerten erzogen werden. Leider
ist die heutige Knnst durch Abtrennung von ihrer
Wurzel weitgehend intellektualistisch. vollsfremd und
modisch geworden.

Innsbruck ist seit eh und je Stätte der Voltskunst.
Ich erinnere an die Voltsschauspiele oder Vauern-
bühuen; an die geistlichen Spiele oder Nitterdarstel-
lungen in St. Nikolaus, in Hötting, im Nößl i. d. Au,
in Vüchsenhausen, in der Kohlstatt, in Pradl, in
Ambras, in Wilten oder an die noch vielen unmittel¬
bar bekannten Aufführungen in der Alpenrose, in der
Ausstellungshalle oder im Löwenhaus, um nur einige
aufzuzähleil.

Als der Hof von Meran nach Innsbruck verlegt
wurde, begann in der Entwicklung des Theaters eine
Glanzzeil für unsere Stadt.

Wir finden lateinische Schaustücke lind Schnldramen
der Jesuiten, biblische Dramen und Schullomödien
in deutscher Sprache, aber auch italienische Possen lind
sogar englische Komödianten kamen zn Wort.

Man spürte, daß Innsbruck an der großen geogra¬
phische!« Linie des Theaters lag. die wohl nicht zufällig
eine Süd Nord-Straße ist und von Florenz und der
reiche!» oberilalienischen Tiefebene über den Brenner
nach Deutfchland führt. An dieser Linie, auf der sich ja
auch sonst Bewegnngen des Handels und der Künste
abspielten. liegen mehrere Zentren, die für die Ge-
e des Theaters hochbedeulend sind. So eben auch