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Amtsblatt 1957 Nr. 05 - Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

Nummer ',

So wirst du, lieber, verewigter Propst, solange die
Glocken dieses Gotteshauses die Bürger der Landes¬
hauptstadt Tirols zu sich rufen, unvergeßlich und oon
ihnen verehrt in ihrer Mitte weilen.

Mittags fand im Kleinen Stadtsaale, der mit dem
Porträt des Verstorbenen auf schwarzem Hintergrund
geschmückt war, eine Trauersitzung des Gemeinderates
statt. Als Einleitung spielte ein Quartett des Städti¬
schen Konservatoriums den Langsamen Satz aus dem
Tannhäuser-Quartett von Joseph Haydn. Anschließend
hielt Bürgermeister Dr. Alois Lugger an den ver¬
sammelten Gemeinderat und die zahlreichen Trauer¬
gäste, von denen nur S. Exz. Weihbischof Dr. Wech-
ner von Feldkirch und der Landeshauptmann von
Südtirol, Ing. Pupp, hervorgehoben seien, folgende
Dantes- und Abschiedsrede.'

Hochansehnliche Trauerversammlung!

Es ist diesmal ein zutiefst unerfreulicher Anlaß, der
mich gezwungen hat, zu dieser Sitzung einzuladen, das
Ableben eines der bekanntesten Mitbürger unserer
Stadt, des Ehrenbürgers und Ehrenringträgers
Propst Dr. Weingartner. Um so mehr möchte ich
Ihnen allen gleich eingangs dafür danken, daß Sie
dem Rufe der Gemeinde gefolgt find, um das An¬
denken des großen Verewigten noch einmal in würdi¬
ger Weise zu ehren.

Als sich am 15. Februar 1955 eine illustre Gesell¬
schaft einfand, um an der Übergabe der Ehrenbürger-
urkunde an Propst Dr. Weingartner anläßlich dessen
70. Geburtstages teilzunehmen, ahnte wohl noch nie¬
mand, daß die unerbittliche Parze bereits so bald
schon dessen Lebensfaden endgültig abschneiden werde.
Ein schaffensreiches und beglücktes Leben hat damit
sein Ende gefunden, ein Leben, das auch unserer
Stadt, ihren Kultureinrichtungen, Kunstdenkmälern
und ihrer Literatur reiche Ernte spendete. Gelegent¬
lich jener Geburtstagsfeier wurden Propst Wein-
gartners Leistungen und Verdienste in ganz Tirol
und besonders in dessen südlichem Teil, dem er ja die
bedeutendsten seiner wissenschaftlichen Werte, wie
„Die Kunstdentmäler Südtirols" oder die „Bozner
Burgen", geschenkt hatte, so ausführlich aufgezeigt und
gepriesen, daß ich hier eigentlich nur noch Wieder¬
holungen bringen kann. Trotzdem möchte ich versu¬
chen, nochmals sein Wirken in jenen 35 Jahren, in
denen er als Pfarrherr von St. Jakob tätig war,
zu umreißen und noch einmal den ihm gebührenden
Dank der Gemeinde vor diesem Forum auszusprechen.

Im Iahre 1921 erhielt Dr. Weingartner das Amt
eines Dekans von Innsbruck und Stadtpfarrers von
St. Jakob übertragen. Er nahm sich die Zeit, 5.W0
Familien Innsbrucks einzeln zu besuchen, um so mit
allen Kreisen der Bevölkerung in Verbindung zu
kommen, ihre Sorgen, ihre Einstellung zur Kirche
und ihre Bemängelungen derselben kennenzulernen,
um sie dann auch von Mann zu Mann aufzuklären
oder gar zu bekehren. Und oft, wenn es galt, einen
Innsbrucker zur letzten Reise in das Jenseits vorzu¬
bereiten und dieser jeden geistlichen Zuspruch ab¬
lehnte, dann holte man noch schnell den Propst, dem
dann auch zumeist ein Erfolg beschieden war. Propst
Weingartners Bemühungen galten allen Ständen. Die

