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Amtsblatt 1958 Nr. 05 - Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck
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Gelte 4

Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

Nummer 5

Die Anerkennung, dio diese Ausstellung verdieilt,
wie auch ihre Bedeutung für das heutige Innsbruck,
hat das Stadtoberhauvt, Bürgermeister Dr. Lugger,
bereits gelegentlich der feierlichen Eröffnung der
Ausstellung gebührend gewürdigt. Seine Ansprache
bilde den Abschluß der Betrachtung!

„Ein wahrhaft glücklicher Gedanke war es. dein
diese wunderbare Ausstellung hier ihre Entstehung
verdankt, und Dank und besondere Anerkennung ge¬
bührt den Initiatoren dieses Werkes- den Herren Lan-
destonseruator Dr. Oswald Graf Trapp, Stadtrat
Dipl.-Ing. Anton Hradetzty, dem Leiter der Schloß-
verwaltuug Ing. Hubert Kittinger und deren Mit¬
arbeitern, die in monatelanger, mühsamer, von tie¬
fem Verantwortungsbewußtsein getragener und auf
reichem Wissen basierender Arbeit diese Ausstellung
ins Leben riefen. Eine Ausstellung, die in den kom¬
menden Sommer- und Herbstmonaten sicherlich vielen
Besuchern Stunden echter, tiefer Freude und besinn¬
lichen Versinkens in ein Stück österreichischer Geschichte
schenken wird.

Wenn es heute auch üblich geworden ist, Ausstellun¬
gen verschiedenster Art nicht nur in einer einzigen
Stadt zu zeigen, sondern als sogenannte Wanderaus¬
stellungen auf Reisen von Ort zu Ort zu schicken, uni
einer möglichst großen Anzahl von Interessenten deren
Besuch zu ermöglichen — diese Ausstellung „Maria
Theresia und Tirol" kann nur in Tirol, kann nur in
der Innsbrucker Hofburg gezeigt werden. Nur hier
bietet sich ihr der Nahmen, in jenen Räumen, die die
Kaiserin einst mit ihrem blutvollen Leben erfüllte.

Nicht nur der fremde Gast, der Innsbruck zu seinem
Reiseziel erwählt hat und in seinen Mauern Ent¬
spannung und Erholung von anstrengender Berufs¬
arbeit sucht, auch der Einheimische, der — der Macht
der Gewohnheit erliegend — an den Schönheiten
Innsbrucks schon gleichgültig vorüberzugehen pflegt,
werden sich des Eindruckes nicht erwehren, wenn aus
allen Fenstern des ersten Stockes der langgestreckten
Hofburg, die sich heute wieder im traditionellen there-
sianischen Ocker zeigt, eine Flut von Licht in die Inns¬
brucker Sommernacht hinausstrahlen wird. Der warme
Schein der kostbaren Luster lädt jedermann ein, die
Prunkgemächer im ersten Stock aufzusuchen und die
Schätze zu besichtigen und zu bestaunen, die, liebevoll
und mit großer Sachkenntnis zusammengetragen und
geordnet, von jener einmaligen Frau auf Österreichs
Thron künden, deren sechswöchiger Besuch in Tirols
Landeshauptstadt vor nunmehr nahezu zwei Jahr¬
hunderten dieser einen unauslöschlichen Stempel auf¬
drückte.

Kaiserin Maria Theresias Besuch in Innsbruck
wurde für sie zur einschneidenden Eäsur in ihrem
Leben, gab ihrem Leben. Denken und Streben eine
entscheidende Wendung, führte ihr schmerzlich rwr
Augen, daß auch das Leben der Beherrscherin eines
Weltreiches, in der Berantwortnng vor Gott zwar
weit über jenes ihrer Menschen hinausgetragen, im
Letzten jedoch auch in jene Bahnen mündet, die uns
Menschen ausnahmslos vorgezeichnet sind.

Die Erinnerung an die große Kaiserin ist in unserer
Stadt in vielfältigster Form über die Jahrhunderte
hinweg lebendig geblieben.

