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Amtsblatt 1960 Nr. 09 - Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

Ztunnncr l)

lauften immer wieder Tschurtschenthaler auf. die i»
tirolischer Pflichterfüllung den Verpflichtungen des
alten Namens nachkamen. Ob ihrer Verdienste erfolgte
1592 uon Erzherzog Ferdinand II. die erste Verlei¬
hung von „Wappen und Elainot" mit den Tschur-
tschen im Schild und dem Pusterer Hut über der Helm¬
zier, welches Wappen auch heute noch allen Tschur-
tschenthaler Nachfahren zukommt. 1625 erfolgte die
erste Adelserhebung mit Wappenbesserung des Salz-
kammcrgutzweiges als rittermäßige Adelige des
Heiligen Römischen Reiches mit der Bezeichnung
Zurtschenthaller von Zurtschenthall und Grafeneck,
der zwei weitere Adelserhebungen des Vozner Zwei¬
ges und die Verleihung des Prädikates von" und
Edle von Helmheim folgen. Der Vozner Zweig rückt
in der Kurie des Tiroler adeligen Großgrundbesitzes
zum Tiroler Landtag auf und wird in späterer Folge
in die Tiroler Adelsmatrikel als Herr und Landmann
von Tirol aufgenommen.

In Innsbruck lassen sich um 1700 die ersten Tschur-
tschenthaler tätig nieder, erwarben Besitz und Anse¬
hen. Aus ihnen geht Johann Georg Tschurtschenthaler,
Magistratsrat und mehrmals 1796. 1809—1813 aus¬
gezeichneter Hauptmann der Innsbrucker Vürgerwehr-
fiisiliere, hervor. Neben mehreren Tschurtschenthaler-
Großhandlungen in der Altstadt entsteht 1812 die
Tschurtschenthaler-Vrauerei am Innrain Nr. 2 mit
dem Tschurtschenthaler-Felsenkeller beim Peterbrünnl
und eine Großspedition sowie ebenfalls von Innsbruck
aus in Trieft die durch etwa ION Jahre bestehende
Firma der Gebrüder Tschurtschenthaler, die zu den
bedeutendsten Großhandelshäusern dieser österreichi¬
schen Hafenstadt zählte. Außer mehrfachem Stadtbesitz
erwarben die Tschurtschenthaler den Allerheiligenhof,
den Vrockenhof (Aldrans), die Figge (Gallwiese), den
Tschurtschenthalerhof westlich des Plumeskopfes, den
Grillhof (Vill), den Ansitz Giggelberg (Natters),
auf dem Hermann von Gilm. der Walzerkönig Lanner
und Viele andere mit Vorliebe einkehrten.

Der Innsbrucker Dr. jur. Johann Tschurtschenthaler
(1828—1893). Notar und Direktor der hiesigen Spar¬
kasse, wird dreimal, und zwar 1869, 1872 und 1875
zum Bürgermeister der Landeshauptstadt gewählt
und ob seiner vielfachen Verdienste zum Ehrenbürger
von Innsbruck ernannt. Die Tschurtschenthalerstraße
am Saggen erinnert an diese angesehene Persönlich¬

keit. Die Vrüder Dr. jur. Hugo (18611929) und
Dr. med. Alfred (1863—1931), Ehrenbürger von Vill
und Igls, sind der älteren Innsbrucker Generation
als Wissenschaftler, große Wohltäter und Nunslmäzene
noch in bester Erinnerung. Nicht fehlen darf in dieser
Aufzählung der hervorragende Mediziner Hofrat
Anton von Tschurtschenthaler-Helmheim (18151900).
Er trat 1843 in den tirolischen Sanitätsdienst ein,
lehrte seit 1845 als suppl. Assistent, dann als Professor
an der Innsbrucker Universität, war 1884/85 Reltor
derselben und gehörte von 18701898 vorwiegend
als Präsident dem Tiroler Landessanitätsrat an.
Auch sein Sohn. Hofrat Leo von Tfchurtschenlhaler,
sicherte sich in der Zeit zwischen beiden Weltkriegen
als beliebter Ehef der Tiroler Verwaltungsschulde-
hörden einen guten Namen. Gleichzeitig wirkte in
Klagenfurt der Rechtsanwalt Dr. Ignaz Tschurlschen-
thaler als Stadtrat und Landeshauptmannstellver¬
treter von Kärnten.