Armen waren es, denen er sich mit besonderer Liebe
zuwandte. Als erster führte er in Österreich das Insti¬
tut der Pfarrschwestern ein, und sogar das bescheidene
Pfarrblatt, das damals von Haus zu Haus getragen
wurde, einen Einblick in das kirchliche Leben der
Stadt zu geben, redigierte er persönlich. Daß sich
Weingartncr in Ausübung feines Priesterberufes
auch um die Ausgestaltung des Gottesdienstes, die
Abhaltung gediegener Predigten und eine gute Kir¬
chenmusik kümmerte, ist selbstverständlich.

Als an den jungen Dr. Weingartner die Einladung
erging, die verwaiste Propstei von Innsbruck zu über¬
nehmen, da hatte er bereits als weitbekannter Kunst¬
historiker eine Berufung als Generalkonseruator für
Denkmalpflege nach Wien angenommen, wo er auch
an der Universität über kirchliche Kunst dozierte. Sein
ursprünglich erwählter Priesterberuf siegte aber doch
über die Neigung zu Kunstgeschichte und Denkmal¬
pflege, und vielleicht mag auch ein bißchen Heimweh
mitgeholfen haben, daß Weingartner die Stelle eines
Innsbrucker Stadtpfarrers annahm. Glücklicherweise
fand er aber auch in diesem neuen Amte doch immer
Zeit, seinen Lieblingsstudien und Forschungen nach¬
zugehen, so daß. Weingartners bedeutendste wissen¬
schaftliche Werke während seiner Innsbrucker Tätig¬
keit veröffentlicht werden konnten.

Innsbruck selbst kam auch bei Weingartners tunst-
historischen Studien nicht zu kurz, verfaßte er doch
allein bei zwanzig Abhandlungen über die Innsbruk-
ker Kirchen — sein Buch „Die Kirchen Innsbrucks"
erlebte bereits die zweite Auflage. — Überhaupt er¬
schien kaum eine kulturgeschichtliche Veröffentlichung
über unsere Stadt, zu der nicht auch Propst Wein-
gartner einen Veitrag geliefert hatte. Er war lang¬
jähriges Ausschußmitglied des Lnudcsmuseums Fer-
dinandeum, das ihn schließlich zu seinem Ehrenmit¬
glied ernannte, er trug Kunstgeschichte an der heimi¬
schen Universität vor, die ihn zu ihrem Ehrendoktor
promovierte, und er war stets bereit, auch in denk-
malpflegerischen Angelegenheiten Ratschläge aus dem
reichen Schütze seiner Erfahrung zu erteilen. Wein¬
gartners kunstgeschichtliche Vorträge, wie er sie zum
Beispiel öfters im Nahmen des Heimatschutzvereines
hielt, fanden stets in überfülltem Saale statt und
galten als besonders kulturelles Ereignis.

Daß die Stadt Innsbruck ihrem Propst dou Ehrcu-
ring und schließlich das Ehrenbürgerrecht verlieh,
war wohl nur ein selbstverständlicher und bescheide¬
ner Ausdruck des Dankes an ihn.

Die äußeren Zeitumstände, unter denen Propst
Weingartner in Innsbruck wirken mußte, warcu
keine besonders günstigen.

Als er sein Amt antrat, lagen über Österreich noch
die schweren Folgen des verlorenen ersten Weltkrie¬
ges, über Tirol überdies die Zerreißung des Landes.
Zeit seines Wirkens hatte er die hochgehenden poli¬
tischen Wo^cn zu glätten, hatte er zu vermitteln und
auszugleichen. Der zweite Weltkrieg schließlich brachte
die Zerstörnng der St.-Iatobs-Pfarrlirche, die beim
Boml'cimngriff am 11. Dezember 1!>!> schwer getrof¬
fen wurde und die er in den Rachlriegsjaliren mit
vielen Schwierigkeiten wieder zur alten Schönln'i!
aufbaute.

Ein paar Sätze müssen schließlich noch d^iu Men-