Innsbrucks Hauptstraße, mit dem unvergleichlichen
Blick auf die Nordkettc. oft als schönste Straße der

Well bezeichnet, trägt ihren Namen, zeigt sich mil
ihren Palästen, Adelsansitzen und stolzen Bürger
Häusern, mit der zahllosemale abgebildeten Anna
säule in der Mitte, dem Erinnerungsmal an schwere
Seiten in der Geschichte Tirols, ihres Namens aucli
würdig.

Im Süden grenzt sie die majestätische Triumph-
pforle ab, Denkmal höchster Freude und tiefster Trauer.
Beseelte Maria Theresia eben noch innige Freude
über die Hochzeit ihres Sohnes Leopold von Toscana,
des späteren Kaisers Leopold II.. so wurde der
1«. August l?li.'>. der Todestag ihres Mannes Kaiser
Franz, zum Schicksals- und schwersten Trauertage,
zum wahren Wendepunkt im Leben Maria Theresias.

Doppelgesichtig wie Ianus wird die Triumphpforte
air ihrer Südseite ihrem Namen in Darstellungen der
Freude vollauf gerecht, während die Nordseite in er¬
greifenden Symbolen der tiefen Trauer der Kaiserin
Ausdruck verleiht.

An den furchtbaren Schicksalsschlag, der die Kaiserin
während ihres Innsbrucker Aufenthaltes traf, er¬
innert auch noch das von ihr errichtete Adelige Da¬
menstift, in dem nach ihrem Willen täglich des ver¬
storbenen Kaisers im Gebete gedacht werden sollte.

Die tiefe Gottesglciubigkeit der Kaiserin erhellt aus
einem Briefe an ihren Sohn Ferdinand, worin sie
schreibt! Mein lieber Sohn, man kann das Unglück,
das uns so furchtbar getroffen hat, nnr ertragen, wenn
man sich gänzlich Gottes Tillen ergibt, einen anderen
Trost gibt es nicht. Ihr habt den besten, den zärtlich¬
sten Vater verloren, die Untertanen einen großen
Fürsten und guten Landesherrn, und ich habe alles
verloren, einen geliebten Gatten, einen wahrhaften
Freund nnd Gefährten, der mein einziger Hall war
und dem ich alles verdanke. Ihr, meine lieben Binder,
seid das einzige, was mir von diesem großen Für¬
sten nnd guten Vater geblieben ist/

Ich darf von einer Schilderung der Ausstellung
selbst absehen: dein ist uon berufener Seite bereits
Rechnung getragen worden.

Ich möchte jedoch die Gelegenheit nicht vorübergehen
lassen, meiner Freude darüber Ausdruck zu verleihen,
daß die Innsbrucker Bevölkerung bereits lange vor
Eröffnung der Ausstellnng daran regen Anteil zeigte.
Die Innsbrucker sind ein bekannt kritisches Publikum.
Hat Innsbruck jedoch cinmal etwas für richtig erkannt,
hat es den inneren Wert einer Sache geprüft lind für
echt befunden, dann darf mail aber auch auf die rück¬
haltlose Zustimmung und Unterstützung dieser kriti¬
scheil Innsbrucker rechnen. Der Bestich dieser Aus¬
stellung gerade durch die einheimische Bevölkerung
wird zeigen, daß hier etwas geschaffen wurde, das das
Herz der Bewohner unserer Stadt wie selten etwas
anzusprechen vermag. Gerade Innsbrnck als Fremden-
r,erteln'sstadl von Rang muß peinlich darans bedacht
sein, die Erinnerung ail vergangene Zeilen nicht ins
Banale abgleiten, Geschichte nicht zum sich selbst ge
nügenden RetlamearUkel herabwürdigen zu lassen,
Geschichte muß fortwirken ili Gegenwart und in der
Zulunft. An der Art, wie eine Sladl, ein Land sich
;u seiner Geschichte stellt, kann man mit untrüglicher
Sicherheit auf die innere Reife eines Volkes schließen.
Grundwerte der Tradition bilde,, einen wesentlichen
Teil des gesellschaftlichen Gemeinwohls. Es besteht die
Verpflichtung zur Achtung der darin begründeten