Durch Verheiratungen mit weiblichen Familien¬
mitgliedern entstanden zahlreiche nahe Slammuer-
wandtschaften und Beziehungen zu Tschurtjchenlhalern
in Nord- und Südtirol. So z. V. heirateten Landes¬
hauptmann Dr. Freiherr Th. von Kathrein. LAbg.
und Herrenhausmitglied Dr. Karl von Gral'mayr
und Univ.-Prof. Dr. R. von Klebelsberg Tschurtschen-
thaler-Tö'chter des Vozner Zweiges, aus dem auch
Clara von Tschurtschenthaler-Helmheim, die Mutter
des LR.a.D.Stadtrat Dipl.-Ing.Anton von Hradetzti)
stammte, während Univ.-Prof. Reichstagsadgeordneler
Dr. Tobias von Wildauer eine Innsbruckcr Tschur-
tschenthaler. die Großmutter des derzeitigen Propstes
Msgr. Dr. Heinz Huber, ehelichte und so weiter.

Für Hunderte von Angehörigen dieses allen Ge¬
schlechtes wurde der Sonntag, 17. Juli 1960, zum ein¬
maligen Erlebnis. An diesem Tag fand am alten
fahnenumwehten Stammhof in Sexten, angesichts der
herrlichen Vergheimat, ein Familientag der Tschur¬
tschenthaler statt, an dem sich alt und jung zu eiucr
großen und stolzen Familiengemeinschaft neu zusam¬
menschlössen. Echt und inhaltsreich, voll Froheit und
Ernst, ohne Firlefanz und „voltstümelnden" Beiwerk,
ist dieser Tag verlaufen. Möge er auch anderen Ge¬
schlechtern des Landes Beispiel und Ansporn sein —
das ist Tirol. W. Eppacher

Karl P a u l i n

Innsbruck — meine Heimatstadt

(1. Forschung)

Als der Kriegsausbruch die friedliche Entwicklung
der Landeshauptstadt jäh abriß, stand Innsbruck mit¬
ten im Aufblühen und konnte, unter normalen Um¬
ständen, einer hoffnungsvollen Zukunft entgegen¬
sehen. Unter dem großen, weitblickenden Bürgermei¬
ster Wilhelm Greil waren die Grundbedingungen
eines modernen, großstädtischen Gemeindewesens ge¬
schaffen worden, wichtigste Unternehmungen, die
Licht- und Kraftwerke waren der Stadt eingegliedert
und ausgebaut worden, so schon 1898 das Mühlauer
Elektrizitätswerk, 1901—1903 die neu erbauten Sill-
werke, 1905 das Gaswerk. Die Trinkwasser- und Le¬
bensmittelversorgung der Stadt wurde gesichert, be¬

sonders durch Anlage eines neuen Schlachthofes und
anderer Avprovisionierungsanstalten. die Gesund¬
heitspflege erhielt durch Einrichtung eines eigenen
Stadtphysikates im Etadtmagistrat eine behördliche
Stütze, das Schulwesen, der wachsenden Bevölkerung
entsprechend, empfing seine Förderung durch den
Neubau verschiedener Volks- und Mittelschulen. Vor
allem war es das Bestreben der Stadtverwaltung,
das Verkehrswesen in moderne Bahnen zu leu ten. um
dem steigenden Fremdenvertehr zu dienen und zu
genügen. Gaststätten, Hotels und Geschäftshäuser wett¬
eiferten, um Gästen aus aller Welt den Aufenthalt
in Tirols bergumrahmler Hauptstadt anziehend zu