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Amtsblatt 1957 Nr. 05 - Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
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Nummer 5

Mai 1957

20. Jahrgang

uno

Ani 11. Mai 1!».')7 verschicd in einer Meraner Pri-
valtlinit der Alt-Propst von St. Jakob, Msgr. Dr.
I. Weingartner, Ehrenbürger und Ehrenringträger
von Innsbruck, nach einer schweren Operation im
72. Lebensjahre. Mit Propst Weingartner ist eine der
bekanntesten Persönlichkeiten Tirols, besonders Süd-
lirols. dahingegangen, nnd so war es nur selbstver¬
ständlich, daß bei der Überführung der Leiche des
verewigten nach Innsbruck bereits die Städte
Meran, Bozen und Vrizen ehrenvolle Trauerfeiern
bereiteten. Sein Nachfolger, Propst Msgr. Dr. Heinz
huber, und Bürgermeister Dr. Alois Lugger erwarte¬
ten den Leichenzug in Vrixen. Mittwoch, den 15. Mai,
gegen 11 Uhr traf er in Innsbruck ein, worauf der
Sarg in St. Jakob feierlich aufgebahrt wurde. Den
ganzen Nachmittag konnte die Bevölkerung Inns¬
brucks Abschied von ihrem geliebten Seelsorger neh¬
men. Nach einem Pontifikalrequiem, das S. Exz. Bi¬
schof Dr. Paulus Rusch am Donnerstag um 8 Uhr
früh zelebrierte, wurde der Sarg in einem großarti¬
gen Trauerzug durch die Straßen der Stadt, die von
vielen Tausenden umsäumt waren, zum Nennweg
und dann zum Portal von Et. Jakob gebracht, wo
Bürgermeister Dr. Alois Lugger mit folgenden Wor¬
ten des geliebten Propstes gedachte:

Der tote Propst von St. Jakob zieht zum letzten
Heimgang in die Stätte seines langjährigen Wirkens
ein.

Der große Sohn Tirols, der in vielfacher Westalt
rastlos seiner ganzen Heimal von Kusstein bis Ala
diente, als Priester, Gelehrter, als Professor und
Konservator, als Forscher lind Schriftsteller, hat in
unserer Stadt, der Landeshauptstadt Tirols, in dieser
allehrwürdigen Stadlpsarrtirche zn St. Jakob, den
erhabensten Teil seines Lebenswertes geschaffen und
vollendet.

Als noch allerorts die folgen des ersten Weltkrie¬
ges schwer zu spüren waren lind Tirol überdies die
Zerreißung des Landes zu ertragen bekam, übernahm
der junge, hochgebildete Dr. Weingarlner das Ainl
eines Dekans von Innsbruck und Stadtpfarrers von
St. Jakob. Als solcher wollte er ein Vater sein für
alle seine Seelsorgstinoer, was immer für einer Par¬

Wpj! M. Illstf lveingMner f

tei, Farbe oder Nichtung sie auch angehören mochten.
Er begann Familie für Familie aufzusuchen, um
durch eine persönliche Aussprache mit allen Innsbruk-
kern Fühlung zu nehmen.

Propst Weingartner war dank seiner überragenden
universellen Bildung ein großzügiger, weitblickender
lind edel denkender Seelsorger, ein moderner Pfarr¬
herr mit geradezu barocker Färbung, allseits beruhi¬
gend, schlichtend und mäßigend.

Der zweite Weltkrieg brachte ihm die Zerstörung
seiner Kirche, die er mit größter Energie unter zahl¬
losen Schwierigkeiten znr alten Schönheit ausgestal¬
ten ließ. Schon bei dieser Gelegenheit bestimmte er
die fast unbelegte Gruft dieser Kirche zu seiner letzten
Ruhestätte, die sie ihm nunmehr werden soll.

Wenn die Stadt Innsbruck, die Seelsorgsgemeinde
des Propstes, in dieser Stunde Abschied nimmt von
dem, was an ihm sterblich war, so darf sie es mit
ruhigem Gewissen tun, denn sie hat ihren „Weingart¬
ner" stets geliebt, verehrt nnd auch durch die höchsten
Auszeichnungen, die sie zu vergeben hat, die Ehren¬
bürgerschaft und den Ehrenring der Stadt, geehrt.

Die große Zahl der Trauergäste, die an dieser sei¬
ner letzten weltlichen Ehruug teilnimmt, bildet einen
neuen Beweis hiefür.

Möge min der Herrgott, der Weingartners Ver¬
dienste und Taten ganz anders zu überblicken und
bewerten weiß als wir, ihm der verstehende Vater
sein, der er selbst zeit seiner Seelsorgelät »gleit alleil
I nilsb ruckern zu sein bemüht war.

An derselben Stelle, da der scheidende Propst im
vergangenen Jahre in letzter Amtshandlung seine ge¬
liebten Innsblucker noch einmal segnete, erhält er
diesen nun selbst zu seinem letzleu Besuch der Kirche
von St. Jakob.

Auf deiner Heimfahrt durch Tirol Hieher nach
St. Jakob nahmen Abschied in Liebe Tirols Städte,
Märkte lind Dörfer! Meran. Bozen. Klausen, Vrixen
und dein Innsbruck. Der hohe Dom und die Stifte
und Kirchen, deine Burgen und Herbergeil, gepflegte
Kunst und heimatliche Schönheit grüßten dich wohl
in Trauer, aber voll Stolz lind nicht hoffnungslos.
Du warst und bleibst ja der Ihre.